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28.10.2017 | 03:45 | Jamaika-Koalition 
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Jamaika-Verhandlungen starten ruckelig

Berlin - Das Abtasten ist vorbei. Dass eine nie da gewesene Jamaika-Koalition eine vertrackte Sache wird, war CDU, CSU, FDP und Grünen von Anfang an klar.

Jamaika-Verhandlungen
Grün mit Gelb? Liberal mit konservativ? Geht das überhaupt? Das ist auch nach einer Woche Jamaika-Verhandlungen noch ziemlich ungewiss. Was dafür spricht, was dagegen. (c) Edyta Pawlowska - fotolia.com
Nach zwei Wochen mit gemeinsamen Runden wissen sie jetzt auch, wie sich das anfühlt. Schwarze, Gelbe und Grüne beschnupperten sich erst einmal, herzten einander und schüttelten Hände - und riefen erste knifflige Themen auf. Die große Frage bleibt aber weiter komplett offen:

Kommt das Experiment zustande?

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lässt keinen Zweifel, dass sie einen ernsthaften Versuch unternehmen will. «Ran an die Arbeit», hat sie als Motto ausgegeben - und in den Moderatorinnen-Modus geschaltet, zu dem auch karge öffentliche Wortmeldungen gehören. Dass ihr ja in der «Sammlung der Koalitionen» diese noch fehle, wie es CSU-Chef Horst Seehofer formulierte, würde Merkel so kaum sagen. FDP-Chef Christian Lindner spricht sowieso lieber von «Kleeblatt-Koalition» und fügt an, wie selten die vierblättrige Glücksvariante sei. Zum Start in die dritte gemeinsame Woche bleiben reichlich Unwägbarkeiten bestehen.

Das spricht bisher gegen eine Jamaika-Einigung:

- ALTE KÖPFE UND KONFLIKTE. Unter den Möchtegern-Jamaikanern sitzen viele erfahrene Strategen, denen die eigene Polit-Vergangenheit enge Grenzen für flexible Lösungen setzt. Was etwa passiert, wenn Claudia Roth - Ex-Managerin der Band «Ton, Steine, Scherben» mit Wurzeln in der grünen Friedensbewegung - in Sachen Flüchtlinge auf die CSU mit dem als «schwarzer Sheriff» titulierten bayerischen Innenminister Joachim Herrmann trifft, zeigte sich in der Donnerstags-Runde: außer Kopfschütteln auf beiden Seiten blieb akut nur die Vertagung.

- DIAMETRALE POSITIONEN EN MASSE. Wer Teilnehmer nach einfachen Themen fragt, erntet Schulterzucken. Hohe Einigungschancen hat ein Bereich bereits dann, wenn er nicht zu einem der schwersten Brocken erklärt wird. Will heißen: Wohl in so gut wie keinem Punkt können die Unterhändler entspannt durchatmen. Ob sich in der kommenden Woche auch Verteidigung, Landwirtschaft und Entwicklung wie bereits Asyl und Klima zur Kategorie «schier unlösbar» gesellen, muss sich zeigen.

- ALLE VIER PARTEIEN FÜRCHTEN UM IHRE WÄHLER. Auch wenn die FDP als einzige der beteiligten Parteien neu im Bundestag ist und vielleicht freier agieren könnte, muss auch sie liefern, um nicht bei späteren Wahlen den Preis für Jamaika zu zahlen. In den Hinterköpfen vieler Liberaler steckt noch das Debakel von 2013, als man aus einer schwarz-gelben Koalition kommend aus dem Bundestag flog. Bei der CSU ist der Druck sicher am höchsten. In einem Jahr wird in Bayern der Landtag gewählt, dann geht es ums Verteidigen der absoluten Mehrheit.

Das spricht bisher für eine Jamaika-Einigung:

- DER DRUCK IST GROß. Schwarz-Gelb, Rot-Grün, Rot-Rot-Grün - reicht alles nicht. Große Koalition will die in der Wahl schwer gerupfte SPD nicht. Mit der AfD will sowieso keiner. Wenn's mit Jamaika nicht klappt und die SPD nicht als Retter in der Not einspringt, müssten die Deutschen noch einmal wählen. Und dann, das fürchten viele, könnte die AfD noch stärker werden. Oder die eigene Partei noch schlechter abschneiden. Außerdem ist da noch der Rest der Welt, der auf eine deutsche Regierung wartet, vor allem die EU.

- ABSTIMMEN KLAPPT SCHON MAL. Der neue schwarz-gelb-grüne Block kann gemeinsam die Hand heben, wie die Abgeordneten bei der ersten Sitzung des neuen Bundestags bewiesen haben. Zwar ging es erst mal nur darum, einen SPD-Antrag in ein Beratungsgremium zu überweisen, aber immerhin. In einer Sitzungspause betätigte sich Merkel zudem als Brückenbauerin und nahm demonstrativ beim links-grünen Jürgen Trittin Platz, um ein bisschen zu plaudern.

Und sonst so?

- DIE METAPHERN SIND SO SCHÖN. Wie oft fiel inzwischen schon der Satz «Der Weg nach Jamaika ist weit»? Stimmt ja auch, 8500 Kilometer, wie CSU-General Andreas Scheuer verriet. «Die Reise nach Jamaika, das klappt nicht als Egotrip, sondern es ist eine Gruppenreise», wusste Jens Spahn (CDU). Oder noch einmal Scheuer: «Das wird kein Wellnesstrip, das werden keine karibischen Nächte, sondern das wird vor allem von harter Arbeit geprägt sein, ohne Reggae-Musik und ohne Bob Marley.» Wer verzichtet auf diese Sprachbilder schon freiwillig?

- DIE VERSORGUNG STIMMT. Wenn alles geheim ist, kann man immer noch übers Essen und Trinken twittern. Zum Beispiel Marco Buschmann, FDP: «Ohoh! Der Wolfgang greift schon zum Weißwein.» Er dürfte den Kollegen Kubicki gemeint haben. Da war es zehn vor drei am Nachmittag. Michael Theurer, auch FDP, lobte dagegen den Minztee mit Ingwer. Der halte wach und stärke Abwehrkräfte. Lachs, Maronensuppe, Buletten, Streuselkuchen - was es sonst so gab bisher, klingt auch annehmbar. Am Finanz-Sondierungstag standen schwäbische Maultaschen auf dem Tisch. Zufall?
dpa
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Kommentare 
Ulrich Dittmann schrieb am 28.10.2017 18:34 Uhrzustimmen(26) widersprechen(6)
Dieses wichtigtueriesche Gedöns um die sog. “Jamaika-Koalitions-Verhandlungen” ist doch alles nur ein durchsichtiges Schmierentheater.

Nachdem die böse AfD-Konkurrenz – die 3,5 Millionen Bürger gewählt haben – aber das sind ja alle Nazis, ...(die meisten davon wurden übrigens den Altparteien "gestohlen"!) ausgeschlossen wurden, ändert sich eh nix im Berliner Berufsschwätzer-Club.

CDU/CSU/FDP/GRÜNE würden selbst mit einem alten Klodeckel koalieren – nur um sich weiterhin an den Fleischtöpfen im Bundestag mästen zu können.

Und die Lobbyisten-Verbände jubilieren weil alles im gewohnten Trott weitergeht...
cource schrieb am 28.10.2017 11:20 Uhrzustimmen(22) widersprechen(73)
genau, das wäre konsquente rassismuspolitik wenn CDU/FDP/AfD eine koaliation bilden würden, aber das wird nicht passieren, weil dann die unterstützung der AfD durch die CDU offensichtlich wäre und diese blöße will man sich nicht geben, da ist das verlogene schamgefühl doch noch zu stark
Joachim Datko schrieb am 28.10.2017 04:40 Uhrzustimmen(30) widersprechen(22)
Ich würde eine bürgerliche Koalitionsregierung mit CDU/CSU, AfD und FDP bevorzugen.

Die politischen Positionen der AfD gegen die Masseneinwanderung, gegen die Islamisierung, gegen Parallelgesellschaften und gegen den linken Terror sollten in der Regierungsarbeit unbedingt berücksichtigt werden.

Joachim Datko - Ingenieur, Physiker
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