Das hat der Grünen-Politiker am Dienstag (20.9.) in einer Regierungsbefragung im
Bundestag bekräftigt. Özdemir berichtete, dass sich die Bundesregierung zu Fragen der Düngemittelversorgung in einem engen Austausch mit der Landwirtschaft, dem Landhandel und der Düngemittelindustrie befinde.
Zugleich räumte der Minister ein, dass die Entwicklung der Verfügbarkeit, aber natürlich auch der Preise für landwirtschaftliche Düngemittel - „die sind ja ganz entscheidend“, im kommenden Jahr logischerweise nicht zuletzt vom Fortgang des Krieges in der Ukraine abhänge. Der agrarpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Protschka, bekräftigte indes seine Forderung an die Bundesregierung, die systemrelevante Düngemittelproduktion hierzulande sicherzustellen.
Sollte es beim Produktionsstopp der SKW Stickstoffwerke Piesteritz bleiben, befürchtet Protschka „dramatische Versorgungsengpässe“ bei Düngern sowie bei den dabei entstehenden Nebenprodukten
CO2 und AdBlue. Derweil prüft die bayerische Staatsregierung aktuell den Einsatz von
Kohlendioxid aus der Zementproduktion im Lebensmittelbereich. Das gab Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger am Montag (19.9.) im Anschluss an eine Kabinettssitzung in München bekannt, bei der die Landesregierung ein umfangreiches energiepolitisches Forderungspaket an die Bundesregierung adressierte.
„Energie ist heute weder bezahlbar noch sicher“, betonte der stellvertretende Ministerpräsident und forderte den Bund auf, „endlich die hausgemachten Treiber wie die Steuern im Energiesektor zu reduzieren“. Aiwanger erwartet aus einer solchen Maßnahme einen unmittelbaren Effekt. Unterdessen warnte der Industrieverband Garten (IVG) vor Engpässen bei Harnstoff und forderte die Politik auf, „dringend und schnell“ zu handeln.
Aiwanger will Sofortprogramm
Der bayerische Wirtschaftsminister kritisierte zudem, dass es Berlin bislang versäumt habe, die Gasmangellage effizient zu bewirtschaften. Aus seiner Sicht ist es deshalb „höchste Zeit“, die Gas-Notfallstufe auszurufen. Damit könnten etwa die Engpässe bei CO2 und Kohlensäure angegangen werden. Beide Stoffe seien essentiell für die Lebensmittelbranche. Außerdem rief der Freistaat den Bund auf, Verbraucher und Unternehmen von den gestiegenen Strom- und Energiepreisen zu entlasten.
Aiwanger mahnte, dass für viele mittelständische
Betriebe das wirtschaftliche Überleben „nur noch eine Frage weniger Wochen“ sei. „Sie haben Weltkriege und Inflation überstanden, die Energiepolitik dieser Bundesregierung überleben sie aber vielleicht nicht“, so der Freie-Wähler-Politiker. Er forderte ein Sofortprogramm, um die Preise spürbar und dauerhaft zu senken.
Harnstoffpreis versechsfacht
Nach Einschätzung des IVG steuert der Düngemittelmarkt auf „dramatische“ Preissteigerungen und Engpässe zu. Insbesondere die Verfügbarkeit von Harnstoff sei derzeit für deutsche Produzenten „stark eingeschränkt und finanziell kaum noch abbildbar“. IVG-Gartenbaureferent Robert Scheuß stellte klar, dass die Situation für die Hersteller „dramatisch“ sei; „wir befinden uns in einer nie dagewesenen Krise“.
Nach seinen Worten besteht das Risiko, dass durch die Produktionsrückgänge und -einschränkungen in näherer Zukunft kein Harnstoff mehr verfügbar ist, da auch die
Lagerbestände der
Düngemittelhersteller bereits größtenteils aufgebraucht sind. Noch erhältlicher Harnstoff werde entsprechend im Preis anziehen, prognostizierte Scheuß. Gegenüber 2019 habe sich der Harnstoffpreis versechsfacht. Darüber hinaus werde der Import auch immer herausfordernder, da ausländische Hersteller überwiegend Bestandskunden belieferten.
„Die Existenz vieler heimischer Düngemittelhersteller ist gefährdet“, erklärte der IVG-Gartenbaureferent und erinnerte daran, dass Harnstoff mit rund 45 % Stickstoffgehalt der wichtigste Grundstoff für die meisten mineralischen Stickstoff- und Mehrnährstoffdünger sei. Stickstoff wiederum sei für das Pflanzenwachstum unentbehrlich.