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15.04.2018 | 13:00 | Hannoversche Erklärung 
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SPD verlangt Neuausrichtung der Agrarpolitik

Hannover - Eine sozial gerechte, ökologisch verträgliche und ökonomisch rentable Neuausrichtung der Agrarpolitik haben die agrarpolitischen Sprecher der SPD-Fraktionen des Bundestages, der Landtage sowie der SPD-Abgeordneten des Europäischen Parlaments gefordert.

Hannoversche Erklärung
In einer „Hannoverschen Erklärung“ fordern die SPD-Politiker eine nachhaltige Wende ein. (c) SPD
In einer am Freitag (13.4.) beschlossenen „Hannoverschen Erklärung“ stellen die Agrarsprecher fest, dass die landwirtschaftliche Vielfalt im ländlichen Raum durch die Unwägbarkeiten des Marktes und unfaire Handelspraktiken geschwächt würden. Da der Sektor durch den Strukturwandel, gesellschaftliche Erwartungen und die Digitalisierung vor zusätzlichen Herausforderungen stehe, müsse die Landwirtschaftspolitik neu ausgestaltet werden.

Ernährungswirtschaft, Landwirtschaft und die ländlichen Räume gehörten dabei ausdrücklich zusammen, betonen die SPD-Politiker, die ausdrücklich an einer flächendeckenden Landwirtschaft in Deutschland festhalten. Sie wollen Fördergelder jedoch stärker als bisher an öffentliche Leistungen binden. Diese sollen insbesondere dem Natur- und Umweltschutz, dem Tierwohl, aber auch den arbeitsintensiven und familiengeführten Unternehmen zu Gute kommen.

Die Agrarsprecher heben die Chancen der Digitalisierung für die Landwirtschaft hervor, machen dies aber von einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur abhängig. Sie verlangen daher einen schnellen Breitbandausbau sowie entsprechend ausgestattete bundesweit einheitliche „staatliche Schnittstellen“ für die Agrarwirtschaft. Die ländlichen Räume müssten zudem durch soziale Teilhabe, wirtschaftliche Entwicklung und die Landwirtschaft selbst gestärkt werden.

Artenvielfalt schützen

Die SPD-Agrarpolitiker wollen laut „Hannoverscher Erklärung“ den Tierschutz in Deutschland deutlich verbessern. Dazu fordern sie den Bund auf, eine Nutztierstrategie mit konkreten Zeitplänen und Maßnahmen zu erarbeiten. Zudem wird die Einführung einer Haltungskennzeichnung gefordert, damit der Verbraucher freie Entscheidungen bezüglich des Tierwohls treffen kann.

Die Agrarsprecher schreiben sich ferner den Insektenschutz und den Schutz der Artenvielfalt in der Kulturlandschaft auf die Fahne. Dazu gehören für sie die Erweiterung der Fruchtfolge, die konsequente Minimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, aber auch Extensivierungsmaßnahmen.

In Bezug auf den Wolf hat die Sicherheit des Menschen für die SPD-Politiker „oberste Priorität“. Gleichzeitig sprechen sie sich für die Unterstützung von Tierhaltern aus, die durch den Wolf Schäden erleiden. Eine Aufnahme des Beutegreifers ins Jagdrecht wird abgelehnt. Stattdessen setzen die Sprecher auf ein geeignetes Wolfsmanagement, Herdenschutzmaßnahmen sowie effiziente Entschädigungen.

Hannoversche Erklärung

Die Landwirtschaft steht vor großen Veränderungen. Zu diesen gehören der Strukturwandel, die gesellschaftlichen Erwartungen und die Digitalisierung. Hinzu kommen eine derzeit unkontrollierbare Preisentwicklung und unfaire Handelspraktiken durch zunehmende Konzentrationsprozesse. Insbesondere kleinere, familiengeführte Betriebe werden oftmals von der Entwicklung abgehängt. Dies schwächt die Vielfalt im ländlichen Raum und nimmt so Entwicklungsmöglichkeiten. Für uns Sozialdemokraten gehören Ernährungswirtschaft, Landwirtschaft und die ländlichen Räume zusammen und müssen in einem Kontext gedacht werden. DieArbeit in der Ernährungs- und Landwirtschaft muss so bezahlt werden, dass Menschen davon leben können.

Die Neuausrichtung der Landwirtschaft muss sozial gerecht, ökologisch verträglich und ökonomisch rentabel aufgestellt werden. Dies ist nur möglich, wenn wir gemeinsam mit der Landwirtschaft die Zukunft gestalten. Dazu gehören auch unsere LebensgrundlagenWasser, Boden, Luft undArtenvielfalt heute und für die nächste Generation nachhaltig zu erhalten. Daher fordern wir:

1. Die europäische Agrarpolitik neu auszurichten. Wir wollen Direktzahlungen so einsetzen, dass auch familiengeführte Betriebe eine Chance haben, weiterhin wirtschaftlich zu arbeiten. Wir wollen eine flächendeckende Landwirtschaft in Deutschland erhalten. An eine finanzielle Unterstützung der Betriebe müssen klare Bedingungen geknüpft werden. Eine davon ist, dass arbeitsintensive Betriebe besser gefördert werden. Die Marktposition der Erzeuger und Erzeugerinnen muss gestärkt werden. Öffentliches Geld für öffentliche Güter: Öffentliche Leistungen auf allen Ebenen sollen insbesondere für den Schutz des Wassers, der Biodiversität, der Bodenfruchtbarkeit, der Bestäuber (Insekten) und der Humusschicht sowie dem Tierwohl an die Betriebe gezahlt werden.

2. Die Arbeitsbedingungen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu verbessern. Harte Arbeit muss wertgeschätzt und entsprechend bezahlt werden sowie über Mindeststandards geregelt werden. In einigen Bereichen kommt es immer wieder zu einer Ausnutzung von Leiharbeitern und Leiharbeiterinnen und ausländischen Arbeitskräften; diesem Prozess muss entgegengewirkt werden.

3. Die Chancen der Digitalisierung im Agrarsektor zu nutzen. Noch gibt es nicht überall eine ausreichende digitale Infrastruktur. Dies muss schnell geändert werden. Denn die digitalen Anwendungen ermöglichen eine einheitliche Datenerhebung und -verarbeitung von Agraranträgen, u.a. bei der Düngebilanzierung und bei Pflanzenschutzmaßnahmen und stellen so eine Arbeitserleichterung und eine Optimierung bei der Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln für die Betriebe und Behörden dar. Intelligente Datenverarbeitung und Sensorik sorgen dafür, dass unerwünschte Einträge reduziert werden. Datenschutz und Datensicherheit müssen gewährleistet werden. Zusätzlich brauchen wir staatliche Schnittstellen für die Landwirtschaft, die im Rahmen der Daseinsvorsorge deutschlandweit einheitlich gestaltet sind und kostenfrei zur Verfügung stehen.

4. Eine Nutztierstrategie des Bundes vorzulegen. Diese muss einem konkreten Zeitplan und Maßnahmen enthalten. Wir wollen den Tierschutz in Deutschland verbessern und bekennen uns zu einer flächengebundenen Tierhaltung.Auch muss der Verbraucher schon beim Kauf der Produkte über eine klare Kennzeichnung erkennen können unter welchen Bedingungen das Tier gehalten wurde, um so eine freie Entscheidung treffen zu können.

5. Den Insektenschutz ernst zu nehmen und den Umgang mit landwirtschaftlichen Flächen daraufhin auszurichten. Eine artenreiche Kulturlandschaft bildet die Grundlage für viele Tierarten, wie z.B. Insekten und Vögel. Bestäuber sind existentiell für die Landwirtschaft. Über eine nachhaltige Landbewirtschaftung können sich Landwirte an deren Erhalt beteiligen. Die Förderung der Biodiversität muss überMaßnahmen auf allen Ebenen unterstützt werden. Unser Ziel ist es, die Pflanzenvielfalt und die Biodiversität auf genutzten Flächen zu erhöhen. Dazu gehört u.a. eine Erweiterung der Fruchtfolge, eine Strategie zur konsequenten Minimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln oder die Extensivierung der Bewirtschaftung. Besondere Bedeutung für den Erhalt der Artenvielfalt hat die Biotopvernetzung.

6. Dass die Sicherheit des Menschen auch in Zeiten der Rückkehr des Wolfes oberste Priorität hat. Betroffene, die durch den Wolf Schäden erleiden, müssen unterstützt werden, durch ein geeignetes Wolfsmanagement aber auch Herdenschutzmaßnahmen sowie durch eine gute, schnelle und effiziente Entschädigungen bei Rissen. Da der Wolf ganzjährig geschützt ist, sprechen wir uns gegen eine Aufnahme in das Jagdrecht aus.

7. Die ländlichen Räume durch soziale Teilhabe, wirtschaftliche Entwicklung und die Landwirtschaft zu stärken. Die Daseinsvorsorge muss gesichert sein.
AgE
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Kommentare 
maximilian schrieb am 17.04.2018 19:57 Uhrzustimmen(27) widersprechen(43)
Die Ausgleichszahlungen aus Brüssel sind öffentliche Gelder; denn sie kommen aus dem EU-Haushalt, der seinerseits aus dem Umsatzsteueraufkommen der einzelnen Mitgliedsstaaten der EU gespeist wird. Und Stuermittel sind nunmal öffentliche Gelder. Dazu kommen die Agrarsubventionen der einzelnen Bundesländer und des Bundes selbst. Beui letzterem z.B. mehrere hundert Millionen Euro für die Landwirtschaftlichen Sozialkassen, welche ebenfalls aus öffentlichen Mitteln stammen. Nur die Subventionen aus der 2. Säule sind leistungs- bzw.projektbezogen. Die Direktzahlungen sind Flächenprämien, die bezahlt werden, ohne definierte Gegenleistungen.
Zur ERinnerung: Vor der großen Agrarreform wurden die Produkte direkt subventioniert; mit der Folge von Milchsee, Butterberg und Obstschwemme; sodaß unter dem damaligen Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle (FDP) tausende Tonnen Tomaten, Äpfel, Orangen und so weiter vernichtet wurden, nachdem sie, durch die Produktsubventionierung forciert, produziert wurden. Der Vorwurf der Umweltverschmutzung ist berechtigt, wie sich am Fall des Vizepräsidenten des bayerischen Bauernverbandes erkennen läßt. Der Vorwurf der Tieraquälerei ist ebenfalls gerechtigt, wie de Ermittlungen der Tierschutzorganisationen immer und immer wieder zeigen; jüngstes Beispiel das Schweinehochhaus in Halle. In meinen Augen sind die Bauern, die tagtäglich arbeiten ein Opfer ihrer eigenen Berufsvertretung und gewissenloser Politiker, die unsere Landwirtschaft in den Exportwahn treiben. Eine Landwirtschaft, die uns versorgt und unsere europäischen Nachbarn wäre wesentlich tier- und umweltfreundlicher und würde, da weniger weltmarktpreisabhängig, ein höheres Auskommen für die Landwirte bedeuten. Grundsätzlich gilt: Wer mit seinem Einkommen aus der LAndwirtschaft nicht klar kommt macht´s falsch und sollte besser aufhören, als am Subventionstropf zu hängen. Wir brauchen keine Tausende Tonnen Schweinefleisch und Schweinepfoten nach China zu verkaufen. Wenn wir diese Menge erst gar nicht produzieren, schonen wir unsere Böden und können die Tiere verhaltensgerecht aufstallen.
kurri Altbauer schrieb am 16.04.2018 10:32 Uhrzustimmen(56) widersprechen(27)
Bravo Waldbauer, endlich auch einer der klar und deutlich seine Meinung sagt! Sie haben ja völlig Recht, wenn Sie der SPD mal gründlich die Meinung sagen. Ich ärgere mich immer, wenn andere die Ausgleichszahlungen aus Brüssel, als öffentliche Gelder bezeichnen. Diese Leute sind wirklich der Meinung, das wir Bauern dafür gratis Leistungen erbringen sollen! Ich möchte das Geschrei erleben, wenn deren Einkommen so brutal gekürzt werden, wie man mit uns verfahren hat!
Unsere Politiker die eigentlich die Interessen aller vertreten sollen, so wirdes bei der Vereidigung immer wieder beschworen. Nur was dabei am Ende herauskommt, erleben wir fast täglich! Wer wird eigentlich gezwungen derartige lange Arbeitszeiten zu leisten? Wir werden für alles verantwortlich gemacht, wir sind der Prügelknabe der Nation.
Für unsere Leistungen sagt uns niemand mal ein Dankeschön. Wir erzeugen 30% des Sauerstoffs, wir erhalten eine ansehenswerte Landschaft, die von unseren Mitmenschen gerne zu deren Erholung aufgesucht wird, zum Dank hinterlassen einige dabei auch deren Müll!
Machen Sie weiter so!
cource schrieb am 16.04.2018 09:36 Uhrzustimmen(22) widersprechen(47)
das übergeordnete sytem der profitmaximierung/überproduktion erlaubt kein nachhaltiges wirtschaften, diese "Erklärung" der SPD ist eine täuschung des deutschen volkes, macht kaputt was euch kaputt macht, ein weltweites nachhaltiges wirtschaften ohne ausbeutung der ressourcen/schinder ist möglich
carpe diem schrieb am 15.04.2018 22:14 Uhrzustimmen(47) widersprechen(27)
Der Reglementierungs- Überwachungs- und Ökofaschismus nimmt in Muttiland immer groteskere Züge an. Das Durchschnittseinkommen der deutschen Landwirte liegt laut Statistik bei ca. 35.000€ ! Ein Witz - jeder VW Facharbeiter bekommt ohne jeglichen Kapitaleinsatz und mit signifikant weniger Arbeitszeit einen wesentlich höheren Lohn. Für diesen Hungerlohn und die grotesk hohen Wochenarbeitsstunden im Vergleich zu anderen Berufen dürfen wir uns zusätzlich noch mit dem Titel "Umweltverschmutzer und Tierquäler" schmücken! Einfach nur noch zum Kotzen!
Waldbauer schrieb am 15.04.2018 17:19 Uhrzustimmen(55) widersprechen(31)
Was ist das denn für ein "Wünsch dir was" Geschwafel. Liebe Genossinnen und Genossen der roten Front, zeigt uns doch mal so einen nach euren Vorstellungen wirtschaftenden Betrieb. Macht uns dummen Bauern doch einmal vor, wie das alles funktionieren soll! Es ist nur dummes Gerede und heisse Luft, um jeden Wunsch aller Wählerschichten abdecken zu können. Seht euch die Buchführungsabschlüsse der sog. "Familienbetriebe an und analysiert sie genau, dann reden wir weiter, wer Saisonarbeitskräfte ausbeutet, wenn der Betriebsleiter selbst unter Harz V Niveau arbeitet.
Digitalisierung ist alles recht und schön, aber was bringt mir das? Soll ich meiner Kuh erklären, das sie nun digital erfasst, gemolken und der Methanausstoss beim pupsen schädlich ist und sie somit zwar als Milchlieferant gewünscht aber als Klimakiller nicht erwünscht ist?
Ein Lenksystem im Schlepper ist wunderschön, wenn die dazugehörigen Flächen denn dann auch schon im System aufgenommen sind und Daten über Schnittstellen in die Ackerschlagkartei übertragen werden können.
Keiner von euch lieben Genossen/innen ist dazu in er Lage, so etwas einzurichten geschweige den zu bedienen und schließlich und endlich auch zu bezahlen. Ein sehr großer Teil der Landwirte einschließlich mir auch nicht.
Soll ich zukünftig durch Anbau von Blühflächen und Extensivierung leben und meinen Betrieb in die nächste Generation führen, vorausgesetzt der zukünftige Betriebsleiter hat noch Lust dazu?
Haben sie eine Ahnung, was es heisst, Abschreibungen, Investitionen und schlussendlich das tägliche Leben zu erwirtschaften?
Nehmt meinen Betrieb und macht es mir vor. Ich verpachte Ihn euch zum ortsüblichen Pachtpreis auf 10 Jahre und bin dann auf das Ergebnis gespannt. Für alle Vermögensminderungen wird selbstverständlich voller Ausgleich verlangt. Insbesondere wird besonderes Augenmerk auf bestehende Bodengehalte, der Humusbilanz und der Betriebssubstanz gelegt.
Erst dann wird so manchem Dampfplauderer und nach dem Mundredner des sog. Bürgerwillens bewusst, was er da für enen Unsinn im 4jährigem Wahlturnus von sich gibt.
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