«Steh'n im Stall zu viele Kühe, macht die
Gülle mächtig Mühe», dichtet ihr Umweltministerium, oder: «Ohne Blumen auf der Wiese geht's der Biene richtig miese.»
Oder auch: «Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein.» Albern? Schlecht gereimt? Ansichtssache. Für einen Berliner Minister und einen großen Verband sind die Sprüchlein aber eine ernsthafte Provokation.
Von «großer Verärgerung» schreibt Agrarminister Christian Schmidt. Da werde der gesamte bäuerliche Berufsstand «an den Pranger gestellt». Der
Bauernverband nennt es eine «inhaltliche Bankrotterklärung».
Am Sonntag nun die Antwort aus dem Hause Hendricks, in ungewohnt scharfem Ton: Das sei eine «bewusste Fehldeutung» der Reime. Inhaltlich habe niemand sie widerlegt. Und: Um «jeden Millimeter an Verbesserungen» habe sie ringen müssen in den vergangenen Jahren.
Dabei wollte die Umweltministerin doch - nach eigenen Angaben - niemanden auf die Palme bringen mit ihren «neuen Bauernregeln» auf Plakaten in über 70 Städten und im Netz, sondern Bürger anregen, sich an einer Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft in Europa zu beteiligen. Aber Moment, warum macht das die Umweltministerin, warum nicht der Landwirtschaftsminister? Das ist der Kern des Konflikts.
Schmidt und Hendricks sind per Du und gehen eigentlich sehr freundlich miteinander um. Inhaltlich geraten die beiden Minister aber regelmäßig aneinander - oft, weil die SPD-Frau vom Niederrhein im Ressort des CSU-Manns aus Franken wildert. Er ist der Minister für Landwirtschaft und Tierhaltung, ihre Aufgabe ist der Schutz von Boden, Wasser, Luft und Klima. Das lässt sich nicht trennen.
Hendricks will zum Beispiel mit Hilfe des Baurechts den Kommunen neue Möglichkeiten geben, sehr große Ställe zu verhindern. Sie macht Druck beim Thema Überdüngung und Nitrat im Grundwasser. Sie verkündet, dass das Unkrautgift Glyphosat nicht auf die Felder soll.
Vor der Riesen-Agrarmesse Grünen Woche lud Hendricks kürzlich zum Agrarkongress, wo es um die Zukunft der Landwirtschaft ging. Schmidt sprach dort auch, als zweiter. Die Umweltministerin erklärte, warum sie - in ihren Augen - nicht gegen, sondern für die Bauern arbeite: Die deutsche Landwirtschaft stecke in einer wirtschaftlichen Krise, in einer Umwelt-Krise und in einer Akzeptanzkrise.
In Teilen mögen Schmidt und der Bauernverband dieser Analyse sogar zustimmen. Von Kükenschreddern bis
Bienensterben, die Landwirtschaft steht unübersehbar in der Kritik. Der wirtschaftliche Druck ist riesig. Der Agrarminister verweist oft darauf, dass die erste Aufgabe der Landwirte nun mal sei, die Ernährung zu sichern - und die Idealisierung einer Heile-Welt-Landwirtschaft nichts nütze.
Der Bauernverband hat derweil eigene «Bauernregeln» erdacht, die Sorgen der Branche beschreiben sollen. «Frisst der Schädling Raps und Weizen, gab's keinen
Pflanzenschutz zum Beizen.» Oder: «Schließt der Bauer Hof und Stall, brachten Umweltauflagen ihn zu Fall.»
Offene Kritik erntet Hendricks sogar in den eigenen SPD-Reihen. Stephan Weil, Ministerpräsident im
Agrarland Niedersachsen, findet die Reimerei nicht lustig: Die Sprüche seien «ziemlich plump» und müssten bei den Landwirten schlecht ankommen, sagt er der «Nordsee-Zeitung». Und benennt das Dilemma der Agrarbranche: «Wir können von den Bauern nicht immer höhere Qualität verlangen, aber nur niedrigste
Lebensmittelpreise bezahlen wollen.»