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02.12.2018 | 14:30 | Juristischer Druck 

Pflanzenschutzmittelzulassung: Schadenersatzprozesse gegen das BVL laufen

Berlin - Der juristische Druck auf die verantwortlichen Behörden der Pflanzenschutzmittelzulassung in Deutschland wächst.

Pflanzenschutzmittelzulassung BVL
(c) Oleg Golovnev - fotolia.com
Derzeit sind 34 Gerichtsverfahren gegen das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wegen Verzögerungen im Zulassungsverfahren anhängig, wobei es sich in 31 Fällen um verwaltungsgerichtliche Untätigkeitsklagen und in drei Fällen um zivilgerichtliche Schadenersatzprozesse handelt. Die Zahlen nannte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hin. Gleichzeitig rechtfertigte die Bundesregierung den zeitlichen Rückstand gegenüber den europäischen Nachbarländern. Dort sind laut Anfrage Produkte bereits auf dem Markt, da eine Bewertung anhand einheitlicher, gemeinsam vereinbarter EUGrundsätze vorgenommen werde.

Deutsche Modelle kommen der Regierung zufolge bei der Risikobewertung aber nur dann zum Einsatz, wenn das Verfahren dies vorsieht, eine Harmonisierung auf EU-Ebene noch nicht erfolgt ist oder neue, anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse die Berücksichtigung besonderer Hinweise nötig machen. Hinsichtlich der Möglichkeit, die bereits erfolgte Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in einem anderen EU-Land auch in Deutschland anzuerkennen, verweist die Regierung auf Artikel 29 der betreffenden EU-Verordnung aus dem Jahr 2009. Darin ist festgehalten, dass die landwirtschaftlichen, pflanzengesundheitlichen und ökologischen Bedingungen in den jeweiligen Ländern für die gegenseitige Anerkennung vergleichbar sein sollten. Mitgliedstaaten könnten die Zulassungen ändern oder verweigern, wenn dies durch besondere ökologische oder landwirtschaftliche Gegebenheiten gerechtfertigt sei oder sich das in der Verordnung vorgeschriebene Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch, Tier und Natur nicht erreichen lasse.

Ausweichland Deutschland

In Deutschland bestehen nach Angaben der Bundesregierung indes keine über die EU-Verordnungen hinausgehenden Anforderungen an die Antragsteller bei den Zulassungsverfahren. Allerdings regelten die EU-Anforderungen nicht die genaue Methodik und die herangezogenen Modelle, mit denen die Umweltrisiken bewertet würden.

Die Regierung beklagt ihrerseits, dass eine vollständige Harmonisierung der Bewertungsmethoden und -maßstäbe in der Europäischen Union noch nicht erreicht sei. Das BVL ist laut ihren Angaben angewiesen worden, sich um eine Harmonisierung der formalen und der Bewertungsverfahren in der Ländergemeinschaft zu bemühen. Behörden in anderen Mitgliedstaaten hätten aber auch die Möglichkeit, Anträge bei Überschreitung ihrer Kapazitäten abzulehnen, was in Deutschland nicht der Fall sei. Antragsteller wichen bei einem Annahmestopp unter anderem auch nach Deutschland aus.

Frist noch nie eingehalten

In keinem der Anträge auf Zulassung oder reguläre Zulassungserweiterung im zonalen Zulassungsverfahren oder im Rahmen der gegenseitigen Anerkennung sei es bisher möglich gewesen, die vorgesehenen Fristen einzuhalten, räumte die Regierung ein. Was die zonale Zulassung betrifft, können Antragsteller seit 2011 für mehrere Mitgliedstaaten einer Zone Anträge stellen, wobei eines der Länder stellvertretend die Bewertung vornimmt. Insgesamt sind laut der Antwort der Regierung 1.118 Anträge, die solche länderübergreifenden Verfahren betreffen, in Deutschland eingegangen.

Bei der gegenseitigen Anerkennung sind 120 Tage nach Eingang des vollständigen Antrags vorgesehen; die durchschnittliche Bearbeitungsdauer belief sich 2018 den Regierungsangaben zufolge bisher auf 183 Tage, was im Vorjahresvergleich einem Rückgang auf die Hälfte und im Vergleich zu 2013 fast auf ein Fünftel entspricht.

Stellen und Mittel aufgestockt

Alle Behörden verfolgen nach Darstellung der Bundesregierung einen strikten Plan zum Abbau der Verfristungen. Aus den genannten Zahlen der abgeschlossenen zonalen Zulassungsverfahren geht parallel dazu eine deutliche Steigerung ab 2017 hervor. Legte die Zahl der Abschlüsse zwischen 2013 und 2016 lediglich von 61 auf 86 zu, so wurden 2017 insgesamt 200 Entscheidungen gefällt und 2018 bis Anfang November bereits 178. Dabei handelte es sich größtenteils um erstmalige Zulassungen, bei denen Deutschland entweder der erstbewertende oder ein beteiligter Mitgliedstaat ist.

Gemäß den Angaben der Regierung belief sich die Zahl der eingegangenen Anträge in zonalen Verfahren und solchen mit gegenseitiger Anerkennung von 2013 bis 2018 auf insgesamt 916, die der erreichten Entscheidungen auf 627. Mit den neuen Stellen gemäß dem Haushalt 2018 solle es künftig besser möglich sein, Planungsunsicherheiten besser aufzufangen und weitere Verzögerungen für Entscheidungen im Verfahren zu vermeiden, stellt die Bundesregierung fest. Die Mittel des BVL, des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Julius-Kühn-Instituts (JKI) würden 2018 und 2019 außerdem deutlich aufgestockt.
AgE
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