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03.09.2022 | 10:51 | Entlastungspaket 

Koalitionsausschuss berät über Entlastungen bei Energiekosten

Berlin - Nach wochenlanger Diskussion über weitere Entlastungen wegen der steigenden Energiepreise wollen die Führungsleute der Ampel-Koalition an diesem Samstag konkrete Schritte vereinbaren.

Energieversorgung
Die Energiepreise sind schon explodiert, nun dreht Gazprom die Nord-Stream-1-Leitung vorerst auch noch ganz zu. Die Koalition will mit weiteren Entlastungen gegensteuern. An diesem Samstag wird beraten. (c) Eisenhans - fotolia.com
Sie stehen unter dem zusätzlichen Druck des nun womöglich völligen Stopps russischer Gaslieferungen durch die Leitung Nord Stream 1: Anders als angekündigt nimmt Gazprom nach einer Wartung die ohnehin schon reduzierte Lieferung an diesem Samstag doch nicht wieder auf, wie der russische Staatskonzern am Vorabend ohne Angabe eines Zeithorizonts verkündete.

Für ein mögliches Entlastungspaket im Gespräch sind unter anderem gezielte Hilfen für Rentner und Studierende, Steuersenkungen und eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Nahverkehrsticket. Bisher hatten die Parteien in der Diskussion ihre Positionen abgesteckt. Angesichts der auch finanziell angespannten Lage ist aber noch nichts Konkretes vereinbart.

Wer mit wem warum redet



Zu den Beratungen kommt am Morgen in Berlin der Koalitionsausschuss von SPD, Grünen und FDP zusammen. Ihm gehören Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und die Partei- und Fraktionsspitzen der drei Partner an.

Die Sorge ist groß, dass die enormen Preissteigerungen bei Gas und Strom Wenigverdiener und die untere Mittelschicht überfordern und zu sozialen Verwerfungen mit Massenprotesten in der kalten Jahreszeit führen könnten - zumal AfD und Linke bereits dafür trommeln. In der Folge könnte auch der Rückhalt für die von Russland angegriffene Ukraine bröckeln, so wird befürchtet.

Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Es geht um nicht weniger als die Frage, ob es gelingt, die Bürgerinnen und Bürger wirksam und nachvollziehbar zu entlasten, oder ob die wachsende Unsicherheit zu einem Bruch des gesellschaftlichen Zusammenhalts führt.» Wie zuvor die Gewerkschaft Verdi kündigte er an, die IG Metall werde ihre Mitglieder «dann zu Protesten aufrufen, wenn keine ausreichenden Entlastungsschritte beschlossen werden».

Was gefordert wird



Vor dem Koalitionsausschuss versuchten Politiker und Verbände noch einmal, die Gespräche in die gewünschte Richtung zu lenken:

- Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte der Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Samstag): «Familien leiden besonders unter den hohen Preisen. Deshalb sollte das Kindergeld deutlich angehoben werden und mindestens die Inflation ausgleichen.»

- Der Hauptgeschäftsführer des Wohlfahrtsverbands Der Paritätische, Ulrich Schneider, forderte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland eine Erhöhung der Grundsicherung um monatlich 200 Euro und eine Ausweitung der Wohngeldberechtigten von jetzt gut 600.000 auf zwei bis drei Millionen. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, verlangte im dpa-Audiointerview eine Einmalzahlung vor allem für Rentner, mehr Wohngeldberechtigte und eine Preisdeckelung für den Grundbedarf an Energie.

- Auch die Linksfraktionschefs Amira Mohamed Ali (Funke-Zeitungen) und Dietmar Bartsch («Neue Osnabrücker Zeitung») warben für einen Energiepreisdeckel für private Haushalte und einen Stopp der Gasumlage, Mohamed Ali verlangte zudem eine vorübergehende Mehrwertsteuersenkung auf null.

- Der Städte- und Gemeindebund sprach sich für ein Klimaticket nach österreichischem Vorbild aus. «Das dortige Klimaticket hat sich bewährt», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Österreicher können damit jeden Bus, jede Straßenbahn und jeden Nah- und Fernverkehrszug nutzen und zahlen dafür 1.095 Euro pro Jahr beziehungsweise ermäßigt 821.

Warum bisherige Entlastungen nicht reichen



Aus Sicht des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil muss die Regierung die neuen Hilfen zielgenauer als bisher einsetzen. «Wir müssen denen helfen, die wirklich in existenzielle Nöte geraten», sagte er der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag). Dies bedeute auch, dass Gutverdiener Einbußen erleiden, «aber das können sie verkraften».

Dass die Rentner hingegen bei der Energiepauschale von 300 Euro nicht berücksichtigt worden seien, sei «ein Fehler» gewesen, sagte Klingbeil. «Der muss jetzt korrigiert werden.»

Was es bisher an Entlastungen gab



Bisher wurde bereits der Strompreiszuschlag zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) abgeschafft, es gibt eine Energiepauschale von 300 Euro für alle Beschäftigten und eine Einmalzahlung von 100 bis 200 Euro für alle Arbeitslosen, das Kindergeld wurde einmalig um 100 Euro pro Kind aufgestockt, drei Monate lang bis August wurde der Spritpreis gestützt und es gab für die Monate Juni, Juli und August das 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr.
dpa
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