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19.01.2010 | 10:34 | EU-Kommission 

Hahn reüssierte bei EP-Hearing für Ressort Regionalpolitik

Wien - Schon am Donnerstag reüssierte in Brüssel der österreichische Kandidat für das Ressort Regionalpolitik in der neuen Europäischen Kommission Barroso II, Johannes Hahn, bei seinem dreistündigen Hearing vor den Europaabgeordneten des zuständigen Ausschusses.

EU
(c) proplanta
Er bezeichnete die Regionalpolitik der EU als "Erfolgsgeschichte der europäischen Integration" und sprach davon, die einzige Alternative dazu sei eine noch bessere, reformwillige Regionalpolitik."Ich sage klipp und klar, ich bin absolut gegen die Renationalisierung der EU-Regionalpolitik, weil wir wissen, dass wir damit in Menschen investieren, und weil wir wissen, dass wir das eingesetzte Geld wieder zurückbekommen." 

Hahn skizzierte die Ausrichtung seiner Regionalpolitik an gemeinsamen europäischen Zielen wie Nachhaltigkeit, an der Bereitschaft, auch während der Programmperiode, wenn erforderlich, die Regeln zu adaptieren, und auch neue Finanzierungsinstrumente zu erschließen. Inhaltlich nannte er eingangs drei Punkte: Die flexible Verfolgung - "wobei es aber ohne earmarking nicht gehen wird" - der sogenannten 2020-Strategie mit den Schwerpunkten Wettbewerbsfähigkeit, Wissensverbreitung, Klimaschutz und Energiewende. Dabei will sich Hahn mit anderen Politikbereichen wie Umwelt oder Landwirtschaft koordinieren.

Als zweiten Punkt zählte er eine neue Stadtpolitik für Europa auf, weil die Städte Brennpunkte und die größten Energieverschwender seien. Dazu will er unmittelbar Konsultationen aufnehmen. Und als Drittes liegt ihm viel an einer vernünftigen Balance zwischen Kontrolle und Verringerung des Verwaltungsaufwandes. Er betonte jedoch ausdrücklich eine "Nulltoleranz" gegenüber unrechtmäßiger Mittelverwendung, will aber die Kirche im Dorf lassen, denn die vom Europäischen Rechnungshof kritisierte Fehlerquote von 11 % resultiere nicht ausschließlich aus Betrug, sondern vielfach auch aus Formfehlern. Er meinte, die Fehlerquote aus Betrug liege tatsächlich eher bei nur mehr 3 %.

An die Adresse mancher gegenüber der europäischen Umverteilung skeptischer Nettozahlerländer sagte Hahn: "Auch für Nettozahler lohnt sich das Investment in die Regionalpolitik, denn sie schafft Absatzmärkte und Arbeitsplätze." Deshalb lehne er eine lineare Betrachtungsweise der Bilanz aus Ausgaben für die Regionalpolitik und Mittelrückfluss ab, "weil der Saldo tatsächlich auch für Nettozahler sicher auch positiv ist". In der letzten Programmperiode seien mit Regionalmitteln in Europa mehr als 600.000 Jobs geschaffen und 100.000 km Straßen gebaut worden. 

Hahn will die Regionalpolitik aber weiter als nur ein Infrastrukturprogramm fassen und diese um Forschung, Entwicklung und Wissensvermittlung als Motoren für die Wettbewerbsfähigkeit von Regionen erweitern. Er strebt faire Bedingungen in allen Regionen an und will dabei über die Definition "territorialer Kohäsion" diskutieren sowie seine Politik stärker "darlehensorientiert" ausrichten. Ausdrücklich bejahte er auch den Fortbestand des Kohäsionsfonds. 


Flexibel bei Abgrenzung und Übergangsregelungen - neue Donauraumstrategie 

Zur Frage der Gebietsabgrenzung zeigt sich Hahn offen, andere Kennziffern als das BIP zu finden, sofern einheitliche Maßstäbe gefunden werden können. Der Vorwurf, die Raster der Kennziffern seien zu grob, stehe im Widerspruch zu einer Vereinfachung. Man müsse eine Balance zwischen Spezialkennziffern und Vereinfachung finden sowie die Subsidiarität leben. Flexibilität sei in den Berggebieten Europas - "Berggebiete sind die reichsten Regionen Europas und Bergebiete sind die ärmsten Regionen Europas" - und in den landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten anzuwenden. Dabei liege es auch an den Regionen, sich selbst einzubringen. 

Klar bekannte sich der österreichische Kandidat dazu, dass auch weiterhin ärmere Regionen von Nettozahlerländern in den Genuss von EU-Regionalmitteln kommen sollten und trotz aller angestrebter Vereinfachung Übergangslösungen für ein Phasing in und Phasing out der Regionalhilfe greifen sollen. Weiters stellte er die Idee einer "Donaustrategie" für die acht Mitgliedstaaten und sechs "Noch-Nicht-Mitgliedstaaten" im Donauraum in den Raum. Dafür werde es zwar keine zusätzlichen Budgets geben, aber die Idee zum Beispiel der Nutzung des Wasserweges Donau, die als Band die Region zusammenhält, finde er als "extrem spannend" und "ein positives Signal makroterritorialer Zusammenarbeit". Als Vorbild dient die von der EU schon eingeschlagene Ostseestrategie. 

Auf die Frage, ob wegen bestehender Überlappungen die Agenden der im Agrarressort angesiedelten Ländlichen Entwicklung nicht in sein Ressort übergeführt und konzentriert werden sollten, antwortete Hahn: "Ziel ist es, die Inhalte zwischen den Politikbereichen besser abzustimmen und die Regulative zu vereinfachen, damit sich die Empfänger leichter tun." Er strebe zwischen den Politikbereichen etwas "Additives" an, nicht etwas, was sich überlappt. "Ich will keine Energie auf Kompetenzstreitigkeiten aufwenden, sondern die Programme abgleichen." Es gehe ihm um eine verbesserte Abstimmung und Absprache der beiden Fonds. "Dafür ist die Zuständigkeit sekundär", so Hahn. Um eine entsprechende Budgetausstattung seines Politikbereiches werde er jedenfalls auch raufen müssen. 


Hintergrund: Das Prozedere der EP-Hearings und Kommissarsbestellung 

Die Hearings der Kandidaten für die Kommission Barroso II vor den zuständigen Ausschüssen des Europäischen Parlaments finden von 11. bis 19.01. in Brüssel und Luxemburg statt. Der neuen Europäischen Kommission werden nach dem im Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon je ein Angehöriger jedes Mitgliedstaates, also 27 Personen, nämlich der Kommissionspräsident und 26 für einen Politikbereich zuständige Mitglieder angehören, darunter als ein Vizepräsident die mit der neu geschaffenen Funktion des Hohen Vertreters der Europäischen Union für die Außen- und Sicherheitspolitik betraute Person. Für dieses Amt ist die Britin Catherine Ashton nominiert, die sich als erste dem Hearing stellen musste. Die Amtszeit der Kommission beträgt fünf Jahre ab dem ins Auge gefassten Amtsantritt am 01.02.2010. Die Europäische Kommission ist praktisch die Exekutive der EU. 

Kommissionspräsident José Manuel Barroso wurde bereits am 16.09.2009 vom EP für eine zweite Amtszeit bestätigt. Er legte am 27.11.2009 seine Liste der Kandidaten für die einzelnen Geschäftsbereiche für das neue Kommissarskollegium vor. Die Kandidaten mussten nun dem EP ihre Lebensläufe und Erklärungen ihrer finanziellen Interessen zur Abklärung etwaiger wirtschaftlicher Interessenkonflikte in Ausübung ihrer Ämter übermitteln. Anfang Dezember 2009 legten die Europaparlamentarier den Kandidaten schon schriftlich Fragen vor, die bis 17.12. beantwortet werden mussten. 

Im Anschluss an die Hearings bewerten die EP-Ausschüsse die designierten Kommissionsmitglieder und teilen ihre Ergebnisse der Konferenz der Präsidenten mit. Diese besteht aus dem Parlamentspräsidenten, den Fraktionsvorsitzenden sowie aus den Ausschussvorsitzenden. Das Leitungsgremium des EP wird dann am 21.01.2010 die Beurteilungen der Kommissarskandidaten bewerten und an das Plenum weiterleiten. Die Europaparlamentarier werden die neue Kommission schließlich in ihrem Plenum am 26.01.20010 diskutieren und abstimmen. Die Zustimmung des EP zur Kommission ist zwingend notwendig, das Parlament kann über die Kommission aber nur in ihrer Gesamtheit befinden - das heißt, ihr entweder in Bausch und Bogen zustimmen oder sie ebenso ablehnen. Vorbehalte gegen einzelne Personen aus dem Kommissarskollegium könnten dann also nur durch kurzfristige Auswechslung einzelner Personen durch den Kommissionspräsidenten ausgeräumt werden. Nach Zustimmung des EP kann der Europäische Rat die Kommission mit qualifizierter Mehrheit formell bestellen.


Quelle: Lebensministerium Österreich
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