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09.02.2017 | 07:46 | Agrarreform 
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Hendricks' Bauernregeln schlagen weiter hohe Wellen

Berlin - Im Streit um die Plakate mit «neuen Bauernregeln» kommt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) immer mehr in Bedrängnis.

Agrarreform
Mit ihrer Bauernregel-Kampagne ist Bundesumweltministerin Hendricks ordentlich ins Fettnäpfchen getappt. Die Bauern und mit ihnen Politiker von CSU und CDU sind auf den Barrikaden. Kritik kommt jetzt selbst aus der eigenen Partei. (c) proplanta
Nach Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) rief am Mittwoch auch CSU-Chef Horst Seehofer die Ministerin dazu auf, sich bei den Bauern zu entschuldigen. Die Sprüche seien nicht nur eine «Verunglimpfung, sondern eine Beleidigung», sagte Seehofer auf dem Rossmarkt im oberpfälzischen Berching.

Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) forderte die SPD-Ministerin unverhohlen zum Rücktritt auf: «Mein Tipp an Frau Hendricks lautet: Plakate abreißen, einstampfen und dann zurücktreten», sagte Hauk der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Es sei verwerflich, so eine Kampagne mit Steuergeldern zu finanzieren. Ein Sprecher von Hendricks wies dies zurück: «Das ist eine alberne Forderung, dazu gibt es keinen Anlass», sagte er in Berlin.

Die Kampagne kostet nach Angaben des Ministeriums 1,6 Millionen Euro. Sprüche wie «Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein» hatten den Bauernverband erzürnt. «Gibt's nur Mais auf weiter Flur, fehlt vom Hamster jede Spur», lautet eine andere Weisheit aus dem Bundesumweltministerium.

Sogar aus den Reihen der SPD kam erste Kritik: Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke forderte Hendricks auf, die umstrittene Aktion einzustellen. Eine Kampagne, in der die Hauptbetroffenen pauschal auf die Anklagebank gesetzt würden, könne nicht zum Ziel führen, schrieb der SPD-Politiker in einem Brief an Hendricks, der der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Potsdam vorlag. Notwendig seien Dialog statt Ausgrenzung. Dialog beginne aber nicht mit plakativen Losungen.

Einen offenen Brief an Hendricks verfasste auch Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU). Ihre Kampagne ziele darauf ab, «eine vor allem städtische Öffentlichkeit gegenüber der Landwirtschaft in Deutschland zu mobilisieren». Damit leiste Hendricks einen gefährlichen Beitrag zu einer inneren Spaltung der Gesellschaft. Die Kampagne gehe «bewusst und gezielt zu Lasten unserer ehrlich und hart arbeitenden Bäuerinnen und Bauern in unserem Land, die sich ein weiteres Mal von Ihnen und Ihrem Haus gedemütigt, ja verachtet fühlen», schreibt Brunner.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte am Mittwoch einen umgehenden Stopp der Werbekampagne. «Es ist inakzeptabel, wenn Bundesministerien ganze Berufsgruppen pauschal diffamieren oder ausgrenzen», hieß es nach einer Sitzung des erweiterten Verbandsrats, in dem die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der 18 Landesbauernverbände vertreten sind. «Ministerien müssen in ihrer Kommunikation anderen Ansprüchen genügen als Aktivisten oder Nichtregierungsorganisationen», so DBV-Präsident Joachim Rukwied.

Auch der Bund der Steuerzahler nahm die Kosten der Kampagne aufs Korn: «Das ist Verschwendung - und nicht bauernschlau.» Wenn zwei Bundesministerien grundsätzliche Auffassungsunterschiede zur Agrarpolitik hätten, dürfe ein solcher Disput nicht mit einer millionenschweren steuergeldfinanzierten Werbekampagne ausgetragen werden, erklärte der Verband in der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

Bundesagrarminister Schmidt (CSU) erneuerte im ARD-«Morgenmagazin» seine Kritik. Durch die Kampagne aus dem Hause Hendricks seien Landwirte der Lächerlichkeit preisgegeben worden. Außerdem seien kritisierte Themen, etwa der Einsatz von Düngemittel, bereits angegangen worden. In der kommenden Woche solle ein Düngegesetz verabschiedet werden, bei dem auch das Umweltministerium mitgearbeitet habe. Statt Diffamierungen gehe es darum, zu liefern - «und der Landwirtschaftsminister hat geliefert».

Ein weiterer Streitpunkt zwischen den beiden Ministerien betrifft Glyphosat. Hendricks ist gegen den Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels, Schmidt grundsätzlich dafür. Er halte sich an das, was die Wissenschaft sage, nicht was Kampagnen vorgäben, erklärte der CSU-Politiker: «Hier ist nicht Wahlkampf, hier muss nicht postfaktisch, sondern hier muss mit Fakten gearbeitet werden.» Die neue Bauernregel aus dem Umweltministerium dazu lautet: «Haut Ackergift die Pflanzen um, bleiben auch die Vögel stumm.»
dpa
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Kommentare 
johann96 schrieb am 09.02.2017 15:56 Uhrzustimmen(93) widersprechen(86)
Wir Landwirte verwenden kein Ackergift. Wir bringen im notwendigen Maße Pflanzenschutzmittel aus. Zum Schutz der Pflanze. Und da diese Mittel viel Geld kosten , machen das nur , wenn es sein muss. Begreifen solche Eiferer nicht oder wollen es nicht. Ist aber so. Diese Leute sollen uns nicht für so dumm halten wie sie selber sind.
agricola pro agricolas schrieb am 09.02.2017 10:12 Uhrzustimmen(71) widersprechen(84)
An die mächtigste Industrie Deutschlands u.a. wagt sich unsere äußerst dienstbeflissene Umweltministerin nicht belustigend verspielt heran. Warum verbrennt sich diese bislang verkannte Ausnahme-Dichterin wohlweislich da nicht die eigenen garstigen Fingerchen!? // Es wäre überaus fatal, die innerhalb der LW real existierenden mannigfaltigen Problemfelder mit dem derzeit berechtigt tosenden Sturm der Entrüstung wegpeitschen zu wollen. Frau Hendricks hat sämtlichen Bauern fürwahr einen Bärendienst erwiesen, wenn nun selbst jene sich in kollegialer Solidarität mit Strukturen üben müssen, die sie im eigentlichen berechtigt kritisch hinterfragen. WARUM DAS!?, fragt nun eine in simplen Denkstrukturen gestrickte Frau Hendricks sicherlich verwundert. Die Antwort: Weil ein freier deutscher Bürger/Bauer das deutsche Grundgesetz - im Gegensatz zu IHNEN, hochverehrte Frau Bundesministerin Hendricks- in einer dort glasklar definierten Wertevorstellung achtet und einer landesweiten Diffamierung von Minderheiten, wie in dem hier vorliegenden Falle, eine sofortige Absage erteilt. PUNKT! - KEIN JAMMERN!, KEIN WEHKLAGEN!, KEINE VERZWEIFELTE RESIGNATION!, dass Sie meine Arbeit auf meinem konventionellen Betrieb ganz offensichtlich als umweltzerstörend, menschenverachtend und mit was auch immer abtitulieren möchten, sondern das nüchtern sachliche Fazit, dass man zweifelsfrei notwendig befruchtende Diskussionen in immer komplexeren Welten in selbiger Art und Weise nicht führen kann/WILL, letztendlich, weil ein gerade von UNSERER Bundesumweltministerin, die das Agrarressort gleich mit veratmet, angestrebter harmonischer Gleichklang von Mensch, Tier und Natur damit nicht zustande kommt. // Bis dato, allerliebste Frau Hendricks, haben Sie als „moderne Natürflüsterin“ uns Bauern keinerlei Alternativen präsentiert, die ökologische und vor allen Dingen ökonomisch unverzichtbare Perspektiven eröffneten, um nicht vollends jeden berauschenden Odem aus den ländlichen Regionen herauszusaugen, um zu verhindern, dass ein dortiges lebens- und liebenswertes Umfeld gänzlich zerstört wird. Ihre „zerstörte Blumenwiesen-verstummte Bienchen-böse Bauern-Attitüden" greifen viel zu kurz. Sämtliche Zwangsbeiträge im übrigen, die der deutsche Staat vom Eigentümer ausnahmslos eintreibt (u.a. Grundsteuer), finden in dem Hendrick‘schen Ideenkonstrukt in keinster Weise Berücksichtigung. ... Aus eben u.a. den genannten Gründen, werter Herr Grossarth/ Journalist der FAZ, gehen derzeit ALLE Bauern auf die Barrikaden, weil wir -augenscheinlich im Gegensatz zu unseren fraglich intellektuellen selbsternannten Leuchten hierzulande- aus Dunkeldeutschland die unumstößliche Erkenntnis gezogen haben, dass eine Demagogie, gleich auf welcher Ebene, exerziert an welchen Minderheiten auch immer, für alle Zeiten seitens höchster politischer Verantwortlichkeit ein Tabu bleiben MUSS!!! - PUNKT! Deshalb erfüllt mich Martins Aufbruchstimmung vielleicht weit eher mit einer gewissen Sorge, wenn jetzt in faktisch „unterhaltsam“ gelebten, für die jeweiligen Betroffenen sehr befremdliche „Rucks innerhalb unserer ländlichen Mitte“ Deutschlands die „neue Bauerngerechtigkeit“ unsensibel neu definiert und gnadenlos aufoktroyiert werden soll. Sorge aber auch, wie solche Dichter-Phoenixe, aus der Asche emporgestiegen, mit extem simplen HENTRICKSEREIEN dem bedrohlichen Trumpetismus Paroli bieten wollen!? - Auf diese Energiewende dürfen wir äußerst gespannt (wie lange?) harren, auf Hendricks Demokratieverständnis wartet sicherlich der neugierig moderene Rest der Welt!(?)
cource schrieb am 09.02.2017 09:46 Uhrzustimmen(106) widersprechen(67)
mit dem spruch: «Haut Ackergift die Pflanzen um, bleiben auch die Vögel stumm.» da war ja die frau hendricks noch gnädig mit den bauern hier hätte sie ebensogut sagen können: "ackergift macht nicht nur die pflanzen krank sondern bringt auch den sensenmann"
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