Die heutige EU-Agrarförderung stützt sich vor allem auf Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe. Das Geld soll einen Ausgleich dafür bieten, dass viele
Agrarpreise auf Weltmarktniveau gesunken sind, obwohl Bauern in der EU höhere Standards im Umwelt- und Tierschutz einhalten müssen. Für die Haushaltsperiode 2014-2020 werden die Gelder neu verteilt. Die
EU-Kommission hat Vorschläge für eine Reform der
Agrarpolitik gemacht, die grüner, gerechter und effizienter werden soll.
Wohin fließen heutzutage die EU-Agrarhilfen?
Größter Empfänger ist derzeit Frankreich, wo es die meisten Felder, Wiesen und Höfe gibt. Fast 10 Milliarden Euro haben französische Bauern nach Angaben der EU-Kommission 2009 erhalten. Gleich danach folgen Spanien, Deutschland (6,9 Mrd Euro) und Italien. Seit der letzten Reform 2003 gilt das Prinzip: Mehr Fläche, mehr Geld. Bis 2003 hatten Bauern, die mehr produzierten, mehr Geld bekommen - doch dadurch entstanden Milchseen und Getreideberge.
Wie lautet die Kritik an dem System?
Die Verteilung ist ungerecht und basiert auf historischen Grundlagen, die heute nicht mehr gelten, sagt EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos. Insbesondere die osteuropäischen Mitgliedsstaaten würden benachteiligt. So erhält ein deutscher Bauer bei den Direktzahlungen zurzeit im Schnitt 318 Euro pro Hektar; in Litauen bekommt ein Landwirt dagegen nur 100 Euro.
Warum gibt es Unterschiede zwischen West und Ost?
Weil bei der Verteilung der Subventionen 2003 die Löhne, Arbeits- und Produktionskosten miteingerechnet wurden. Diese lagen im Westen deutlich höher als im Osten Europas.
Welche Ungerechtigkeiten gibt es?
Wenn jeder Bauer für seine Fläche gleich viel Subventionen aus Brüssel bekommt, sind diejenigen benachteiligt, die umweltschonender produzieren und deshalb mehr Arbeitskräfte benötigen - etwa Öko- Bauern. «Die gemeinsame Agrarpolitik muss grüner werden», sagt Kommissar Ciolos. Zwar gibt es auch jetzt schon Umweltauflagen, die Höfe erfüllen müssen, aber Kritiker bemängeln, dass praktisch jeder Hof diese erfüllt.
Was soll sich mit der geplanten Reform ändern?
Erstens soll es gerechter zugehen: Die Unterschiede bei den Direktzahlungen zwischen den Mitgliedsländer sollen schrumpfen. Das käme Osteuropas Bauern zu Gute, während deutsche Großbauern weniger Subventionen bekämen. Zweitens soll die Agrarpolitik grüner werden: Ciolos plant einen Grundbetrag für Landwirte. Weitere Zahlungen soll es nur für ökologische Maßnahmen geben, zum Beispiel wenn der Bauer jedes Jahr etwas anderes anpflanzt.
Was ist mit Großbetrieben?
Für große Höfe soll es Höchstgrenzen geben - dann könnten die Gelder gleichmäßiger zwischen kleinen und großen Betrieben verteilt werden.
Immer noch stehen Konzerne - und nicht Bauern - an der Spitze der Geldempfänger aus den EU-Agrartöpfen: In Deutschland erhielten 2009 die Molkerei Nordmilch und die Südzucker AG die meisten EU-Gelder.
Diese Exportsubventionen soll es ihnen ermöglichen, die relativ teuren Produkte der EU-Bauern weltweit zu verkaufen. Diese Subventionen schrumpfen bereits nach und nach.
Wie geht es nun weiter?
Die größten Empfängerländer Frankreich, Spanien und Deutschland machen Front gegen die Pläne der EU-Kommission. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) wehrt sich mit Blick auf Osteuropa gegen Gleichmacherei, der Deutsche Bauernverband fürchtet mehr Bürokratie. Nun geht die Debatte erst richtig los. Mitte 2011 will die EU-Kommission einen endgültigen Vorschlag präsentieren. Die 27 Mitgliedsländer und das Europaparlament, das seit dem Lissabon-Vertrag bei Agrarfragen Mitgesetzgeber ist, müssen zustimmen. (dpa)