Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hat die Brüsseler Behörde in der vergangenen Woche aufgefordert, für mehr Transparenz zu sorgen und die Grundlagen der Novelle zu veröffentlichen. „Bislang wurden nur wenige Organisationen in die Pläne eingeweiht“, erklärte AbL-Gentechnikreferentin Annemarie Volling.
Deswegen müssten die im Gesetzgebungsprozess vorgeschriebenen Konsultationen wiederholt werden. Vor kurzem hatte bereits die Europäische Koordination Via Campesina (ECVC) kritisiert, dass die Konsultation einseitig auf eine Deregulierung der geltenden Vorschriften ausgerichtet sei.
Nach Angaben der AbL werden in bisher internen Papieren der Kommission Szenarien zur Abschaffung der Risikobewertung, der
Rückverfolgbarkeit, der Transparenz sowie der Kennzeichnungs- und Nachweispflicht dargestellt. „Setzt sich die Kommission mit diesen Plänen durch, wäre das
Gentechnik durch die Hintertür“, so Volling.
Mit neuen Verfahren erzeugte Pflanzen wären nicht mehr erkennbar und kämen „ungeprüft und unreguliert auf europäische Äcker und Teller“. Der AbL zufolge wäre damit das Ende der gentechnikfreien Erzeugung und der Wahlfreiheit für die Verbraucher gekommen. Kritik an der
EU-Kommission äußerte auch die britische Nichtregierungsorganisation „GMWatch“, die nach eigenen Angaben die Teilnahme an der Konsultation verweigert hat.
Zur Begründung hieß es, dass die Auswahl der befragten Interessenvertreter nicht transparent gewesen sei. Es gebe mehrere renommierte Organisationen und Experten, die nicht einbezogen worden seien. Auch nach Ansicht von GMWatch ist die Konsultation stark auf eine Deregulierung ausgerichtet.
Bundesregierung soll Wahlfreiheit sichernDie AbL wendet sich auch gegen die Nachhaltigkeitsbewertung, die nach Verbandsangaben parallel zur Überarbeitung des Gentechnikrechts eingeführt werden soll. In der Folge würden neben der
Risikobewertung zusätzlich auch Nachhaltigkeitskriterien in die Bewertung von Gentechnik-Pflanzen einbezogen.
Diese Verquickung sei kontraproduktiv und werde das Vorsorgeprinzip „relativieren und torpedieren“, so Vollings Einschätzung. Sie räumt zwar ein, dass gesetzlich abgesicherte Nachhaltigkeitskriterien für Lebensmittelprodukte hilfreich sein können; Voraussetzungen seien aber ein unabhängiges und eigenständiges Regel- und
Prüfsystem, wissenschaftliche Grundlagen und eine umfassende Betrachtung.
„Bisher sind angeblich nachhaltige neue Gentechnik-Pflanzen reine Industrieversprechen“, so die Gentechnikreferentin. Keinesfalls dürfe eine Nachhaltigkeitsbewertung die Gentechnikregulierung aushebeln. Die AbL forderte
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf, bei der EU-Kommission für Transparenz zu sorgen und gegen die aktuellen Pläne vorzugehen. Die Minister müssten sich „klar für eine Regulierung aller neuen und alten Gentechnikverfahren“ einsetzen.
AgE