Lebensmittel könnten dadurch aber teurer werden. Bundesagrarministerin Ilse
Aigner (CSU) bekannte sich vor Beginn der weltgrößten Agrarmesse
Grüne Woche in Berlin zu mehr Tierschutz und
Nachhaltigkeit in der Branche. Der
Bauernverband sieht dafür auch die Verbraucher in der Verantwortung, die nicht nur auf billige Preise setzen sollten. Die Geschäftslage der deutschen Landwirte ist nach einem guten Jahr 2011 weiterhin freundlich.
Aigner sagte am Donnerstag, ihr Leitbild sei «eine ökologisch tragfähige, ökonomisch existenzfähige, sozial verantwortliche und Ressourcen schonende Wirtschaftsweise». So solle etwa der Verbrauch wertvoller
Agrarflächen reduziert werden.
«Das Tierwohl werden wir stärken und dem Verbraucher in seinen Wahlmöglichkeiten bei Lebensmitteln über mehr Transparenz eine klare Orientierung bieten», sagte die Ministerin bei der Vorstellung einer «Charta für Landwirtschaft und Verbraucher», die nach Gesprächen mit der Branche, Umweltverbänden und anderen gesellschaftlichen Gruppen entstand.
Aigner betonte, dass sie sich auf EU-Ebene für eine einheitliche Kennzeichnung von Produkten einsetzen wolle, die besondere Standards für tiergerechte Haltung erfüllten. Zudem gelte es, die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu sichern und die Rohstoffspekulation einzudämmen. Dies ist auch Thema eines internationalen Agrarminister- Treffens an diesem Samstag am Rande der Messe.
Die 77. Grüne Woche sollte am Donnerstagabend eröffnet werden. Am Freitagmorgen öffnen die Hallen für das Publikum. Zur weltgrößten Schau der Agrar- und Ernährungswirtschaft mit gut 1.600 Ausstellern werden mehr als 400.000 Besucher erwartet. Partnerland ist in diesem Jahr Rumänien.
Die Stimmung der deutschen Bauern ist so gut wie lange nicht. Das
Konjunkturbarometer des Bauernverbands erreichte im Dezember einen Spitzenwert. So benoteten die Landwirte ihre aktuelle wirtschaftliche Lage auf einer Notenskala von 1 bis 5 im Schnitt mit 2,72. Das ist so positiv wie bislang nur im Frühjahr 2008. Gute Ernteergebnisse sowie die Entwicklung der Fleisch- und Futtermittelpreise besserten die Stimmung auf.
Der Öko-Beauftragte des Verbands, Heinrich Graf von Bassewitz, appellierte an die Supermarktkunden. «Die Verbraucher, die sich heute über die sogenannte Massentierhaltung beschweren, haben mit ihrem Kauf von Billig-Lebensmitteln und ihrer extremen Preisbewusstheit letztlich genau diese Art der Landwirtschaft vorangetrieben», sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Donnerstag). Langfristig seien steigende Preise zu erwarten, sagte Aigner in der ARD.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf der Ministerin vor, die Systemfragen der Massentierhaltung nicht anzupacken. «Mehr Kontrollen sind nur Scheinmaßnahmen», sagte Künast der Nachrichtenagentur dpa. Quälerische Haltungsformen seien zu verbieten.
Fördergelder dürfe es nur geben, wenn Mindeststandards für Tier- und Umweltschutz gewahrt seien. Fleisch zu Dumpingpreisen bedeute, dass artgerechte Haltung unmöglich sei und Tiere massiv mit
Antibiotika versorgt würden.
Alternative Agrarverbände warnten vor verheerenden Folgen der wachsenden Exportorientierung der deutschen Landwirtschaft. «Das Gerede von der Verantwortung für die Ernährung der Weltbevölkerung ist billiges Gerede», sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Hubert Weiger.
«Die Not der Menschen wird benutzt, um Milliarden zu verdienen.» Flächen in Entwicklungsländern würden zerstört, um dort billiges Futter für Tiere in «Agrarfabriken» auch in Deutschland zu produzieren. Die deutschen Agrarexporte waren 2011 um zehn Prozent auf rund 59 Milliarden Euro gewachsen. (dpa)