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11.02.2014 | 18:07 | Genmais 1507 

Neuer Genmais vor der Zulassung in Europa

Brüssel - Eine neue genmanipulierte Maissorte könnte demnächst auf Europas Feldern angebaut werden: Viele EU-Länder sind zwar gegen die Zulassung. Aber die nötige Stimmenzahl gegen die Anbau-Genehmigung kam nicht zustande. Doch es gibt ein Hintertürchen für die Staaten.

Genmais 1507
(c) proplanta
Der umstrittene Genmais 1507 wird mit großer Wahrscheinlichkeit für den Anbau in Europa zugelassen. Zwar sprachen sich bei einem Treffen der EU-Europaminister am Dienstag in Brüssel 19 der 28 Teilnehmer gegen die Genehmigung aus.

Allerdings kam dabei nicht die nötige Stimmenzahl für eine Ablehnung zusammen. Damit liegt die Entscheidung bei der EU-Kommission. Der zuständige Gesundheitskommissar Tonio Borg erklärte, er sei für die Zulassung. Die Kommission werde den Vorschlag nun nach ihren «eigenen internen Verfahren» annehmen. Diplomaten erläuterten, dass dafür eine Mehrheit unter den EU-Kommissaren erforderlich sei.

Der genveränderte Mais der US-Saatgutfirma Dupont Pioneer ist resistent gegen bestimmte Pflanzenschutzmittel und Mottenlarven. Zur Verwendung als Lebens- und Futtermittel ist er bereits erlaubt. Kritiker sehen beim Anbau Gefahren für die Umwelt und die Vielfalt der Natur.

Deutschland enthielt sich wie angekündigt der Stimme. «Es gibt in der Bundesregierung ganz unterschiedliche Auffassungen», sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, zur Begründung. Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will den Genmais 1507 trotz der zu erwartenden Zulassung in der EU von deutschen Feldern fernhalten. «Ich hoffe, dass es uns gelingt, mit einer Ausstiegsklausel den Anbau in Deutschland zu verhindern», sagte Friedrich in Berlin. «Ich bin jedenfalls sehr optimistisch.»

Er gehe davon aus, dass die EU-Kommission demnächst den Anbau in Europa zulassen werde. «Ich bedauere das sehr.» Friedrich betonte aber: «Selbst wenn wir mit Nein gestimmt hätten, wäre keine qualifizierte Mehrheit gegen den Anbau zustande gekommen.» Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bedauerte die Meinungsverschiedenheiten in der Bundesregierung. «Ich bin als Umweltministerin gegen die Zulassung von Genmais», sagte sie der «Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung» (Mittwoch).

Die Umweltorganisation Greenpeace forderte ein nationales Anbauverbot. «Nur so ist sichergestellt, dass diese Pflanze nicht auf unsere Äcker kommt», sagte Dirk Zimmermann von Greenpeace. Bisher können EU-Staaten den Anbau von Genpflanzen nur verbieten, falls Gefahr für Gesundheit oder Umwelt droht. Die EU-Kommission will das Verfahren reformieren und den Staaten mehr Spielraum für nationale Verbote geben.

Mehrere EU-Minister zeigten sich in der öffentlichen Debatte frustriert über das Entscheidungsverfahren, die ungarische Staatssekretärin Eniko Gyori sprach von einer «absurden Situation». Denn eine deutliche Mehrheit von EU-Staaten war gegen die Zulassung - allerdings reichte dies nicht für ein Nein. «Für die Frage der Glaubwürdigkeit der EU-Institutionen (wäre es) sehr fatal, wenn eine Entscheidung getroffen wird, obwohl eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten dagegen ist», warnte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz. Das könne die Politik ihren Wählern nicht erklären, sagte der französische Minister Thierry Repentin.

EU-Kommissar Borg hielt dagegen: «Ich weiß, dass das eine heiße politische Kartoffel ist.» Aber die Entscheidung sei nun einmal nach den bestehenden Regeln gefallen. Auch der juristische Dienst des Rates bekräftigte, die Kommission müsse nun gemäß ihres früheren Vorschlags grünes Licht geben - es sei denn, es tauchten etwa unerwartet neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf. «Wenn es völlig neue Belege zu diesem Thema gäbe, würde ich diese natürlich nicht ignorieren», sagte Borg, der keine zeitliche Prognose zur Genmais- Zulassung abgab: «Ich bin sehr vorsichtig damit, Zeitpläne zu nennen.»

Nur fünf Staaten (Großbritannien, Schweden, Finnland, Estland und Spanien) votierten für die Anbaugenehmigung. Doch die Länder haben bei derartigen Abstimmungen unterschiedlich viel Gewicht - die genaue Anzahl der jeweiligen Stimmen hängt von der Bevölkerung ab. Deutschland gehört mit 29 von insgesamt 352 Stimmen zu den Schwergewichten. Doch die Bundesregierung enthielt sich ebenso wie Tschechien, Belgien und Portugal.

Der Gentechnik-Experte der Grünen im Bundestag, Harald Ebner, griff Kanzlerin Angela Merkel wegen der Enthaltung an. «Offenbar waren ihr aber Rücksicht auf die Gentech-Lobby und gute Stimmung für die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit den USA wichtiger als die Interessen der Menschen in Europa.» (dpa)
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