Zu diesem Ergebnis kommt der Europäische
Rechnungshof (EuRH) in seinem am Montag vergangener Woche (21.6.) in Luxemburg veröffentlichten Sonderbericht „Landwirtschaft erhält Hälfte der Klimaschutzausgaben der EU, aber Emissionen gehen nicht zurück“. Der Hof stellt darin fest, dass in der GAP-Förderperiode über ein Viertel aller EU-Agrarausgaben - nämlich mehr als 100 Mrd. Euro - in den
Klimaschutz geflossen sein sollen, die Treibhausgas-(THG)-Emissionen der Landwirtschaft seit 2010 aber nicht gesunken seien.
Die Hauptprobleme sehen die Prüfer darin, dass die meisten der von der
GAP geförderten Maßnahmen nur ein geringes Klimaschutzpotential hätten. Ferner habe die jüngste Reform auch keine Anreize für wirksame klimafreundliche Verfahren geboten.
Laut Bericht entfällt rund die Hälfte der THG-Emissionen aus der Landwirtschaft auf die Tierhaltung. Auch hier hätten die Emissionen seit 2010 stagniert. Diese stünden in direktem Zusammenhang mit der Größe des Viehbestandes, und zwei Drittel davon stammten aus der Rinderhaltung.
Würden die THG-Emissionen aus der Herstellung und dem Import von Tierfutter hinzugerechnet, wäre der Anteil der Tierhaltung an den gesamten landwirtschaftlichen Emissionen noch höher, so der Luxemburger Hof.
Wie er zudem feststellt, zielt die GAP jedoch weder darauf ab, den Viehbestand zu begrenzen, noch biete sie den Landwirten entsprechende Anreize. Im Gegenteil fördere die
EU-Agrarpolitik sogar den Absatz tierischer
Erzeugnisse, deren Verzehr seit 2014 nicht zurückgegangen sei.
Mehr Emissionen wegen Ökolandbau?
Die THG-Emissionen, die auf den Einsatz von
Mineraldünger und
Wirtschaftsdünger zurückzuführen sind und die fast ein Drittel der Gesamtemissionen aus der Landwirtschaft ausmachten, seien zwischen 2010 und 2018 sogar gestiegen, so der EuRH. Zwar seien mit der GAP-Maßnahmen gefördert worden, um den Einsatz von Düngemitteln zu reduzieren, wie etwa der
Ökolandbau oder der Leguminosenanbau. Die betreffenden Auswirkungen auf die THG-Emissionen sind laut EuRH jedoch unklar.
Er mutmaßt, dass die Ausweitung des Ökolandbaus dazu geführt habe, dass konventionell wirtschaftende Landwirte mehr produziert und entsprechend mehr Mineraldünger eingesetzt hätten. Empfohlen wird von den Rechnungsprüfern daher die Förderung von Verfahren, die nachweislich wirksamer seien. Sie nennen hier unter anderem die
Präzisionslandwirtschaft, bei der die Düngemittelmenge an den Bedarf der Pflanzen angepasst werde. Allerdings, so die Kritik aus Luxemburg, würden entsprechende Techniken „leider kaum finanziell gefördert“.
Förderung klimafeindlicher Maßnahmen
Zudem wird in dem Rechnungshofbericht beklagt, dass die GAP noch klimafeindliche Maßnahmen fördere, indem Zahlungen an Landwirte gingen, die entwässerte Torfflächen nutzten. Dem EuRH zufolge machen solche Flächen zwar weniger als 2 % der landwirtschaftlichen Fläche in der EU aus, durch ihre Nutzung würden aber 20 % der
Treibhausgase der EU-Landwirtschaft verursacht.
Aus Mitteln für die Entwicklung des ländlichen Raums hätte die Wiederherstellung von Torfflächen gefördert werden können. Dies sei jedoch nur selten der Fall gewesen, so die EU-Rechnungsprüfer. Kritisiert wird außerdem, dass die GAP-Unterstützung für Maßnahmen zur Kohlenstoffbindung wie Aufforstung, Agroforstwirtschaft oder Umwandlung von
Ackerland in Grünland sich im Vergleich zum vorherigen Förderzeitraum 2007 bis 2013 nicht erhöht habe. Im EU-Recht werde zudem das Verursacherprinzip derzeit nicht auf
Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft angewendet.
Kaum Anreize durch Greening
Schließlich wird in dem Report auch kritisch hervorgehoben, dass sich die Cross-Compliance-Vorschriften und die Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums im Vergleich zum GAP-Förderzeitraum 2007 bis 2013 kaum verändert hätten, obwohl sich die EU ehrgeizigere
Klimaziele gesetzt habe. Die Greening-Maßnahmen, mit denen die Umweltleistung der GAP habe verbessert werden sollen, hätten den Landwirten keine Anreize für wirksame klimafreundliche Maßnahmen geboten. Die Auswirkungen dieser Regelungen auf das Klima seien „nur marginal“ gewesen.
Das für den Bericht zuständige EuRH-Mitglied Viorel Ştefan hob anlässlich der Vorlage des Berichts die „entscheidende Rolle“ der EU bei der Eindämmung des Klimawandels hervor. Er begründete dies damit, dass in Brüssel die Umweltstandards festlegt und von der Gemeinschaft die meisten Agrarsubventionen gewährt würden.
Mit dem Bericht wolle der EuRH die EU dabei unterstützen, ihr Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Ştefan betonte, bei der anstehenden GAP-Reform müsse mehr Gewicht auf die Verringerung landwirtschaftlicher Emissionen gelegt werden. Zudem müsse transparenter dargelegt werden, was die
Agrarpolitik konkret zum Klimaschutz beitrage.
Stimmungsmache?
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament,
Martin Häusling, sieht sich durch den Bericht in seiner Haltung bestätigt. Er erinnerte daran, dass die
Klimapolitik der EU eine Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% gegenüber dem Stand von 1990 einfordere. Mit der Verabschiedung der
Verordnung zur Anrechnung der Emissionen aus
Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) 2017 sollten diese Sektoren in den neuen Rahmen für die Energie- und Klimapolitik der EU für den Zeitraum 2012 bis 2030 einbezogen werden. „Dass die Maßnahmen der letzten GAP-Periode hier offensichtlich nichts bewirkt haben, zeigt der Bericht des EuRH ganz klar“, so Häusling.
Derweil warf die CSU-Europaabgeordnete
Marlene Mortler dem Europäischen Rechnungshof vor, den Bericht ausgerechnet kurz vor den Trilog-Gesprächen zur GAP-Reform vorgelegt zu haben. Sie sei „zornig und traurig zugleich“ über diesen veröffentlichten Sonderbericht.
„Ist es ein Zufall oder nicht, dass kurz vor dem Abschluss wichtiger GAP-Triloge einseitig in Brüssel Stimmung gegen die Landwirtschaft gemacht wird“, fragte Mortler. In Deutschland zumindest nehme die
Nutztierhaltung beständig ab und die Zahl der
Ökobetriebe steige gleichzeitig kontinuierlich, stellte die CSU-Politikerin in dem Zusammenhang fest.