Immer weniger Heringe und Dorsche schwimmen in der Ostsee. Die Ursachen sind vielfältig, doch die Fischerei wird erheblich Federn lassen müssen. Doch Konzepte für die Zukunft liegen nicht vor. Ein Fischereiexperte fordert diese ein. (c) Otto Durst - fotolia.com
«Wir haben es mit einem fundamentalen Strukturwandel zu tun. Wahrscheinlich werden bis zu 50 Prozent der Betriebe die nächsten fünf Jahre nicht überleben», sagte Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur. «Die Weichen müssen jetzt gestellt werden.»
Die EU-Fischereiminister hatten vergangene Woche beschlossen, die Fangmengen für Dorsch und Hering zu senken. In der westlichen Ostsee werden die Mengen für Hering um 65 und für Dorsch um 60 Prozent gesenkt. Auch Dorsch-Freizeitfischer sind betroffen: Sie dürfen nur noch fünf statt sieben Exemplare am Tag aus dem Wasser ziehen; im Februar und März nur noch zwei.
Laut Agrarministerium sind im Land derzeit 226 Haupterwerbsfischer aktiv, davon 166 Dorsch- und Heringsfischer. Die Betriebe wirtschaften an 115 Standorten.
Auch wenn die Forscher nur für einen kurzen Zeitraum die Bestände vorhersagen könnten, zeichne sich laut Zimmermann ab, dass sich die Fischerei langfristig auf wesentlich geringere Fangmengen einstellen muss. Die Problemlösungen der Vergangenheit taugten aber nicht mehr. Bislang wurden so viele Fischer wie möglich mit Ausgleichszahlungen aus Steuermitteln über Wasser gehalten.
Die Politik müsse sich fragen, ob sie den Prozess laufen lassen will oder ob sie steuern sollte. «Nichtstun ist aber keine Option», steht für Zimmermann fest. «Der Markt kann das nicht alleine lösen, weil schon viel zu tief in die Marktmechanismen eingegriffen wurde.»
Ohne Steuerung gäbe es vermutlich bald nur noch Nebenerwerbsfischer und die hauptberufliche Küstenfischerei verschwindet. Es wäre aber wünschenswert, wenn beide Strukturen blieben.
«Die großen Haupterwerbs-Betriebe sind notwendig, weil sie die Infrastruktur an Land finanzieren.» Die kleinen Betriebe seien wichtig für den Tourismus und den Erhalt der Tradition.
Lösungen könnten nicht aus dem Ärmel geschüttelt werden. «Es muss analysiert werden, wo die besten Überlebenschancen für Betriebe liegen.» Vermutlich müsse auch die Zahl der Anlandehäfen reduziert werden. Dabei könnten einige für den Angeltourismus offengehalten werden.
Meeresangler ließen viel Geld an der Küste, insbesondere in der touristischen Nebensaison. «Die Angelei auf Dorsch und Co. sollte deshalb wie die Berufsfischerei erhalten bleiben.»