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14.09.2009 | 09:22 | Milchpolitik  

Streit um Milchquote ist vom Tisch

Växjö - Im Ringen um Hilfen für die Milchbauern ist der Streit um die Milchquote vom Tisch.

Milch im Glas
(c) proplanta
Am Rande eines Treffens der EU- Agrarminister sagte Staatssekretär Gert Lindemann am Montag im schwedischen Växjö, es zeichne sich weiter keine Mehrheit ab, die beschlossene Ausweitung der Produktion im kommenden Jahr auszusetzen. Deutschland verspricht sich von einem knapperen Angebot - einer geringeren Milchquote - höhere Preise für die Landwirte, die massive Einkommenseinbußen beklagen. «Das bringt nichts, mit dem Kopf immer wieder gegen die Wand zu laufen, wenn man sich schon eine blutige Nase geholt hat», sagte Lindemann.

Er machte klar, dass eine Gruppe von Mitgliedstaaten um Deutschland und Frankreich daran festhalte, mehr in den Markt einzugreifen. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel und Lindemann brachten in Växjö zwei neue Möglichkeiten ins Gespräch, um die Produktion zu drosseln. Die Quote begrenzt die gesamte erlaubte Produktion. Mit dem Instrument versucht die EU seit 1984, durch die Steuerung des Angebots die Preise stabil zu halten. Die Quote wird derzeit schrittweise erhöht und läuft 2015 aus. Wegen der niedrigen Preise hatte Agrarministerin Ilse Aigner zuletzt vor gut einer Woche gefordert, die Quote nächstes Jahr nicht zu erhöhen. Damit war sie aber bei Fischer Boel und einer Mehrheit der EU-Staaten auf taube Ohren gestoßen.

Jetzt will die Bundesregierung eine europäische Regelung für den freiwilligen staatlichen Aufkauf von Quoten einzelner Betriebe. Damit würden diese Quoten nicht ausgeschöpft, verfielen für das Mitgliedsland aber auch nicht gänzlich. «Wir wollen ja auch weiterhin Europas größter Milchproduzent bleiben», sagte Lindemann. Er habe von der Agrarkommissarin Andeutungen erhalten, dass dafür EU-Gelder bereit gestellt werden könnten. «Wir halten das für konsensfähig.»

Fischer Boel wiederum brachte eine Strafzahlung auf individueller Betriebsebene ins Spiel, die fällig würde, wenn ein Betrieb seine Quote überschreitet, aber das EU-Land insgesamt seine Quote unterschreitet. Von den Geldern sollen etwa Vorruhestandsregelungen bezahlt werden. Derzeit wird auf nationaler Ebene aufgerechnet («Saldierung»), überschreitet dann ein Land seine Quote, muss es der EU Strafen bezahlen, die es sich von den Betrieben zurückholt. Sie werde dafür bis Donnerstag einen Vorschlag vorlegen, sagte Fischer Boel. Die Dänin wies aber auch darauf hin, dass die Milchbauern seit 2003 Kompensation in Höhe von 5 Milliarden Euro im Jahr bekommen für vermutete Preisanstiege, die erst jetzt eingetreten sind.

Die Agrarminister tagen noch bis diesen Dienstag in Växjö. Auf dem informellen Treffen werden keine Beschlüsse gefasst. Der amtierende EU-Ratsvorsitzende und schwedische Agrarminister Eskil Erlandsson erklärte, er habe von Fischer Boel die feste Zusage erhalten, sie werde im Oktober einen Bericht über die Milchpreis-Entwicklung auf den Weltmärkten vorlegen. «Die Lage im Milchsektor ist problematisch und im Wesentlichen gleich in der gesamten EU.»

Fischer Boel hat Beihilfen für die Verfütterung «Geldverschwendung» genannt und einen höheren Interventionspreis abgelehnt. Auch die holländische Agrarministerin Gerda Verburg lehnte dies ab. «Es sollte keine weitere Intervention geben», sagte sie. Die Produktion dürfe nicht zu sehr gedrosselt werden. «Wenn nächstes Jahr die Preise wieder ansteigen - was dann?» Wegen der Krise fließen in der EU 2009 Exporterstattungen und Gelder für Interventionskäufe in Höhe von etwa 600 Millionen Euro.

Der EU-Kommission zufolge bleibt die Milchproduktion 2008/09 um 4 bis 5 Prozent unter der Quote. Ähnlich lautet die Prognose für 2009/2010, weswegen ein Einfrieren der Obergrenze keine Folgen für die Preise gehabt hätte. Außerdem sei seit 1984 die Zahl der Milchviehhalter von 1,3 Millionen auf 300.000 gesunken - trotz Quote.

Im Moment liegt der Milchrohpreis bei etwa 20 Cent je Liter, die langfristige Tendenz zeigt jedoch nach oben. Die Mehrheit der EU- Staaten will die Produktion nicht drosseln, um die wachsende Nachfrage beispielsweise in Asien bedienen zu können. Experten weisen darauf hin, dass Länder wie Neuseeland mit starken bäuerlichen Genossenschaften dafür besser aufgestellt seien. Speziell die deutschen Milchbauern haben mit höheren Kosten sowie einer starken Marktmacht der Handelsriesen wie Aldi zu kämpfen. (dpa)
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