Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
06.02.2017 | 09:21 | Bauernregeln 
Diskutiere mit... 
   4   2

Poesie und Schweineställe - Disput zwischen Agrar- und Umweltministerium

Berlin - Bauernregeln sind eigentlich nichts, worüber man sich im politischen Berlin allzu sehr erregt. Erstens gibt es den Deutschen Wetterdienst, zweitens wächst zwischen Bundestag und Kanzleramt kein Getreide. Doch dann kam Barbara Hendricks.

Tierhaltung in Deutschland
Die Umweltministerin will mit spaßigen Reimen zum Nachdenken über die Landwirtschaft anregen. Nicht nur der Agrarminister ist sauer. Die Kampagne trifft offensichtlich einen Nerv. (c) chris74 - fotolia.com
«Steh'n im Stall zu viele Kühe, macht die Gülle mächtig Mühe», dichtet ihr Umweltministerium, oder: «Ohne Blumen auf der Wiese geht's der Biene richtig miese.»

Oder auch: «Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein.» Albern? Schlecht gereimt? Ansichtssache. Für einen Berliner Minister und einen großen Verband sind die Sprüchlein aber eine ernsthafte Provokation.

Von «großer Verärgerung» schreibt Agrarminister Christian Schmidt. Da werde der gesamte bäuerliche Berufsstand «an den Pranger gestellt». Der Bauernverband nennt es eine «inhaltliche Bankrotterklärung».

Am Sonntag nun die Antwort aus dem Hause Hendricks, in ungewohnt scharfem Ton: Das sei eine «bewusste Fehldeutung» der Reime. Inhaltlich habe niemand sie widerlegt. Und: Um «jeden Millimeter an Verbesserungen» habe sie ringen müssen in den vergangenen Jahren.

Dabei wollte die Umweltministerin doch - nach eigenen Angaben - niemanden auf die Palme bringen mit ihren «neuen Bauernregeln» auf Plakaten in über 70 Städten und im Netz, sondern Bürger anregen, sich an einer Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft in Europa zu beteiligen. Aber Moment, warum macht das die Umweltministerin, warum nicht der Landwirtschaftsminister? Das ist der Kern des Konflikts.

Schmidt und Hendricks sind per Du und gehen eigentlich sehr freundlich miteinander um. Inhaltlich geraten die beiden Minister aber regelmäßig aneinander - oft, weil die SPD-Frau vom Niederrhein im Ressort des CSU-Manns aus Franken wildert. Er ist der Minister für Landwirtschaft und Tierhaltung, ihre Aufgabe ist der Schutz von Boden, Wasser, Luft und Klima. Das lässt sich nicht trennen.

Hendricks will zum Beispiel mit Hilfe des Baurechts den Kommunen neue Möglichkeiten geben, sehr große Ställe zu verhindern. Sie macht Druck beim Thema Überdüngung und Nitrat im Grundwasser. Sie verkündet, dass das Unkrautgift Glyphosat nicht auf die Felder soll.

Vor der Riesen-Agrarmesse Grünen Woche lud Hendricks kürzlich zum Agrarkongress, wo es um die Zukunft der Landwirtschaft ging. Schmidt sprach dort auch, als zweiter. Die Umweltministerin erklärte, warum sie - in ihren Augen - nicht gegen, sondern für die Bauern arbeite: Die deutsche Landwirtschaft stecke in einer wirtschaftlichen Krise, in einer Umwelt-Krise und in einer Akzeptanzkrise.

In Teilen mögen Schmidt und der Bauernverband dieser Analyse sogar zustimmen. Von Kükenschreddern bis Bienensterben, die Landwirtschaft steht unübersehbar in der Kritik. Der wirtschaftliche Druck ist riesig. Der Agrarminister verweist oft darauf, dass die erste Aufgabe der Landwirte nun mal sei, die Ernährung zu sichern - und die Idealisierung einer Heile-Welt-Landwirtschaft nichts nütze.

Der Bauernverband hat derweil eigene «Bauernregeln» erdacht, die Sorgen der Branche beschreiben sollen. «Frisst der Schädling Raps und Weizen, gab's keinen Pflanzenschutz zum Beizen.» Oder: «Schließt der Bauer Hof und Stall, brachten Umweltauflagen ihn zu Fall.»

Offene Kritik erntet Hendricks sogar in den eigenen SPD-Reihen. Stephan Weil, Ministerpräsident im Agrarland Niedersachsen, findet die Reimerei nicht lustig: Die Sprüche seien «ziemlich plump» und müssten bei den Landwirten schlecht ankommen, sagt er der «Nordsee-Zeitung». Und benennt das Dilemma der Agrarbranche: «Wir können von den Bauern nicht immer höhere Qualität verlangen, aber nur niedrigste Lebensmittelpreise bezahlen wollen.»
dpa
Kommentieren Kommentare lesen ( 4 )
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


Kommentare 
Heile Welt schrieb am 27.02.2017 07:31 Uhrzustimmen(28) widersprechen(56)
Verbesserungen gibt es in jeder Branche und sind im Sinne aller Beteiligten! -Die Bauern sorgen seit Jahrhunderten für Lebensmittel und nur durch nachhaltige Bewirtschaftung sind ausreichende Mengen an Lebensmitteln vorhanden; die Verteilung ist das Problem! -Da das Grundwasser unter den Städten nicht mehr trinkbar ist, wird es seit Jahrzehnten in guten Qalitäten unter landwirtschaftlichen Flächen entgeldlos entnommen! Konnte man als Jugendlicher in jedem Dorfbach Forellen finden obwohl Nachbars-Miste und die eigenenen Haushaltsabwässer in die Bache flossen, sind die Bäche heute leer. In NRW läßt die Regierung wie überall wo es Probleme gibt ein Gutachten erstellen, dabei reichte ein Blick auf die Zusammensetzung unserer Hygieneartikel im Bad z.B. beim morgentlichen Zähneputzen.Silicon und sonstige Zusatzstoffe wie Weichmacher allesamt krebserregend ,erbgutschädigend und dafür verantwortlich das jede dritte Partnerschaft der heutigen Jugend auf natürlichem Wege kinderlos, und jeder zweite an Krebs erkrankt! Vom Staat geförderte Dämmstoffe, Verpackungsmaterial des LEH gehören auch in diese Gruppe. Vom Verbraucherschutz und dem "Nachhaltig" arbeitenden LEH totgeschwiegen!
agricola pro agricolas schrieb am 07.02.2017 10:22 Uhrzustimmen(53) widersprechen(52)
Bildliche Minister-Plattitüde: ...Wenn u.a. Hendricks Bauernregel „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Stall zu klein“ dem generellen Missstand in jedem deutschen Stall Luft verschafft, so hege ich erhebliche Bedenken um mein eigenes Wohl. Als bekennender Fan der einfachen Küche befürchte ich eine Verknappung von Eisbein um immerhin 75% der „Rohware“! Schmiedet nun mithin auch Frau Hendricks ein Komplott mit unseren nimmersatten LEH-Diktatoren, denen damit scharfe Munition für eine „saftige“ Preiserhöhung „zu-ge"henTRICKST“ wird!? (Ironie off für alle, die es zunächst nicht verstehen sollten!) // „Alles Denken ist nichts anderes, als ein Vorstellen durch Merkmale“ (Kant) // Das agrarpolitische Hen(tricksen) unter einem umweltpolitischen Deckmäntelchen ist immerhin bereits bis zu Max Moor (TTT/Kultur im Ersten) vorgedrungen, der spitzbübisch schmunzelnd seine persönliche Rezension zur neudeutschen Dichtkunst zum Besten gab. Sicherlich nicht ohne selbst verstohlen amüsiert die höchste Genugtuung verspüren zu dürfen, dass auch er als Herrscher über ostdeutschen biologisch-dynamischen Feldern von höchster Ebene ein kostenloses Absatzförderungsprogramm für seine in Anbetracht der Betriebsgröße allerdings sicherlich schweißtreibenden, natürlich selbstredend sozialverträglichen Arbeit serviert bekommen hat. // Ob wohl alle konventionellen deutschen Bauern à la Hendricks einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben müssen...? ;-)) // ... Schade jedoch im eigentlichen, dass man den Inhalt meines ersten Kommentars augenscheinlich überhaupt nicht verstanden zu haben scheint, oder vielleicht aber auch schlicht nicht verstehen will!? - The show must go on...!
Waldläufer schrieb am 07.02.2017 08:03 Uhrzustimmen(33) widersprechen(43)
Offenbar fühlen sich die meisten Bauern/Landwirte/Agrarökonomen erwischt, daß sie so dünnhäutig reagieren. Humor ist wenn man trotzdem lacht ...
agricola pro agricolas schrieb am 06.02.2017 12:09 Uhrzustimmen(60) widersprechen(45)
Das belustigend verspielte BMUB-Bauernkom(m)ödchen, wo man im wildwuchernden AGRAR-Dickicht den Wald nicht ausfindig machen kann: Schizophren ist unsere Politik u. auch unsere Gesellschaft gleichermaßen, da kann man bauernseits Kritik nicht aussparen wollen. Frau Hendricks statuiert anhand der eigenen Dichtkampagne sehr eindrucksvoll, dass man eine sich weiterhin NOCH stark reduzierende Bevölkerungsschicht, den deutschen Bauernstand, in eine Alleinverantwortung gestellt sehen möchte, indem man diesen der ignoranten Brunnenvergiftung bezichtigt etc.pp.. Auch eine Frau Hendricks verfügt über ihre administrativen Schaltzentralen ressortübergreifend hinreichend Einblicke über die Verteilung von Eigentum- und Besitzverhältnissen innerhalb der BRD. Warum missbraucht man diese Kenngrößen nun in solch perfider Art und Weise einzig zu Lasten der Bauern!? Das große LAUTE Schweigen im Walde!? Wer sind die größten Flächeneigentümer innerhalb der BRD, gestützt in einem kanalisierendenTransfer der stetigen Kampfansagen an die höchstmöglichen Kapitalrenditen, den sicherlich kein tumbes Bäuerlein zu verantworten hat!? Warum geißelt man an dieser Stelle nicht mit einem Maßnahmenkatalog? Frau Hendricks war wohl auf noch keiner Flächenauktion, wo selbiger Flächen an den Bewirtschafter kamen. WAS DA wohlt zählt!? Ein gelebtes Besitzstandsdenken lässt sich dort genauso wenig verleugnen wie das typische Einkaufverhalten der Verbraucher an jeder Ladentheke. Jahrzehntelang geübtes „Geiz ist geil“ rangiert eben first! Nicht zu vergessen die Agrarwirtschaft der vor- und nachgelagerten Bereiche, die ihr eigenes Wertschöpfungsdenken hochprofessionell durchsetzungsfreudig allzeit zu wahren wissen. Keine verantwortungsbewusste Umwelt- und Agrarpolitik wagte bislang derselben oberste HEADER, omnipräsent in unseliger Personalunion auf jeder Agrarhochzeit tanzend, clever in sämtlichen maßgeblichen Aufsichtsratsgremien der Agrarmachtzentren an entscheidenden Stellen positioniert und vernetzt, mit eigenen „Jahres-HUNGER(!?)einkommen“ p.a. generös ausgestattet jenseits des 7stelligen Bereiches, kritisch zu hinterfragen. Welche Auswirkungen hatten/haben solche Verflechtungen in unheiliger Personalunion auf die armseligen Einkommen unserer deutschen Bauern sektorenübergreifend: GESTERN_HEUTE_MORGEN!? Warum wagt sich eine so ehrgeizig gesellschaftspolitisch aufgeschlosse Bundesumweltministerin Hendricks nicht an das ohne Frage mühselige Aufdröseln derartiger Agrardschungel-Seilschaften!? Warum hat das BMUB hier nicht die populistische Dichtkunst angewandt, „verspielt belustigend“ für jeden Aufklärungsbedürftigen, wo auch immer letztere positioniert sind!?
  Kommentierte Artikel

 Ukrainisches Getreide macht EU-Märkte nicht kaputt

 Jedes vierte Ei in Deutschland aus Rheinland-Pfalz

 Hundesteuer steigt - Rekordeinnahmen bei Kommunen

 Neuartige Atomreaktoren auf Jahrzehnte nicht marktreif nutzbar

 Milliardenschweres Wachstumspaket kommt, aber ohne Agrardiesel-Subventionen

 Wieder Bauernproteste in Berlin

 Cholera-Alarm: Impfstoffproduktion muss hochgefahren werden

 Deutsche Wasserspeicher noch immer unterhalb des Mittels

 Staaten kündigen beschleunigten Ausbau von Atomkraft an

 Bamberger Schlachthof vor dem Aus