Aktuell werde mit der Branche und der
EU-Kommission ausgelotet, was nötig und geeignet sei, um die Märkte zu stabilisieren, einen «Schlachtstau» abzubauen und am stärksten betroffene
Schweinehalter zu unterstützen, sagte die CDU-Politikerin anlässlich einer Videokonferenz mit den Ländern am Freitag. Nach Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen gebe es nach Branchenangaben derzeit einen Stau von 590.000 Tieren, die nicht geschlachtet werden können. Ein weiterer Zuwachs dürfte aber gestoppt sein, weil Schlachtkapazitäten zusehends wieder in
Betrieb kommen.
Als mögliche Hilfen seien unter den EU-Staaten Beihilfen zur privaten Lagerung von
Schweinefleisch im Gespräch, sagte Klöckner. Noch vor Jahresende würde dies wegen der ohnehin stärkeren Nachfrage vor Weihnachten und fehlender Schlachttage zum Jahreswechsel aber wenig Sinn ergeben. Ein günstigerer Zeitpunkt könnte Mitte Januar sein, wenn die Nachfrage erfahrungsgemäß eher schwach sei. National solle etwa geprüft werden, inwieweit
Ferkelerzeuger und
Schweinemäster in bestehende Corona-Hilfen des Bundes einbezogen werden könnten.
Auf den Markt schlagen auch Folgen der in Brandenburg und Sachsen aufgetauchten Afrikanischen
Schweinepest bei Wildschweinen durch. Die Schweinefleischpreise für die Erzeuger stünden in Deutschland und in Nachbarländern wie Belgien, den Niederlanden und Dänemark unter Druck, sagte Klöckner. Hintergrund ist demnach, dass wegen der Schweinepest deutsche Exporte in wichtige asiatische Zielländer gestoppt sind und dies den gesamten europäischen
Binnenmarkt belaste.
Bauernpräsident
Joachim Rukwied forderte rasche Krisenmaßnahmen, wenn es weiter Schweinefleisch aus Deutschland auf dem Tisch geben solle. Die Schweinehalter erlebten die größte Krise seit Jahrzehnten. «Die Schlachtkapazitäten bleiben knapp, sodass der Stau in den Ställen unverändert groß und das
Preisniveau für unsere
Bauern ruinös ist.» FDP-Fraktionsvize Frank Sitta sagte, Klöckner müsse schnellstmöglich eine echte Strategie vorlegen, statt Landwirten durch staatliche Markteingriffe falsche Hoffnungen zu machen. Verarbeitungskapazitäten in Schlacht- und Zerlegebetrieben müssten durch bundesweit einheitliche Regelungen hochgefahren werden können.
Grünen-Agrarexperte
Friedrich Ostendorff sagte: «Wir haben den Höhepunkt des Schweinestaus schon hinter uns.» Dass Klöckner ausgerechnet jetzt private
Lagerhaltung ins Spiel bringe, sei lächerlich. Die Umweltorganisation
Greenpeace warnte: «Staatshilfen für die Schweineindustrie verschlimmern die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme von Billigfleisch nur weiter.» Die Verbraucherorganisation
Foodwatch kritisierte, die Corona-Pandemie und die Schweinepest brächten «ein gnadenlos durchrationalisiertes System ins Wanken».