Nach mehreren verheerenden Hochwasserkatastrophen mit Milliardenschäden hat der Freistaat ein Hochwasserschutzkonzept geschaffen, das neben natürlichen Rückhalteflächen auch technische Maßnahmen wie Flutpolder vorsieht.
Flutpolder sind unbebaute eingedeichte Gebiete, die bei extremem
Hochwasser gefüllt werden können, um die Gefahr von Deichbrüchen im Unterlauf eines Flusses zu vermindern.
Allein an der Donau sind zwölf Standorte für Flutpolder geeignet. Einer von ihnen ist der Polder «Katzau» im Gemeindegebiet von Pförring und Münchsmünster. Das Landratsamt in Pfaffenhofen hat das Gebiet vorläufig dafür gesichert. Die Ausweisung neuer Baugebiete wäre dort damit vom Tisch. Die beiden Kommunen und eine Privatperson wollen dies mit ihrer Klage aber verhindern. Das bayerische Umweltministerium weiß von mehreren weiteren Klagen gegen die vorläufige Sicherung von Überschwemmungsgebieten für Flutpolder.
Am Dienstag hörte das Verwaltungsgericht München die Standpunkte von Befürwortern und Gegnern in der mündlichen Verhandlung an. Dabei stellte der Vorsitzende Richter Michael Eder klar, dass es sich im Kreis Pfaffenhofen vorerst nur um eine «grobe Planung» handele. Vor einer Realisierung müsse das Überschwemmungsgebiet «definitiv festgesetzt werden», was ein Planfeststellungsverfahren erfordere.
Die Bürgermeister von Pförring und Münchsmünster, Bernhard Sammiller (CSU) und Andreas Meyer, sagten übereinstimmend, bei der für den Flutpolder vorgesehenen Fläche handele es sich keineswegs um ein Überschwemmungsgebiet. Die Sicherung «macht den Menschen Angst».
Zwar sind die jüngsten Bilder von überfluteten Ortschaften und zerstörten Häusern in Niederbayern noch in den Köpfen der Menschen. Das hindert aber Bauherren nicht daran, die eigenen vier Wände partout in Überschwemmungsgebieten errichten zu wollen. «Heute liegen in den Talauen trotz der immer wiederkehrenden Hochwassergefahr unsere bevorzugten Siedlungs-, Verkehrs- und Gewerbeflächen», heißt es im bayerischen Umweltministerium.
Das für den Hochwasserschutz zuständige Ministerium zitiert den Raumplanungsexperten Stefan Greiving von der Technischen Universität Dortmund: «Wenn in hochwassergefährdeten Flächen immer mehr Häuser gebaut werden, gibt es im Falle eines Hochwassers auch mehr Schaden.» Und Wolfgang Kron vom Rückversicherer Munich Re ergänzt, dass die intensive Nutzung der Häuser zu den höheren Schäden bei Hochwasser beitrage. «Früher wurden die Keller als Holz- oder Wäschekeller genutzt.» Heute dienten sie als Party- und Hobbyraum.
Auch Landwirtschaft und Hochwasserschutz vertragen sich nicht immer. Bayerns Bauern sind zwar nicht grundsätzlich dagegen, dass Wiesen und Felder für Flutpolder genutzt werden. Sie wollen aber keine Nachteile dadurch hinnehmen, wie Markus Peters vom Bayerischen
Bauernverband (BBV) erläutert. Außerdem möchten sie ihre Grundstücke behalten.
Eine Mustervereinbarung sieht vor, dass der Freistaat die Flächen möglichst nicht erwirbt. «Bauernland soll in Bauernhand bleiben», heißt die Devise beim BBV. Für den Wertverlust durch den Standort der Flächen in einem Flutpolder gibt es Geld vom Staat, und ein etwaiger Ernteverlust im Falle des Flutens wird voll erstattet, wie das Umweltministerium in München erläutert.
«Flutpolder sind unsere Festungen gegen Jahrhundertfluten», betont Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). Allein die Flutpolder an der Donau verbesserten den Schutz von 120.000 Menschen. Ihr Bau erfolge aber nur, wenn für die Bürger vor Ort keine nicht ausgleichbaren Verschlechterungen einträten. Der erste gesteuerte Flutpolder Bayerns liegt im Seifener Becken an der Iller bei Kempten. Laut Ministerium hat er sich beim Juni-Hochwasser 2013 bestens bewährt.