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14.02.2014 | 16:50 | Rücktritt 

Agrarminister Friedrich tritt zurück

Berlin - Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) tritt nach einem möglichen Geheimnisverrat im Fall Sebastian Edathy zurück.

Hans-Peter Friedrich (CSU)
Hans-Peter Friedrich (CSU) (c) Achim Melde / Dt. Bundestag
«Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich der Frau Bundeskanzlerin heute angeboten habe meinen Rücktritt vom Amt des Bundeslandwirtschaftsministers», sagte der CSU-Politiker am Freitag in Berlin. Friedrich hatte im Oktober noch als Innenminister SPD-Chef Sigmar Gabriel darüber informiert, dass der Name des Sozialdemokraten Edathy bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht sei.

«Ich bin nach wir vor der Überzeugung, dass ich im Oktober politisch und rechtlich richtig gehandelt habe», sagte Friedrich. «Aber ich sage auch, dass der Druck in den letzten Stunden auf mich so gewachsen ist, dass ich glaube, dass die Aufgaben, die zu bewältigen sind hier in diesem Haus, (...) nicht mehr mit der Konzentration, mit der Ruhe, aber auch mit der politischen Unterstützung, die dafür notwendig ist, ausüben kann.» Friedrich schloss seine kurze Stellungnahme mit den Worten: «Ich komme wieder.»

Mit Spannung wurde eine angekündigte Erklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am frühen Abend erwartet. Laut «Bild»-Zeitung hatte sie Friedrich am Mittag telefonisch zu Konsequenzen gedrängt. Als mögliche Nachfolgerin im Agrarressort galt am Abend die 35-jährige Verkehrsstaatssekretärin Dorothee Bär (CSU).

Am Vormittag hatte Friedrich noch erklärt, er wolle sein Amt im Fall von Ermittlungen der Justiz gegen ihn zur Verfügung stellen. In dem Verfahren gegen Edathy geht es laut Staatsanwaltschaft Hannover um Vorwürfe im Grenzbereich zur Kinderpornografie. Behördenleiter Jörg Fröhlich zeigte sich erschüttert darüber, dass Teile der Ermittlungsakte trotz Geheimhaltung öffentlich bekannt wurden: «Es macht mich fassungslos.»

Regierungssprecher Steffen Seibert vermied am Vormittag direkte Aussagen dazu, ob Friedrich weiter das Vertrauen von Merkel habe. Die Kanzlerin habe am Freitag telefonisch ein intensives Gespräch mit dem Minister geführt. Die Staatsanwaltschaften in Berlin und Hannover haben noch nicht entschieden, ob sie gegen Friedrich wegen Geheimnisverrats ermitteln wollen, wie die Behörden mitteilten.

Die Staatsanwaltschaft Hannover nahm am Freitag erstmals ausführlich zu den Ermittlungen gegen Edathy Stellung. Der damalige Bundestagsabgeordnete habe aus Kanada Videos und Fotosets bestellt, zudem gebe es zwei Downloads. «Das Material, um das es geht, sind Bilder von unbekleideten männlichen Jungen im Alter zwischen 9 und 13, eventuell auch 14 Jahren», sagte Fröhlich. «Die Frage, ob es sich um Kinderpornos handelt, ist eine schwierige Bewertungsfrage.»

Edathy rechnete offenbar schon seit November mit einem Verfahren. Damals habe ein Anwalt in seinem Auftrag bei den Staatsanwaltschaften Berlin und Hannover und beim Landeskriminalamt Hannover nachgefragt, ob es ein Verfahren gegen Edathy im Zusammenhang mit Kinderpornografie gebe, teilte Fröhlich mit.

Wie Edathy davon erfuhr, ist unklar. Die Ermittler seien «hoffnungslos in der Hinterhand» gewesen. Das Verfahren stehe trotz der derzeit geringen Zahl an möglichen Beweisen nicht vor dem Ende. Fröhlich: «Es gibt weitere Ermittlungsansätze, über die ich Ihnen zurzeit nichts sagen kann.»

Erste vertrauliche Hinweise zu Edathy seien bei der Staatsanwaltschaft Hannover Ende Oktober eingegangen. Die Ermittler hätten nach längerem Abwägen am 28. Januar entschieden, ein Verfahren einzuleiten. Gründe seien Gleichbehandlung mit anderen Verdächtigen gewesen sowie konspiratives Verhalten Edathys, etwa durch neue Kreditkartenkonten. Edathys Downloads liefen laut Fröhlich über IP-Adressen, die dem IT-Sicherheitsbereich des Bundestags zuzuordnen seien. Edathy habe verschiedene Mailadressen benutzt.

Auch alle Landeskriminalämter hatten nach Angaben des hessischen LKA die Daten über mutmaßliche deutsche Kunden eines kanadischen Kinderpornorings zur Verfügung. Aus diesen kanadischen Ermittlungen stammen angeblich die Verdachtsmomente gegen Edathy.

Die SPD muss sich in der Affäre ebenfalls kritische Fragen stellen lassen. Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner nannte es im Sender n-tv ungewöhnlich, dass der damalige SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann im Oktober bei BKA-Chef Jörg Ziercke angerufen hatte, um sich über Edathy zu erkundigen. «Es steht der Verdacht im Raum, dass Herr Edathy gewarnt wurde.» Oppermann, heute SPD-Fraktionschef, erklärte, Ziercke habe das Auftauchen von Edathys Namen bei ausländischen Ermittlungen bestätigt. Ziercke widerspricht dem aber.

Oppermann hatte auch erklärt, Friedrich habe Gabriel im Oktober 2013 darüber informiert, dass es im Fall Edathy nicht um strafbare Inhalte gehe, allerdings werde es möglicherweise zu strafrechtlichen Ermittlungen kommen. Friedrichs Sprecher wies das am Freitag zurück: Friedrich habe lediglich gesagt, dass es nicht um strafbare Inhalte gehe. Gabriels Sprecher stützte hingegen Oppermanns Version des Gesprächs. Gabriel selbst sieht keinen Grund für Konsequenzen. «Das steht wirklich nicht zur Debatte», sagte sein Sprecher.
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