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12.10.2013 | 11:03 | Bundestagswahl 2013 

Seehofer hat den Gipfel erklommen

München - Der künftige Ministerpräsident zelebriert seine Macht - und lässt die Minister zappeln.

Horst Seehofer
Horst Seehofer (c) Dt. Bundestag
«Christine», sagt CSU-Chef Horst Seehofer im Münchner Landtagsgebäude zu seiner Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU): «Ich habe Dich genau beobachtet. Was steht morgen im Donaukurier?» Nichts habe sie der Zeitung gesagt, versichert Haderthauer eilig ihrem Chef. Über die Kabinettsbildung will sie auf keinen Fall spekulieren: «Wissen tut nur er, das ist doch wohl klar», sagt sie zu den umstehenden Journalisten.

Seehofer wird an diesem Dienstag zum zweiten Mal zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt - Formsache. Er erhält 100 Stimmen, die CSU hat 101 Abgeordnete. Anschließend geht es für Haderthauer und ihre Ministerkollegen um die Zukunft: Seehofer will bis zu diesem Mittwochvormittag sein neues Kabinett aufstellen. Und bis dahin lässt er fast alle im Ungewissen: CSU-Parteifreunde, Journalisten - und seine Frau Karin. Denn auch daheim ist Seehofer der Chef.

Er zieht vor den Journalisten einen kleinen Zettel aus der Tasche seines Jacketts, darauf der Entwurf der Kabinettsliste. Den habe er gestern gesucht, berichtet er. «Das war der einzige Fehler, der in den vergangenen Monaten passiert ist.» Seehofer berichtet, wie er seine Frau anrief und sie anwies, den Zettel zu suchen und auf seinen Schreibtisch zu befördern - «ohne Einsichtnahme». «Das habe ich dann auch gemacht», sagt Frau Seehofer.

Ein Fernsehreporter des NDR will Seehofer vor dem Plenarsaal eine Pappkrone aufsetzen: «Sie sind der verrückteste König von Deutschland!» Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause nennt ihn den «absoluten Horst». Seehofer hat den Gipfel erklommen. Höher hinaus kann es für ihn nicht mehr gehen.

Er dominiert die CSU so uneingeschränkt wie zuletzt sein Vorvorgänger Edmund Stoiber mit seiner Zwei-Drittel-Mehrheit im Jahr 2003. Doch ebenso wie für Stoiber liegt die eigentlich schwierige Phase noch vor ihm - auch wenn Seehofer vergangene Woche bereits ankündigte, er werde nun nach fünf mörderischen Jahren nicht mehr ganz so viel arbeiten. Unter Bergsteigern gilt seit jeher der Grundsatz, dass der Abstieg schwieriger ist als der Aufstieg.

Zwar sind die Startbedingungen des Kabinetts Seehofer II ungleich besser als diejenigen beim Amtsantritt im Herbst 2008. Die Finanzkrise ist zumindest in Bayern überwunden, es droht keine Milliardenpleite der Landesbank, die CSU hat zur Eintracht zurückgefunden und Seehofer seine Position gefestigt. «Wenn wir der Bevölkerung vermitteln, dass es Spaß macht, für dieses Land Verantwortung zu tragen, dann ist eigentlich ein Idealzustand erreicht», schwärmt der neue alte Ministerpräsident.

Doch die kommenden Herausforderungen sind dreierlei. In Berlin wird die CSU in der erwarteten großen Koalition voraussichtlich weniger Einfluss haben als bisher. Die letzte große Koalition von 2005 bis 2009 schadete vor allem der SPD, tat aber auch der CSU nicht gut. In der CSU hat Seehofer momentan zwar eine äußerst starke Position. Doch da er 2018 definitiv aufhören will, werden sich die Gewichte in der Partei in den kommenden Jahren unweigerlich zu seinen Ungunsten verschieben. Auch Stoibers Sinkflug begann kurz nach seinem großen Triumph im Herbst 2003.

In Bayern ist Seehofers Hauptziel, die Spitzenstellung des Freistaats im Ländervergleich zu sichern und auszubauen. Doch das wird mutmaßlich schwierig, nicht zuletzt wegen der Nachwirkungen der ersten Amtsperiode Seehofers. Die Energiewende läuft nach wie vor nicht und droht, eine nachhaltige Belastung für Bayerns Bürger und Wirtschaft zu werden.

Darüber hinaus hat Seehofer in den vergangenen Jahren die bayerischen Staatsausgaben sehr stark erhöht. In den nächsten Jahren wird er sparsamer wirtschaften müssen - ansonsten gerät das Ziel des Schuldenabbaus in Gefahr. Doch all das spielt an diesem Tag keine Rolle. Seehofer malt sich bereits eine beschauliche Zukunft aus: «Auch ich werde in fünf Jahren dastehen und meiner Nachfolgerin oder meinem Nachfolger gratulieren.» (dpa)
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