Die Politik - vor allem der Bund - müsse für die Branche endlich wichtige Rahmenbedingungen festlegen, damit die Landwirte wissen, wie sie ihre
Betriebe umbauen und verändern müssen, fordert Torsten Staack, Geschäftsführer der
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN).
Der Verband mit Sitz im niedersächsischen Damme ist so etwas wie die «Gewerkschaft» der Schweinehalter. Ihr gehören bundesweit 10.000 Mitglieder an. Am Montag wird die jährliche Mitgliederversammlung in Münster abgehalten.
Kastration: Kurz vor Jahresschluss gab die große Koalition in Berlin noch einen Aufschub von zwei Jahren für die bisherige Praxis der betäubungslosen
Kastration von Ferkeln. Eigentlich wäre laut Gesetz schon in diesem Jahr Schluss gewesen. Die Verlängerung stieß bei Tierschützern auf große Kritik.
Die Zeit muss nun genutzt werden, die Alternativen praxistauglich zu machen. Das heißt etwa: Landwirte müssen geschult werden, was den Umgang mit Betäubungsgeräten angeht.
Aber dazu müsste der Bund zunächst eine entsprechende
Verordnung herausgeben, was erst Ende 2019 geschehen soll. Zu lange, sagen Kritiker, und warnen, dass wieder Zeit verloren gehe.
Kastenstand: Der
Kastenstand ist ein Metallrahmen, in dem die
Sauen gehalten werden, damit sie ihre Ferkel beim Säugen nicht erdrücken.
Die bislang geltende Praxis wurde vom Oberverwaltungsgericht Magdeburg schon 2016 als unrechtmäßig erkannt. Nach wie vor gibt es keine neuen Vorschriften, wie die Ställe künftig aussehen müssen, weil sich Bund und Länder bislang nicht einigen konnten. Bei den Landwirten herrscht Frust wegen dieser Hängepartie, sie hoffen auch hier auf klare Ansagen, weil sie investieren müssen. Auch
Tierschützer drücken aufs Tempo.
Kupieren: Das Abschneiden der Ringelschwänze ist europaweit eigentlich schon seit Jahren verboten, wird aber toleriert, weil sonst die Verletzungsgefahr zu groß ist. Nun kommt Bewegung in die Sache: Im September 2018 haben sich die
Agrarminister auf den Nationalen
Aktionsplan Kupierverzicht geeinigt.
«Die Betriebe werden damit allein gelassen», kritisiert Ulrich Jasper, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL) mit Sitz im westfälischen Hamm. Die Landwirtschaftskammern müssten mehr für Beratung und Schulung der
Bauern tun. Auch die Umweltschutzorganisation
Greenpeace kritisiert, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (
CDU) habe nichts getan, um die Lage zu verbessern. Bis heute würden Schweine ohne Betäubung kastriert und Ringelschwänze kupiert.
Bürokratie: Viele Betriebe wollen sich weiterentwickeln und auch mehr in Tierwohlmaßnahmen investieren, sagt Staack. Aber: Es gebe immer wieder Zielkonflikte zwischen
Umweltschutz und Tierinteressen. Beispiel: Ein Landwirt will seinen Stall so umbauen, dass die Tiere nach draußen können, Auslauf haben und frische
Luft bekommen.
Tierschützer finden das gut, aber Behörden tun sich schwer, das zu genehmigen, weil es noch keine Kennzahlen zu den Emissionswerten für Außenställe gibt. Bundeslandwirtschaftsministerin und Bundesumweltministerin müssten sich zur Lösung dieser Konflikte endlich an einen Tisch setzen, fordern Staack und Jasper.
Markt: Mit einem
Schlachtpreis von rund 1,40 Euro pro Kilo können die Landwirte nicht auskömmlich arbeiten, klagt die ISN. Hier kommen zwei Faktoren zusammen: Die Nachfrage nach
Schweinefleisch sinkt seit Jahren, und deutsche Bauern haben auch im deutschen
Lebensmittelhandel Konkurrenz aus anderen Ländern, etwa aus Spanien. «Das ist auch ein Punkt, warum die Bauern so gefrustet sind», sagt Staack.