15.10.2010 | 14:22 | EU-Agrarsubventionen
Schlacht ums Brüsseler Geld eröffnet Brüssel - Wenn es ums Geld geht, dauern die Sitzungen in Brüssel besonders lange. |
Diplomaten richten sich bereits auf Marathontreffen ein, denn vom kommenden Jahr an muss der neue, von 2014 an geltende Finanzrahmen für die EU verhandelt werden. An diesem Dienstag (19. Oktober) wird EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski in Straßburg mit ersten Vorschlägen die Schlacht um die europäischen Milliarden eröffnen.
Harte Gefechte stehen an. Denn die EU-Länder müssen ihre Defizite verringern und die Gürtel enger schnallen. Viele wollen deshalb für Europa weniger statt mehr zahlen. Die neue Minderheitsregierung in den Niederlanden strebt beispielsweise an, ihren Beitrag nach Brüssel um eine Milliarde Euro zu kürzen. «Mehr Niederlande, weniger Brüssel!» lautet ein Slogan des Rechtspopulisten Geert Wilders, der als Mehrheitsbeschaffer des neuen Kabinetts aus Rechtsliberalen und Christdemokraten dient.
Der siebenjährige Finanzrahmen mit einem gigantischen Umfang von über 860 Milliarden Euro läuft Ende 2013 aus. Die EU muss sich entscheiden, ob sie den seit fast 30 Jahren gewährten, von der damaligen Premierministerin Margret Thatcher unter dem Schlachtruf «I want my money back» erstrittenen Beitragsrabatt für Großbritannien weiter einräumt. Der Abschlag machte zuletzt 5,6 Milliarden Euro aus. Viele sehen das teure Privileg für London als überholt an.
Ein weiteres Reizthema, gerade für die Deutschen, sind neue Finanzquellen für die EU. Kommissionspräsident José Manuel Barroso verspricht eine tabulose Debatte über die Finanzen - und schließt auch sogenannte Eigenmittel mit ein. Bisher finanziert sich die EU zum überwiegenden Teil aus Beiträgen der Mitgliedstaaten.
Es könnten nach Brüsseler Vorstellungen etwa eine Luftverkehrsabgabe oder Einnahmen aus der geplanten Versteigerung von CO2-Emissionsrechten direkt in die Brüsseler EU-Kasse fließen. Den Begriff «EU-Steuer» mag man im Hause von Kommissionspräsident José Manuel Barroso nicht so gerne - denn es werde ja dem Bürger nicht direkt in die Tasche gegriffen, lautet das Argument.
Wie man es auch immer nennt: Die Bundesregierung ist strikt gegen EU-Steuern und auch gegen EU-Anleihen, mit denen Infrastrukturprojekte finanziert werden könnten. Die Zeit sei nicht reif dafür, lautet das Credo in Berlin.
EU-Partner, auch aus der Gruppe der Nettozahler für Brüssel, sehen dies anders. So sagte der österreichische Finanzminister Josef Pröll unlängst, er sei einer von denen im Kreis seiner europäischen Amtskollegen, «der auch ein stärkeres Standbein für die EU selbst in Betracht zieht».
Eine EU-Steuer? «Mich schreckt dieses Schlagwort nicht», kontert der konservative Wiener Minister. In der politischen Debatte dürfe man an keiner Möglichkeit vorbeigehen. Auch in Spanien, das unter dem Strich eine gute Milliarde Euro aus Brüsseler Töpfen jährlich bekommt, kann man den Brüssler Plänen etwas abgewinnen.
Eine weitere große Baustelle im EU-Budget sind die Agrarzahlungen, die im Jahr immer noch über 50 Milliarden Euro ausmachen. In Zukunft sollen die Zahlungen «transparenter, verständlicher und fairer sein», fordert die Kommission. Gerechtere Einkommenshilfen dürften Osteuropa zugutekommen und für Deutschland Bauern Einbußen bedeuten. Es sind Konflikte programmiert, denn es geht bei Deutschland um einen Betrag von immerhin 6,7 Milliarden Euro jährlich.
Beobachter warten darauf, wie sich Frankreich, das bisher seine Agrargelder mit harten Bandagen verteidigte, verhalten wird. Wird es möglicherweise auch für den nächsten Finanzrahmen einen «Agrardeal» im kleinen Kreis geben? 2002 vereinbarten der damalige Staatspräsident Jacques Chirac und Kanzler Gerhard Schröder im schicken Brüsseler Hotel «Conrad», dass die Einkommenshilfen für die Bauern auf dem Niveau von 2006 eingefroren werden sollten. Bei den Verhandlungen für den Finanzrahmen 2007 bis 2013 setzte sich diese Linie letztlich durch. (dpa)
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