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16.07.2016 | 13:26 | Milchgipfel 

Kein einstimmiger Beschluss zur Milchmarktregulierung

Schwerin - Die Sonder-Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern hat sich gestern in Brüssel nicht auf einen Beschluss zum weiteren Vorgehen in der Milchkrise einigen können. „Das bedaure ich außerordentlich,“ so Minister Dr. Till Backhaus.

Milchmarktkrise
(c) proplanta
„Das bedaure ich außerordentlich,“ so Minister Dr. Till Backhaus.

Wir haben das Einstimmigkeitsprinzip und der Beschluss ist am Veto des Landes Rheinland-Pfalz gescheitert, das im Falle schwerer Marktstörungen einer zeitlich befristeten und entschädigungslosen Mengenregelung nicht zustimmen wollte. Alle anderen Länder halten die Schaffung der rechtlichen Grundlagen durch die Europäische Kommission zumindest für angezeigt.

„Dennoch stehen wir nicht mit leeren Händen da“, so der Minister. Die Ministerinnen, Minister und Senatoren der Agrarressorts von Bund und Länder haben sich klar für ein weiteres EU-Hilfspaket ausgesprochen, das deutlich über dem ersten liegen muss. Frisches Geld – auch darüber herrschte Einigkeit – sollen künftig aber nur diejenigen erhalten, die weniger Milch produzieren.

Mit Blick auf die langfristige Stabilisierung des Marktes bekräftigte die Konferenz gegenüber EU-Kommissar Phil Hogan ihre Forderung nach fairen Lieferverträgen durch die Änderung der Gemeinsamen Europäischen Marktordnung. Ziel ist, das Monopol der Molkereien aufzubrechen und die Verhandlungsposition der Landwirte EU-weit zu stärken.

„Die Milchkrise ist noch längst nicht überwunden. Der Weltmarkt ist übersättigt, der Preis am Boden. Bis Ende des Jahres werden die Verluste in der Landwirtschaft auf etwa 5 Milliarden Euro anwachsen. Es muss gelingen die Milchmenge zu reduzieren. Dafür brauchen wir verbindliche Regelungen in ganz Europa.

„Mit Freude nehme ich zur Kenntnis, dass EU-Kommissar Hogan diese Ansicht weitgehend teilt. Unser Gespräch verlief offen und konstruktiv, auch wenn er einige Fragen offenließ, um dem Agrarrat am Montag in Brüssel nicht vorzugreifen!“, betonte Backhaus, der die Konferenz erstmalig in ihrer Geschichte in das Zentrum der europäischen Agrarpolitik brachte.

Auch der Ablauf der Konferenz gestaltete sich in diesem Jahr völlig neu. Sie wurde in drei Teilsitzungen abgehalten. Zunächst setzten sich die Ministerinnen, Minister und Senatoren der Agrarressorts von Bund und Länder mit EU-Kommissar Hogan zusammen, um sich ein genaues Bild von den aktuellen Vorstellungen und Aktivitäten der Kommission zu machen. „Die besondere Konzeption der Konferenz verdeutlicht einmal mehr, wie ernst die Lage ist und wie ernst wir die Lage nehmen“, so Backhaus.

Kommissar Hogan räumte ein, dass wir es in Europa mit einem schweren Marktungleichgewicht zu tun haben. Von ihrem alleinigen Initiativrecht für eine zeitlich befristete, obligatorische Mengenreduzierung werde die EU-Kommission allerdings derzeit keinen Gebrauch machen, da es dafür in Europa keine Mehrheit und bisher auch keine Rechtsgrundlage gibt. Stattdessen versprach er am Montag (18.07) im Agrarrat in Brüssel Vorschläge für „spezifische Anreize zur Mengenkontrolle“ zu unterbreiten. Auch kündigte er ein „hinreichend bedeutsames“ zweites Liquiditätsprogramm an. Konkrete Zahlen will er erst am Montag nennen.

Kommissar Hogan betonte aber auch: „Ein Problem verschwindet nicht, wenn man es Geld bewirft.“ Eine Prüfung zur Anpassung des Vertragsrechts, insbesondere Art. 148 der Gemeinsamen Marktordnung, laufe bereits. Das begrüßen auch die Länder: „Bauern müssen wieder mehr Verhandlungsspielraum bekommen. In den Direktverträgen mit den Molkereien müssen Preise, Laufzeiten, Kündigungsfristen und Qualitätsparameter künftig klar geregelt werden. Sie geben den Bauern Planungssicherheit“, kommentierte Backhaus.

Im Anschluss an das Gespräch mit dem EU-Kommissar debattierte die Agrarministerkonferenz mit dem Vorsitzenden des Europäischen Agrarausschusses, Dr. Czeslaw Adam Siekierski, und deutschen EU-Parlamentariern über potenzielle Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Krise, aber auch zur Abfederung neuer Krisen. Ob Quotenregelung, Private Lagerhaltung oder Finanzspritzen – über die Fraktionen hinweg besteht aktuell weitgehend Uneinigkeit über die Umsetzbarkeit und Wirkungskraft unterschiedlicher Maßnahmen.

Der Bund kündigte an, sehr zügig der Bitte der Länder nachzukommen und die nationale Umsetzung der Hilfsmaßnahmen mit den Ländern auf Fachebene unverzüglich zu beraten.
regierung-mv
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