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19.05.2016 | 17:15 | Glyphosat-Neuzulassung 

Glyphosat-Drama geht in die Verlängerung

Brüssel - Es gibt Entscheidungen, die niemand treffen mag. Zum Beispiel die, ein Unkrautgift in Europa erneut zuzulassen, das manche Studien unter Krebsverdacht stellen. So auch bei Glyphosat, einem der meistgenutzten Herbizide weltweit:

Glyphosat-Neuzulassung verschoben
An Bahntrassen, auf Äckern, in der Hauseinfahrt: Glyphosat kommt überall gegen Unkraut zum Einsatz. Dabei könnte das Mittel krebserregend sein. Die EU-Staaten müssten über die weitere Zulassung entscheiden - doch sie finden keinen gemeinsamen Nenner. (c) proplanta
Vertreter der EU-Staaten kommen am Donnerstag in Brüssel zu keiner Entscheidung über die weitere Verwendung  - der künftige Einsatz in Europa bleibt ungewiss. Umweltschützer triumphieren: «Die EU-Kommission sollte (...) die Bemühungen um eine Neuzulassung fallen lassen», fordert NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Ringt sich die EU nicht doch noch zu einer weiteren Genehmigung um einige Monate durch, liefe die Zulassung mit dem 30. Juni aus. Nur für eine Übergangsfrist dürften noch Restbestände verkauft werden.

Der Druck der Umweltschützer hat sich damit bezahlt gemacht. Denn dass die EU-Staaten nicht entscheiden können, liegt in diesem Fall maßgeblich an der SPD, die im Umfragetief nach populären Positionen sucht. Ursprünglich hatte Sigmar Gabriels Wirtschaftsministerium Zustimmung für die Neuzulassung signalisiert. Die EU-Kommission griff in einer neuen Entscheidungsvorlage sogar Bedenken aus Barbara Hendricks' Umweltministerium auf.

Doch dann kam das, was Agrarminister Christian Schmidt (CSU) wütend eine «Rolle rückwärts» der SPD nennt. Die schwächelnde Partei schwingt sich zum Anwalt von Umwelt und Verbrauchern auf und verweigert die Zustimmung. Deutschland müsste sich bei einer Abstimmung in Brüssel enthalten. «Das ist grundsätzlich schade, weil das größte Land der Europäischen Union auch in Brüssel bei solchen Fachentscheidungen Orientierung geben sollte, in welche Richtung der Kontinent geht», beklagt der Fraktionschef der Konservativen EVP im Europaparlament, Manfred Weber (CSU).

Der Industrieverband Agrar (IVA), der die Interessen etwa von Düngemittel- und Pflanzenschutz-Produzenten vertritt, nennt die Haltung der Bundesregierung «beschämend». «Es waren deutsche Bundesbehörden, die im Auftrag der Kommission die wissenschaftliche Risikobewertung vorgenommen haben. Ihrem Urteil, so scheint es, vertrauen die SPD-geführten Ministerien weniger als den teils absurd zugespitzten Parolen verschiedener Umweltverbände und -aktivisten», ätzt der IVA.

Insbesondere die Grünen, die Glyphosat ohnehin ablehnen, nehmen den Stand der Dinge mit spöttischer Befriedigung zur Kenntnis. «Die SPD vertritt jetzt beim Thema Glyphosat endlich entschlossen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger», lobt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. «Das freut mich, auch wenn viel Kalkül dabei sein mag, sich gegenüber der übermächtigen Kanzlerinnenpartei zu profilieren. Besser spät als nie!» Der Brüsseler EU-Kommission ist das alles höchst unangenehm. Zwar sieht sich die Behörde gern als «politische» Institution und nicht als grauen Beamtenapparat. Dass gerade unpopuläre Entscheidungen im Umwelt- und Agrarbereich dort landen, sorgt allerdings für Zähneknirschen.

In der Glyphosat-Frage hat die EU-Behörde alle Register gezogen, um sich vor der unliebsamen Verantwortung zu drücken: Sie hat die EU-Staaten nicht formell abstimmen lassen - nach zwei ergebnislosen Abstimmungen nämlich läge die Entscheidung bei ihr.  Falls die geltende Zulassung nicht von den EU-Staaten verlängert wird oder ein neuer Vorschlag für die Neuzulassung doch noch die nötige Mehrheit findet, könnte die EU-Kommission die aktuelle Genehmigung nur noch auslaufen lassen.
dpa
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