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26.02.2013 | 11:45 | Lebensmittelkennzeichnung 

Lebensmittel-Skandale: Ruf nach mehr Kontrolle

Berlin/Brüssel - Während die EU-Landwirtschaftsminister in Brüssel über den Pferdefleisch-Skandal berieten, hat in Deutschland wegen falsch deklarierter Bio-Eier eine Debatte um wirksame Lebensmittelkontrollen an Fahrt gewonnen.

Lebensmittelkontrolle
(c) Andreas F. - fotolia.com
Millionen Eier vor allem aus Niedersachsen sollen als Bio-Eier verkauft worden sein, obwohl sie nicht vorschriftsgemäß produziert wurden. Bei dem EU-Treffen pochte Deutschland auf eine rasche Änderung der EU-Regeln zur Etikettierung von verarbeiteten Lebensmitteln. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) will, dass das Herkunftsland von Fleisch auf der Packung steht.

Bisher gibt es solche Regeln nur für frisches Rindfleisch, für andere Fleischarten sind sie geplant. Unterdessen fand Ikea Pferdefleisch in seinen Fleischbällchen und stoppte den Verkauf der beliebten «Köttbullar» in zahlreichen Ländern.

«Für mich ist klar, dass die Kennzeichnung für alle Fleischarten gelten und das Land der Aufzucht auf der Verpackung stehen muss», teilte Aigner beim Treffen der EU-Landwirtschaftsminister am Montag mit. EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg reagierte zurückhaltend. An dem Skandal um die Umdeklarierung von Pferdefleisch zu Rind hätte auch eine genauere Ausweisung nichts geändert. Ein bewusste Fehlinformation über die Fleischart sei nicht zu verwechseln mit der fehlenden Nennung des Herkunftslandes.

Aigners österreichischer Amtskollege Niki Berlakovich schlug einen «europäischen Reisepass für Lebensmittel» vor, um Lebensmittel auszuweisen. «Wenn man sieht, dass heute Fleisch durch halb Europa reist, um in einem Lebensmittel wieder anzukommen, da haben die Konsumenten ein Recht darauf zu wissen, woher das Fleisch kommt.»

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Europaparlament, Rebecca Harms, sah die Skandale um Pferdefleisch und Eier im System begründet. Die globalen Lieferketten seien zu lang für wirkliche Kontrolle, zudem sei der Preisdruck stark. Sie forderte, es solle weniger Geld aus europäischen Töpfen direkt an Bauern gehen und mehr zum Beispiel in die Förderung regionaler Erzeugnisse.

Bei dem Betrug mit Bio-Eiern sieht Aigner besonders die Länder in der Verantwortung. «Die Kontrollen, für die die Länder ja zuständig sind, können nicht nur vom Schreibtisch aus durchgeführt werden, sondern man muss sich natürlich die Betriebe auch mal vor Ort anschauen», sagte Aigner in Brüssel. Weiter erklärte sie: «Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, geht es hier um Betrug im großen Stil: Betrug an den Verbrauchern, aber auch Betrug an den vielen Bio-Landwirten in Deutschland, die ehrlich arbeiten.»

Auch FDP und Grüne forderten schärfere Kontrollen und eine Zählung der Tiere. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber forderte länderübergreifende Aufklärung. Aigner müsse sich für eine zentrale Steuerung einsetzen. Der Tierschutzbund schlug eine Sonderkommission von Bund und Ländern zur Aufklärung des Ei- und Legehennen-Skandals vor. Für die Lebensmittelüberwachung sind die Bundesländer zuständig.

Für schlagkräftigere Lebensmittelkontrollen in Deutschland ist aus Sicht des Berufsverbands mehr Personal nötig. Teils sei ein Prüfer für 1.200 Betriebe zuständig. «Dadurch können wir nicht den spürbaren Überwachungsdruck auf die Branche ausüben, der notwendig wäre», sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Lebensmittelkontrolleure, Martin Müller, der «Welt» (Dienstag). Für eine wirksame Kontrolle seien statt der aktuell 2.400 Prüfer bundesweit mindestens 4.000 Kontrolleure erforderlich. Auch der Beamtenbund forderte die Einstellung von mehr Kontrolleuren.

Betrügereien bei der Hühnerhaltung und Eier-Kennzeichnung sind nach Angaben der Ermittler weit verbreitet. «Es scheint relativ flächendeckend Praxis gewesen zu sein», sagte der Leiter der Oldenburger Staatsanwaltschaft, Roland Herrmann, der Nachrichtenagentur dpa. Seine Behörde ermittelt gegen etwa 150 Betriebe in Niedersachsen. Etwa 50 weitere Verfahren seien in andere Bundesländer abgegeben worden.

Die Behörden ermitteln wegen möglicher Verstöße gegen das Lebensmittel- und das Futtermittelgesetzbuch sowie das ökologische Landbaugesetz. Verstöße könnten mit Geld- und Haftstrafen von bis zu einem Jahr geahndet werden. Auch Betrugsvorwürfe müssten geprüft werden.
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