Rüstemeier, Fraktionschef der
CDU im Flensburger Rat, ist gegen den Zaun. Wie so viele in der Region.
Der 1,50 Meter hohe Zaun soll
Wildschweine an der deutsch-dänischen Grenze daran hindern, von Deutschland aus ins Nachbarland zu gelangen. Dänemark sorgt sich wegen der Krankheit um seine für den Export wichtigen Schweinezucht. Der Bau des Zauns wird unter anderem damit begründet, dass die starke
Bejagung in Deutschland zu einer
Abwanderung von Wildschweinen nach Dänemark führen könnte.
Das Projekt ist unter Fachleuten umstritten. Kritiker führen unter anderem an, dass sich das ASP-Virus vor allem durch
Tiertransporte, Jagdreisen und infizierte Lebensmittel ausbreite. Die europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit (
EFSA) kam in einem Gutachten zu dem Schluss, dass für die Prävention vorgesehene weitläufige Zaunanlagen einer wissenschaftlichen Grundlage entbehren.
Kommunalpolitiker Rüstemeier sagt, er könne die Sorgen der Dänen um die
Schweineproduktion nachvollziehen. Aber er glaube nicht, dass der Zaun die geeignete Maßnahme sei, um Dänemark frei von der
Seuche zu halten. Dafür könnte er aber andere Auswirkungen haben.
«Ich glaube, die Sichtbarkeit macht schon etwas mit den Menschen», sagt er und spricht damit aus, was viele in der Region denken. Es entspreche auch nicht dem europäischen Gedanken, als Staat zu sagen, man baue eine sichtbare Grenze. «Wir müssen eigentlich als Europäer gemeinsam dafür sorgen, dass sich die
Schweinepest nicht ausbreitet beziehungsweise ordentlich bekämpft wird.»
Von der
Tierseuche betroffen sind in Europa bislang vor allem osteuropäische Staaten, das Baltikum und Belgien, wo der
Erreger bei Wildschweinen nur etwa 40 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt nachgewiesen wurde. Dies geht aus dem Radar Bulletin hervor, das unter anderem vom Friedrich-Loeffler-Institut erstellt wird.
Bislang stehen etwa zehn Kilometer des Wildschweinzauns entlang der knapp 70 Kilometer langen Grenze. Nicht an einem Stück, sondern an verschiedenen Orten. Man sei im Plan, damit das Vorhaben wie angedacht bis November fertig sei, sagt Bent Rasmussen, der den Bau des Zauns bei der dänischen Naturverwaltung beaufsichtigt.
Rund zehn Kilometer vom Kollunder Wald und der Flensburger Förde entfernt wurde im Januar unter großem Medienrummel bei Ellund das erste Teilstück des Zauns errichtet. Einige hundert Meter Zaun stehen hier bereits. Eine Pforte ist ebenfalls eingebaut, auch wenn man noch problemlos um den Zaun herumgehen könnte. Und die Pforte eh nur von einem Acker auf den nächsten führt. In einiger Entfernung setzen Bauarbeiter weitere Pfosten für den Zaun.
Viele Menschen sind hier Anfang Mai nicht zu sehen. Doch sie haben den Zaun nicht vergessen, im Gegenteil. Das zuerst gebaute Teilstück ist geschmückt mit bunten Häkelblumen und Girlanden. Auf Zetteln stehen Botschaften wie «Grenzwertig» oder auch «Menneske er den største risiko» («Der Mensch ist das größte Risiko»).
Es ist das Werk einer Gruppe von Aktivisten beiderseits der Grenze. Auf Instagram posten sie unter «Wildschweinzaun_der_Liebe» Bilder der Blumen und Texte und rufen auf, «für grenzenlose Nachbarschaft» mitzumachen.
Den Weg über die EU hat indes Bo Håkansson gesucht. Er hat im Namen des dänischen Naturschutzverbands eine Petition gegen den Bau des Zauns beim Petitionsausschuss des EU-Parlaments eingereicht: Eine solche Maßnahme sei unverhältnismäßig und könne einen Eintrag der ASP nach Dänemark nicht verhindern, heißt es darin.
Zudem laufe sie dem EU-Ziel zuwider, die Landschaftszerschneidung in Europa zu reduzieren. Die Ausschussvorsitzende Cecilia Wikström erklärte nach der Debatte, es gehe in Europa nicht darum, Mauern oder Zäune zu bauen, sondern Brücken. «Wir schreiben an die dänischen Behörden und fordern eine sofortige Einstellung beim Bau des Zaunes.»
Flensburgs Kommunalpolitiker treibt neben den großen europäischen Gedanken und der Symbolik des Zauns noch eine andere Frage um, mit der sich eventuell zumindest der Verlauf des Zaunes am Kollunder Wald beeinflussen ließe. Konkret geht es um rund 600 Meter Zaun im und am Wald. Zudem soll das Bauwerk hier 30 bis 50 Meter in die Förde hineinragen.
Als Hebel für Verhandlungen sieht Flensburg eine Grunddienstbarkeit, die sich die Stadt als damaliger Eigentümer des Waldes bei dessen Verkauf 2006 an Dänemark gesichert hat. Bedingung für den Verkauf sei gewesen, dass im Kollunder Wald nicht ohne Zustimmung der Stadt Flensburg gebaut werden darf.
Mit deutlicher Ratsmehrheit wurde kürzlich Oberbürgermeisterin Simone Lange (
SPD) aufgefordert, diese Grunddienstbarkeit gegenüber Dänemark geltend zu machen und eine Trassenführung um den Wald herum zu verhandeln. «Ich bin zumindest der Meinung, dass wir versuchen sollten, diese Veränderung der Route hinzubekommen», sagt Rüstemeier.
Rasmussen von der dänischen Naturverwaltung hält sich aus der Causa Kollunder Wald heraus. «Das ist eine politische Angelegenheit. Als Zuständiger für den Bau ist es nicht meine Aufgabe, die politische Situation zu kommentieren», sagt er. Gebaut worden sei hier noch nicht. «Wir haben im Kollunder Wald noch nicht begonnen, und wir werden es auch nicht tun, bis die Situation gelöst ist.»