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24.03.2020 | 17:34 | Corona-Krise 

Kretschmann: Es gilt nach wie vor Alarmstufe Rot

Stuttgart - Während das öffentliche Leben wegen des Coronavirus weitgehend still liegt, kämpfen Behörden, Politiker und Mediziner unermüdlich weiter gegen eine schnelle Ausbreitung des Erregers.

Landesvater Kretschmann
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Das Coronavirus hält das Land weiter in Atem - während das Land den Atem anhält. Die Krise geht jetzt erst los, warnt der Landesvater. (c) proplanta
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht das Land erst am Anfang der Krise - und räumt ein, das Virus unterschätzt zu haben. Mit einem milliardenschweren Soforthilfeprogramm will seine Landesregierung kleine Unternehmen vor der Pleite retten. Mittlerweile zählt das Land knapp 6.000 infizierte Menschen.

PROGNOSE: Baden-Württemberg steht nach Einschätzung Kretschmanns noch am Beginn der Corona-Krise. Obwohl man drastische Maßnahmen ergriffen habe, steige die Zahl der infizierten Menschen weiter. «Es gilt nach wie vor Alarmstufe Rot.» Das Virus sei eine enorme Herausforderung für die Gesellschaft - die meisten Menschen hielten sich aber an die strengen Ausgangsbeschränkungen. Kretschmann (Grüne) räumte in der Radiosendung SWR1 Leute ein, die Gefahr durch das Virus am Anfang unterschätzt zu haben.

SOFORTHILFE: Mit einem milliardenschweren Soforthilfeprogramm für kleine Unternehmen will die Landesregierung eine Pleitewelle verhindern. «Wir haben einen Rettungsschirm aufgespannt, wie es ihn in der Geschichte unseres Landes noch nie gab», sagte Kretschmann.

Selbstständige ohne Angestellte und Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten sollen einmalig bis zu 9.000 Euro erhalten können, die sich nicht zurückzahlen müssen. Für Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten gibt es maximal 15.000 Euro, Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten sollen bis zu 30.000 Euro bekommen können.

AUSBREITUNG: Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) berichtete am Dienstag von mittlerweile 5.887 infizierten Menschen in Baden-Württemberg und von 36 Todesfällen. 415 Menschen würden stationär behandelt, das seien rund sieben Prozent der Infizierten. Davon lägen 43 auf Intensivstationen - also rund 0,7 Prozent der Infizierten. Das Durchschnittsalter der Infizierten liege bei 47 Jahren. Das Alter der Todesfälle im Land rangiert zwischen 59 und 94 Jahren. Das Durchschnittsalter der Verstorbenen liegt bei 84 Jahren. Bis zum Abend hatte sich die Zahl der Infektionen weiter erhöht, sie lag zuletzt bei 6043, die Zahl der Toten stieg auf 37.

SCHUTZMASKEN: Baden-Württemberg setze alles dran, Schutzausrüstung zu bekommen, sagte Kretschmann. Der Automobilhersteller Daimler habe die Lieferung von 110 000 Schutzmasken zugesagt. 300 000 Operations-Masken kämen aus Frankfurt. Die Kassenärztliche Vereinigung indes kritisiert, dass der Bund dem Land Mundtücher statt versprochener Schutzmasken geliefert habe. Es seien 50 000 Schutzmasken für niedergelassene Ärzte zugesagt worden, gekommen seien aber Mundtücher und davon viel weniger als 50 000, sagte KV-Sprecher Kai Sonntag. Die üblicherweise bei Operationen genutzten Tücher säßen aber nicht so fest wie Schutzmasken.

HILFSBEREITSCHAFT: Rund 1.000 Ärzte, die derzeit nicht medizinisch arbeiten, haben in Baden-Württemberg ihre Hilfe angeboten. «Unsere Mitglieder erkennen den dringenden Bedarf an ärztlicher Arbeitskraft und wollen dazu beitragen, die gesundheitliche Versorgung zu stärken», sagte der Präsident der Landesärztekammer, Wolfgang Miller.

«Während einige dieser Freiwilligen schon zum Einsatz gekommen sind, halten sich die meisten für den Eventualfall bereit.» Es handelt sich zum Beispiel um Ärzte in der Verwaltung, bei Behörden, in der Pharmaindustrie, in der Elternzeit oder im Ruhestand. Nach Angaben von Ministerpräsident Kretschmann hätten sich zudem rund 4000 Studenten gemeldet, um in Kliniken auszuhelfen. 

KITA-GEBÜHREN: Eltern sollten nach Meinung des Deutschen Gewerkschaftsbundes von Beiträgen für Kita-Einrichtungen befreit werden. Die Familien leisteten derzeit Außergewöhnliches, sagte DGB-Landeschef Martin Kunzmann. «Es ist ihnen nicht zuzumuten, auch noch für nicht erbrachte Leistungen zu zahlen.» Einige Kommunen im Land seien diesen Schritt bereits gegangen, andere würden es gerne, zögerten aber aus finanziellen und rechtlichen Gründen. Entscheidend sei, dass die Kommunen nicht auf den Kosten sitzen blieben.

FLÜCHTLINGE: In den Erstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg leben aktuell acht positiv auf das Virus getestete Flüchtlinge - im Ankunftszentrum Heidelberg und in Sigmaringen. Infektionen beim Personal sind nach Angaben des Innenministeriums nicht bekannt. Alle positiv getesteten Personen und ihre Familienmitglieder seien in Quarantäne gekommen und Kontaktpersonen getrennt untergebracht worden. Alle Neuankömmlinge würden zudem auf das Virus getestet.

OBDACHLOSE: Obdachlose sollten während der Corona-Krise nach Ansicht der Liga der freien Wohlfahrtspflege einen Rechtsanspruch auf Einzelunterbringung haben. «Die Notunterkünfte sind mehr als ausgelastet durch die Abstandsregelung und zugleich gibt es Platz in leeren Hotels, Pensionen oder Jugendherbergen», sagte Landeschefin Ursel Wolfgramm. «Nur die Nutzung solcher Alternativen macht den effektiven Schutz für diesen Personenkreis möglich.» Die Sozialpädagogin verlangte auch, Notunterkünfte für den Winter weiter zu öffnen und auch tagsüber zugänglich zu machen.

HAUSTIERE: Infizierte Menschen können das Virus an ihre Haustiere weitergeben - aber die Tiere erkranken nicht daran. Dies teilte die Landesbeauftragte für Tierschutz, Julia Stubenbord, mit. Jetzt sei auch eine Chance, mehr Zeit mit seinem Haustier zu verbringen. «Nutzen Sie die Zeit, die Sie jetzt zu Hause verbringen müssen, sich mit ihrem Haustier zu beschäftigen.»

SUPERMÄRKTE: So mancher Supermarkt bietet Senioren und Menschen mit Behinderung in der Corona-Krise frühere Öffnungszeiten an. Seit Montag steht zum Beispiel das Sortiment vom Edeka Fleck im Stuttgarter Stadtteil Fasanenhof zwischen 7.00 und 8.00 Uhr nur Rentnern, Rollstuhlfahrern und anderen «Personen mit Handicap» zur Verfügung. Üblicherweise öffnet der Markt erst um 8.00 Uhr. Andere Supermarkt-Ketten bieten derlei Aktionen vorerst nicht an.
dpa/lsw
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