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02.04.2023 | 03:18 | Nährstoffsituation 

Nährstoffbericht Niedersachsen unterstreicht trotz Erfolgen weiteren Handlungsbedarf

Hannover - Die Nährstoffsituation zwischen Ems und Elbe hat sich zuletzt positiv entwickelt. Gleichwohl besteht weiterhin Handlungsbedarf, insbesondere in einigen Problemregionen.

Nährstoffbericht Niedersachsen
Stickstoffsaldo um 16.219 Tonnen gesunken - Geringere Gülleverbringung und Veränderung der Tierbestände wirken sich auf Dung- und Gärresteanfall aus. (c) proplanta

Das zeigt der zehnte Nährstoffbericht für Niedersachsen, den Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte am Mittwoch (29.3.) gemeinsam mit Vertretern der Landwirtschaftskammer vorgestellt hat. Laut dem Bericht ist im Wirtschaftsjahr 2021/22 der Stickstoffsaldo landesweit nochmals deutlich gesunken, und zwar um 16.219 t.

In neun Landkreisen liegt jedoch nach wie vor eine rechnerische Überschreitung des in der Düngeverordnung angesetzten Düngebedarfs der Pflanzen vor. Zudem wirken sich neben einer geringeren Gülleverbringung durch hohe Transportkosten infolge des Ukraine-Krieges auch der Rückgang der Rinder- und Schweinebestände sowie der Anstieg der Geflügelzahlen aus. In der Summe ist der Dung- und Gärresteanfall aus der Tierhaltung und aus Biogasanlagen erneut leicht um rund 0,6 Mio. t oder 1,1 % auf 54,0 Mio. t gesunken.

Auch der Mineraldüngerabsatz ist niedersachsenweit laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zurückgegangen, nämlich um rund 20 .000 t. Bei Phosphat wurde landesweit ein Überschuss von rund 20.000 t ermittelt. Gegenüber dem vorherigen Bericht verringerte sich dieser Überschuss durch den Rückgang der organisch aufgebrachten Mengen sowie der mineralischen Mengen um rund 2.684 t Phosphat. Kaum Veränderungen zeigt der aktuelle Nährstoffbericht gegenüber dem Vorjahreszeitraum bezüglich der Nährstoffbelastung in den Grund- und Oberflächengewässern. So liegen bei 28 % der 167 Grundwassermessstellen die Werte oberhalb von 50 mg Stickoxid pro Liter.

Handlungsbedarf bei Oberflächengewässern

Für Staudte zeigt der Nährstoffbericht, dass Niedersachsen in einigen Regionen immer noch vor Problemen steht und trotz richtiger Trends noch nicht am Ziel ist. Handlungsbedarf sieht die Grünen-Politikerin vor allem bei Oberflächengewässern und den Phosphatüberschüssen. „Phosphor ist ein endlicher Rohstoff, und die Auswirkungen des Abbaus auf die Umwelt und die Gesundheit der Beschäftigten sind in vielen Teilen der Welt problematisch“, erklärte die Ministerin. Sie plädierte für einen sorgsameren Umgang mit knappen Ressourcen.

Staudte versprach außerdem, die Kritik der Landwirtschaft aufzugreifen und „ein verursachergerechtes System in der Landesdüngeverordnung“ zu integrieren. Damit solle eine effektive und zielgerichtete Bewertung und Kontrolle der ordnungsgemäßen Düngung in den Fokus rücken. „Auf Bundesebene werde ich mich dafür einsetzen, dass zukünftig auch der Düngemittelabsatz beim Mineraldünger erhoben werden darf“, so die Ministerin. Seitens der CDU-Landtagsfraktion betonte Hartmut Moorkamp die positive Entwicklung der Nährstoffsituation. Er hält es für bemerkenswert, dass sich der Mineraldüngerabsatz innerhalb von weniger als zehn Jahren fast halbiert habe und mittlerweile sogar unter Bedarf gedüngt werde.

Scharfe Kritik aus dem Berufsstand

Der Präsident des Landvolks Niedersachsen, Dr. Holger Hennies, sieht indes im Nährstoffbericht die Anstrengungen der Landwirtschaft nicht genug honoriert. „Für den Landesbauernverband ist es mehr als enttäuschend, dass nicht mit einem Wort darauf eingegangen wird, wie die Erfolge vieler Betriebe im Gewässerschutz jetzt endlich durch unbedingt erforderliche Anpassungen im Düngerecht honoriert werden können“, kritisierte Hennies. Nach seinen Worten ist der Landvolkverband „empört, dass hier die Landwirtschaftskammer und das Landwirtschaftsministerium nur eine Chronistenrolle übernehmen und nebulös erst für die kommenden Jahre ein verursachergerechtes System in der Landesdüngeverordnung ankündigen“.

Keine Ausnahmen

Nach Einschätzung des Landvolkpräsidenten zeigen die jetzt schon veralteten Zahlen, dass in weiten Teilen des Landes die Stickstoffdüngung unter dem Druck des Gewässerschutzes und zusätzlich angetrieben durch die Energiekrise auf ein Niveau zurückgefahren wurde, „das uns große Sorgen bereitet“. Vor allem in den Roten Gebieten sieht das Landvolk für die Landwirte „keinerlei Perspektiven, die der Bericht hätte aufzeigen können“.

Für Hennies ist aus den Zahlen ersichtlich, wie stark die Stickstoffdüngung weit unter den Bedarf der Pflanzen zurückgefahren wird. Aber so sehr sich die Betriebe auch bemühten, gebe es keine erkennbaren Anstrengungen der Landesregierung, den Forderungen aus dem Berufsstand nachzukommen, bei nachweislich besonders gewässerschützender Bewirtschaftung mehr Flexibilität oder sachgerechte Ausnahmen zuzulassen.

Erhalt des Humusgehalts nicht mehr sichergestellt

Bezüglich des Phosphatanfalls aus der Tierhaltung gab der Landesbauernverband zu bedenken, dass die dokumentierten Überschüsse angesichts der seit dem Stichtag 1. Januar 2022 eingetretenen Betriebsaufgaben insbesondere in der Schweinehaltung inzwischen nochmals geringer ausfallen dürften. Das Landvolk erwartet für das noch nicht berücksichtigte Wirtschaftsjahr 2022/23 landesweit bei Stickstoff ein so tiefes Niveau, dass es an vielen Standorten nicht mehr ausreiche, den Erhalt des Humusgehalts im Boden sicherzustellen.

„Wenn wir dies weiter zulassen, dann treiben wir unsere Höfe nicht nur in eine Spirale der abnehmenden Bodenfruchtbarkeit und existenzbedrohender Mindererträge, sondern werden in Folge des Düngerechts auf unseren Ackerflächen durch erzwungenen Humusabbau klimaschädliches CO2 freisetzen“, stellte Hennies klar.

ISN: Ausstiegswelle in der Schweinehaltung

Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) mahnte ebenfalls, die „große Leistung“ der Landwirte, den Nährstoffüberschuss kontinuierlich zu reduzieren und nun komplett abzubauen, anzuerkennen. Allerdings mache das verminderte Nährstoffaufkommen auch deutlich, mit welcher Geschwindigkeit die Ausstiegswelle in der Schweinehaltung in Niedersachsen rolle. Für die ISN ist es nun wichtig, nicht mit weiteren rechtlichen Einschränkungen über das Ziel hinauszuschießen. Stattdessen müssten die betrieblichen und überbetrieblichen Nährstoffkreisläufe unterstützt werden.

Schweinezahlen spiegeln nicht die Realität wider

Das Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland (AEF) wies darauf hin, dass die negative Entwicklung der Schweinehaltung in den niedersächsischen Veredlungsregionen seit Ausbruch der Corona-Pandemie und dem Auftreten der Afrikanischen Schweinepest (ASP) im vorgelegten Nährstoffbericht noch nicht zum Ausdruck komme. Steigende Futtermittel- und Energiekosten seit Beginn des Ukraine-Konfliktes hätten die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zudem nochmals verschlechtert.

Die dem Nährstoffbericht zugrundeliegenden Schweinezahlen aus den Daten der Tierseuchenkasse spiegelten die Realität jedoch nur eingeschränkt wider, erklärte das AEF. Im Bericht werde von einer Vollbelegung der Mastplätze und kontinuierlichen Umtrieben ausgegangen. Dabei belegten verringerte Schlachtzahlen und die Reduktion der Futtermittelproduktion eindeutig geringere Schweinebestandszahlen, so das Forum. Zudem erkläre dies die rückläufigen Wirtschaftsdüngertransporte in die Ackerbauregionen. Das AEF geht aufgrund dieser Entwicklungen künftig von einem weiter sinkenden Nährstoffanfall aus.

AgE
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