Laut einer Studie (Dokumentation) von Prof. Rainer Kühl und Dr. Jörg Müller, Johannes Kruse, Johannes Monath sowie Lisa-Marie Paul von der Justus-Liebig-Universität Gießen ist davon auszugehen, dass die vollständige Umsetzung der zum Green Deal gehörenden Farm-to-Fork-Strategie und der Biodiversitätsstrategie zu einer Einschränkung der konventionellen pflanzlichen
Agrarproduktion um etwa 10 % führen würde.
Auf der anderen Seite werde es voraussichtlich zu einer Ausweitung der ökologischen Erzeugung um etwa 16 % im Vergleich zum aktuellen Niveau kommen. Gründe für den Produktionseinbruch auf der konventionellen Seite seien die vorgesehene Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten
Anbauflächen auf einen Anteil von 25 % sowie die geplante Reduzierung des Dünger- und Pflanzenschutzeinsatzes, erläutert das Forscherteam in der von der Edmund-Rehwinkel-Stiftung der Landwirtschaftlichen
Rentenbank geförderten Studie.
Der
Deckungsbeitrag im konventionellen
Ackerbau werde unter dieser Voraussetzung bei konstanten Preisen über alle Kulturen hinweg voraussichtlich um etwa 40 Euro/ha sinken. Zudem rechnen die Gießener Agrarökonomen mit einem zusätzlichen Investitionsbedarf von 3,1 Mrd. Euro, der zur Senkung von Nährstoffverlusten und für einen bedarfsgerechten Pflanzenschutzmitteleinsatz fällig würde.
Kühl gibt darüber hinaus zu bedenken, dass mit dem Rückgang der konventionellen Produktion ein steigender Importbedarf verbunden sein könnte. Dies berge die Gefahr direkter und indirekter Landnutzungsänderungen und damit den möglichen „Export von Umweltproblemen“.
Lastenverteilung nötigDie Gießener Wissenschaftler rechnen auch am Markt für ökologisch erzeugte Produkte mit Auswirkungen durch das steigende Angebot. Diese könnten von wirtschaftlich erfreulichen Skaleneffekten in der
Wertschöpfungskette bis hin zu Preisdruck durch Überangebote reichen.
Nach Einschätzung der Forscher stellt sich deshalb die Frage, wie die zu erwartenden Lasten des Green Deal am
Agrarmarkt beziehungsweise in der Warenkette verteilt werden können. Denkbar seien entweder Importbarrieren zum Schutz des EU-Marktes vor Waren mit niedrigeren Umweltstandards oder eine finanzielle Kompensation der hiesigen Landwirte für ihre höheren Kosten.
Während Einfuhrzölle oder andere Handelsbarrieren erfahrungsgemäß über höhere
Nahrungsmittelpreise die Verbraucher belasteten, müsse die finanzielle
Entschädigung der höheren
Produktionskosten über einen entsprechend angepassten Agrarhaushalt und damit letztlich über Steuern erfolgen, so die Autoren der Studie.