Windstrom wird vor allem in Küstenländern produziert. Doch zahlen die Verbraucher im Norden seit Jahren höhere Strompreise als im Süden. Der politische Streit darum ist nun neu entbrannt. (c) proplanta
«Wir haben derzeit in Deutschland ein total unsolidarisches System», beklagte Schwesig in Schwerin. Der Norden liefere den Großteil der Erneuerbaren Energien, habe aber die höchsten Strompreise, während sie im Süden am niedrigsten seien.
«Es muss gleiche und faire Preise in Deutschland geben», sagte Schwesig. Sie reagierte damit auf eine parteiübergreifende Erklärung von sechs süd- und westdeutschen Länderchefs, in der sie die Forderung zurückweisen, etwa durch unterschiedliche Strompreiszonen für Entlastung im Norden zu sorgen.
Als ein wesentlicher Grund für das Nord-Süd-Preisgefälle gelten die sogenannten Netzentgelte, die wegen des kostspieligen Baus neuer, leistungsfähiger Leitungen zum Abtransport des Windstroms etwa aus den Küstenländer höher sind.
Nach Angaben der Bundesnetzagentur lagen die Netzentgelte, die etwa ein Fünftel des Strompreises ausmachen, 2022 in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern für Haushalte bei 9 bis 12 Cent je Kilowattstunde, in Bayern bei 5 bis 7 Cent. Für 2023 war ein Anstieg angekündigt worden.
Schwesig verwies darauf, dass Norddeutschland mit Windparks und inzwischen auch mit Flüssigerdgas-Terminals für Energiesicherheit sorge, von der Süddeutschland profitiere. «Wir zahlen dafür hier die höchsten Preise und so kann es nicht bleiben», betonte sie. Doch seien alle bisherigen Versuche gescheitert, zu einer gerechteren Lastenverteilung zu kommen.
«Seit Jahren setzen wir uns dafür ein, dass die Länder, die die Erneuerbaren Energien produzieren, bitte nicht bestraft werden», ergänzte Schwesig am Samstag bei einer Veranstaltung auf Rügen.
Es gehe nicht um eine Bevorzugung des Nordens, sondern um eine gleichmäßige, faire Kostenverteilung. Das sei auch eine Frage der Akzeptanz für die Errichtung neuer Windparks. «Der Industriestandort Deutschland ist gefährdet, wenn es uns nicht gelingt, genug grüne Energie zu produzieren», warnte Schwesig.
An die Adresse der Regierungschefs von Bayern und Baden-Württemberg, Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne), richtete Schwesig die Botschaft: «Ich finde die Ministerpräsidenten der Südländer sollten mal darüber nachdenken, dass sie selber mehr für Erneuerbare Energien tun.»
Bereits im Vorjahr hatten die norddeutschen Länder den Vorschlag gemacht, mit Hilfe getrennter Strompreiszonen günstigere Strompreise für ihre Bürger und Unternehmen zu erreichen. In der am Freitag veröffentlichten Erklärung waren die Ministerpräsidenten und -präsidentinnen von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland den Forderungen der Nordländer entgegengetreten. Eine einheitliche Strompreiszone sei Ausdruck eines einheitlichen deutschen Wirtschaftsraums, schrieben sie.