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18.02.2018 | 13:02 | Koalitionsbildung 
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Personal-Poker im Kabinett Merkel

Berlin - Der Ruf von Angela Merkel als begnadete Taktikerin der Macht hat in den vergangenen fast fünf Monaten seit der Bundestagswahl schwer gelitten.

Angela Merkel
Bis Montag in einer Woche will die Kanzlerin ihrer Partei die neue Ministerliste präsentieren. Viele Unzufriedene verlangen nach dem Dreiklang «jünger, weiblicher, konservativer». Ob Merkel liefert? (c) proplanta
Bisher ist es der Kanzlerin immer noch nicht gelungen eine stabile Regierung zustande zu bringen: Am 4. März wollen die Sozialdemokraten bekanntgeben, ob eine Mehrheit beim Mitgliederentscheid für die Annahme des Koalitionsvertrags mit der Union und damit für eine neue große Koalition gestimmt hat. Merkel in der Hand der Sozialdemokraten - das passt vielen in der Union nicht.

Doch bis dahin muss die CDU-Chefin erstmal parteiintern beweisen, dass sie ihre taktischen Fähigkeiten nicht verlernt hat. Schon am 26. Februar muss sie sich auf einem CDU-Parteitag 1.001 Delegierten stellen. Dann geht es nicht nur um die Annahme des Koalitionsvertrags mit der SPD. Die gilt in einer so machtgewohnten Partei wie den Christdemokraten als so gut wie sicher. Viel spannender wird sein, wie die Delegierten auf Merkel selbst reagieren.

Bei Funktionären und an der CDU-Basis rumort es vernehmlich. Etliche können kaum verwinden, dass die Kanzlerin den Sozialdemokraten ein so wichtiges Ressort wie das Finanzministerium überlassen musste, weil sonst wohl der Koalitionsvertrag und damit fast sicher auch ihre Kanzlerschaft geplatzt wäre. Und das einer Partei wie der SPD, die in den Umfragen gerade mal halb so stark ist wie die Union und teils nur noch einen Punkt vor den Rechtspopulisten von der AfD liegt.

Der Ruf nach Verjüngung und personeller Erneuerung in Regierung und Partei ist sowieso nur vorübergehend etwas leiser geworden, weil die meisten in der CDU der Kanzlerin in den komplizierten Verhandlungen mit der SPD nicht zusätzlich Knüppel zwischen die Beine werfen wollten. Doch solche Forderungen dürften leicht wieder lauter und für die ohnehin angeschlagene Kanzlerin sehr unangenehm werden.

Merkel muss also liefern, wenn sie sich intern Luft verschaffen will. Eine erste Gelegenheit bietet ihr nun der unerwartete Rückzug ihres umstrittenen Generalsekretärs Peter Tauber. An diesem Montag will er den CDU-Spitzengremien seine Entscheidung mitteilen, nicht länger als Parteimanager im Amt bleiben zu wollen. Seit Dezember 2013 war der 43-Jährige einer von Merkels wichtigsten Leuten, formell ist er bis Dezember gewählt.

Für Merkel bedeutet Taubers Entscheidung auch die Chance, zu zeigen, dass sie nicht nur in der Regierung, sondern auch in der Partei frische Köpfe platzieren kann. Schon an diesem Montag will sie deswegen in den CDU-Spitzengremien ihren Kandidaten für die Tauber-Nachfolge benennen. Dass sie dann zugleich schon die Namen für die sechs Ministerposten der CDU präsentieren wird, gilt mittlerweile als nahezu ausgeschlossen. Zu lange hätten ihre Gegner Zeit, diese Namensliste genüsslich zu zerreden.

Außerdem hat Merkel ja nur versprochen, die Namen bis zum Parteitag am 26. Februar zu präsentieren. Da trifft es sich gut, dass sich am Sonntag davor - dem 25. Februar - Präsidium und Vorstand der Partei zu vorbereitenden Sitzungen treffen und am Abend auch noch ein Gutteil der 1.001 Delegierten des Parteitags im Adenauerhaus zusammenkommen wird. Gut möglich, dass die CDU-Chefin die Ministerliste an besagtem Sonntag öffentlich macht - und so versucht, ihre größten Kritiker vor dem Parteitag weitgehend ruhig zu stellen.

Dabei kursieren seit mehr als einer Woche die Namen der wichtigsten Kandidaten, die als junge, neue und teils weibliche Gesichter an Merkels Kabinettstisch für die CDU Platz nehmen könnten. Als gesetzt gelten Schwergewichte wie der Merkel-Vertraute und geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Anzunehmen ist auch, dass die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner demnächst nach Berlin ziehen muss - sie wird als Landwirtschaftsministerin gehandelt und kann in diesem Bereich große Fachkompetenz vorweisen.

Ebenfalls gute Chancen auf einen Ministerposten kann sich Annette Widmann-Mauz ausrechnen, die seit 2009 parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit ist. Ihr wird vor allem zugetraut, ihren jetzigen Chef Hermann Gröhe abzulösen.

Dann dürfte allerdings spannend werden, welchen Posten Merkel für ihren früheren Generalsekretär Gröhe vorsieht - bei dem viele davon ausgehen, dass die Kanzlerin ihn auch künftig gerne auf einem wichtigen Posten sähe. Er war auch schon als Nachfolger von Kanzleramtschef Altmaier im Gespräch - kann einem solchen Wechsel aber selbst nicht wirklich viel abgewinnen.

Zumal auch bekannt ist, dass Merkel den bisherigen Staatsminister bei der Bundeskanzlerin, Helge Braun, überaus schätzt - und dieser als Altmaier-Nachfolger als Kanzleramtschef auch sein bisheriges Steckenpferd, die Digitalisierung, dann weiter hervorragend zentral im Kanzleramt koordinieren könnte.

Ganz besonders spannend ist allerdings die Frage, was Merkel mit einem ihrer profiliertesten Kritiker vor hat: dem bisherigen Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Jens Spahn. Dass sie ihn zum Nachfolger ihres Generalsekretärs Peter Tauber macht, gilt als nahezu ausgeschlossen. Merkel werde kaum jemanden auf diesen wichtigen Vertrauensposten setzen, von dem sie nicht 100-prozentige Loyalität erwarten darf.

Doch dass die CDU-Vorsitzende an Spahn als Minister vorbeikommt, wird in Berlin kaum mehr erwartet. Zumal sie mit einem solchen Schachzug gleich wohl auch andere junge Kritiker wie den JU-Chef Paul Ziemiak oder den Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann ruhig stellen dürfte.

Als ministrabel gilt der sich gerne als besonders konservativ gebende 37-jährige Spahn in der CDU allemal. Vielen gilt er in seiner Partei als Hoffnungsträger - und er ist ein versierter Gesundheitspolitiker. Nachdem aber schon zwei andere wichtige Namen mit dem Ressort Gesundheit verbunden werden - Gröhe und Widmann-Mauz - scheint nicht unwahrscheinlich, dass sich Spahn auf eine andere Aufgabe einstellen muss - die als Bildungsminister.

Jedenfalls wurde im politischen Berlin schon genau registriert, dass sich das CDU-Präsidiumsmitglied Spahn vergangene Woche in der «Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft» (Märkische Oderzeitung und Südwest Presse, Dienstag) auffällig unauffällig in diese Richtung profiliert hat. In dem Interview plädierte er für die Vermittlung von Anstand und Tugenden als Teil einer Leitkultur an Deutschlands Schulen.

Mindestens genau so wichtig wie Fakten über Geschichte und Gesellschaft sei die Frage, «ob wir jungen Menschen vermitteln, wie wir zusammenleben wollen», sagte Spahn. Wenn das nicht ein wichtiges Signal in Richtung Merkel war.
dpa
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Kommentare 
Saulk schrieb am 22.02.2018 18:20 Uhrzustimmen(16) widersprechen(18)
Ja wenn wir noch eine Christliche Partei mit dem C sein wollen, ist der Herr Spahn als Minister und evtl. Nachfolger von der BK Merkel doch wohl nicht geeignet.Nicht nur Gebildet und Können entscheiden in der CDU sondern auch die Lebensumstände. Ich kann mir einen Herrn Spahn in keiner Position der Regierung vorstellen der dieses schöne und gesunde Land Deutschland in der Welt vertritt. Nein bitte nicht.
cource schrieb am 18.02.2018 19:13 Uhrzustimmen(22) widersprechen(12)
"..die Vermittlung von Anstand und Tugenden als Teil einer Leitkultur an Deutschlands Schulen..." das ich nicht lache: in der systembedingten ellenbogengesellschaft wo einer den anderen aussticht sollen anstand und tugenden wieder andressiert werden---das system erzeugt millionen arbeitslose/verwahrloste /obdachlose/psychisch kranke und tausende kriminelle jugendliche, man kann nicht einfach alle wegsperren oder wie geplant alle arbeitslosen in armee/polizei unterbringen---millitarisierung als neues jobwunder und bei kriegen mit garantiert freiwerdenden posten---die systemlinge werden eher alles mit sich in den abgrund reißen als loszulassen
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