Diese Frage stellt sich nicht nur in Berlin, sondern auch in Stuttgart. Selbst führende Christdemokraten in Baden-Württemberg stochern im Nebel, wenn es darum geht, wohin die Reise mit dem neuen Ministerpräsidenten und Nachfolger von Günther Oettinger (
CDU) geht - und das gut ein Jahr vor der Landtagswahl.
Keine Fehler machen und niemanden vor den Kopf stoßen, hieß die Maxime des bulligen CDU-Fraktionschefs, seit Oettinger als EU- Kommissar nominiert wurde. Und um bei seiner Wahl am Mittwoch im Stuttgarter Landtag auch ja nichts anbrennen zu lassen, hat er sich kurzerhand selbst gewählt, wie er zugab: «Ich habe mich noch nie enthalten. Ich bin für etwas oder gegen etwas.» Aber auch nach seiner Wahl mit einem Wermutstropfen - es fehlte rechnerisch eine Stimme aus dem schwarz-gelben Lager - verzichtete der mit 43 Jahren jüngste Regierungschef in Deutschland darauf, seinen Kurs festzuzurren. Nur so viel: «Ich bin ja durch ein neues Amt kein anderer Mensch geworden.» Er habe nicht vor, sich verbiegen zu lassen.
Bisher hat sich Mappus als «konservativer Haudegen» profiliert, der dem oft zaudernden Oettinger mehrfach in die Parade fuhr und das unscharfe CDU-Profil unter Kanzlerin Angela Merkel ein ums andere Mal anprangerte. Seine Vorbilder sind Franz Josef Strauß - wie er Hobbypilot - und Vor-Vorgänger Erwin Teufel. Nach seiner Wahl am Mittwoch fiel den meisten in der CDU/FDP- Koalition ein Stein vom Herzen. Das Signal soll sein: Schwarz-Gelb schließt die Reihen. Mit einem Dutzend CDU-Abgeordneter herzte und knuffte Mappus sich - und sogar mit Intimfeinden wie dem früheren FDP-Fraktionschef Ulrich Noll plauschte er fröhlich.
Die Frage heißt nun: Wird Mappus als Regierungschef weiter das Raubein geben oder sich als Landesvater zeigen? Sein bisheriges Credo ist recht vage: «Es darf keine andere Partei geben, die das Lebensgefühl Baden-Württemberg besser verkörpert als die CDU.» SPD- Gegenspieler Nils Schmid spottet bereits über den «Mann ohne Eigenschaften». Zugleich warnt Schmid vor einem «Rechtsrutsch», denn Mappus sei viel konservativer als Vorgänger Oettinger. Die Opposition befürchtet vor allem eine Rolle rückwärts bei Kinderbetreuung, Ganztagsschulen und Integration von Ausländern.
Nach den drei Monaten Hängepartie, in denen Oettinger auf seine Kür in Brüssel wartete, liegen vor Mappus nun schwere Brocken. Der größte: Die
Wirtschaftskrise hat das Autoland Baden-Württemberg so stark wie kein anderes Bundesland getroffen und in eine Rekordneuverschuldung gestürzt. Mappus will den Landesetat möglichst schnell wieder ohne neue Schulden finanzieren. Hier ist der CDU- Landeschef ebenso gefordert wie beim Streit mit dem Koalitionspartner FDP über den Kauf von Steuersünderdaten. Wegen der Wahl von Agrarminister Peter
Hauk (CDU) zum neuen Fraktionsvorsitzenden ist klar: Mappus muss das Kabinett umbilden. Dabei darf er nicht zu viele aus dem Oettinger-Lager brüskieren. (dpa)