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15.04.2020 | 08:51 | Coronakrise 

Wie das Coronavirus die Welt verändert

Wien - Das Corona-Ursprungsland China ist schon seit Wochen wieder auf dem Weg zur Normalität, jetzt beginnen auch die ersten Länder in Europa, ihre Maßnahmen gegen die Virus-Verbreitung zurückzufahren.

Coronakrise weltweit
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Wo breitet sich das Coronavirus gerade am rasantesten aus? Wo sind die Gegenmaßnahmen am härtesten und die Folgen am dramatischsten? Aber auch: Wo gibt es Hoffnung? Diesen Fragen sind Korrespondenten der dpa in aller Welt nachgegangen - von Nicaragua bis Nauru. (c) proplanta
Es gibt aber auch noch Länder, in der die Pandemie noch gar nicht angekommen ist.

Österreich - Der Exit beginnt



Als eines der ersten Länder in Europa fährt Österreich seine Anti-Corona-Maßnahmen zurück. Nach vierwöchiger Schließung wegen der Corona-Krise haben in Österreich seit Dienstag wieder zahlreiche Geschäfte geöffnet.

Von der Lockerung profitierten kleine Läden mit weniger als 400 Quadratmetern Verkaufsfläche sowie die Bau- und Gartenmärkte, vor denen sich vereinzelt lange Schlangen bildeten. Die Öffnungszeiten der Läden sind auf 07.40 Uhr bis 19.00 Uhr beschränkt. Händler, die zu viele Kunden auf einmal hereinlassen, müssen mit bis zu 3.600 Euro Strafe rechnen.

Es gibt zugleich Auflagen. Alle Kunden und Mitarbeiter müssen einen Mundschutz tragen, der Mindestabstand von einem Meter ist einzuhalten und die Zahl der Kunden im Verkaufsraum wird begrenzt. Das Bedecken von Mund und Nase durch einen speziellen Schutz oder einen Schal wird in allen öffentlichen Verkehrsmitteln Pflicht.

Die Ausgangsbeschränkungen bleiben im Prinzip bis Ende April in Kraft. In einer zweiten Stufe sollen vom 2. Mai an alle Geschäfte in Österreich wieder öffnen dürfen, dazu zählen auch die Friseure. Von Mitte Mai an könnten die Lokale und Restaurants folgen.

Österreich steht im internationalen Vergleich in der Coronakrise aktuell gut da. Die Infektionszahlen sind eher niedrig, die Zahl der Genesenen dafür hoch. Außerdem sind die Kapazitäten der Kliniken zur Behandlung auch schwerer Fälle der Lungenkrankheit Covid-19 bei weitem nicht ausgelastet.

Frankreich - Verlängerung der Ausgangssperre beunruhigt Gastgewerbe



In dem weitaus stärker als Österreich von der Corona-Pandemie betroffenen Frankreich gibt es dagegen bis zum 11. Mai keine Lockerung. Das Gast- und Hotelgewerbe rechnet deswegen mit fatalen Konsequenzen.

«Für unsere Unternehmen ist die wirtschaftliche Katastrophe bestätigt», erklärte der Präsident des französischen Verbands der Hotelindustrie (UMIH), Roland Héguy, am Dienstag in einer Mitteilung. Das Jahr 2020 sei ein «verlorenes Jahr für Cafés, Hotels, Restaurants und Nachtclubs», so Héguy. Er kritisierte, dass es für den Sektor bisher kein Szenario für eine Wiedereröffnung gebe.

Staatschef Emmanuel Macron hatte am Montagabend eine Verlängerung der geltenden strengen Ausgangsbeschränkungen bis 11. Mai angekündigt. Ab dann sollen Schulen und Kindergärten schrittweise wieder öffnen - Restaurants, Cafés oder Hotels sollen dann aber vorerst noch geschlossen bleiben.

Die Gewerbe arbeiteten bereits an praktischen Leitfäden, um wieder Kunden bedienen zu können und gleichzeitig deren Gesundheit und die der Mitarbeiter zu garantieren, erklärte UMIH-Präsident Héguy.

Die Branche ist ein prestigeträchtiges Aushängeschild für Frankreich. Spitzenherbergen wie das Ritz in Paris oder das Negresco in Nizza haben internationalen Ruf. Die Feinschmeckerbibel Guide Michelin zählt für Frankreich und Monaco allein 29 Lokale mit der Bestnote drei Sterne. Der für Tourismus zuständige Staatssekretär Jean-Baptiste Lemoyne rechnet im Tourismussektor mit zehn bis elf Milliarden Euro Verlust - pro Monat.

Indien - Größte Ausgangssperre der Welt verlängert



Auch in Indien gibt es noch keine Entspannung. Die strikte Ausgangssperre für 1,3 Milliarden Einwohner - der größte Lockdown der Welt - wurde bis zum 3. Mai verlängert. Bis Anfang kommender Woche werde zudem bei jedem Distrikt überprüft, ob er sich an die strikten Regeln halte, sagte Indiens Premierminister Narendra Modi in einer Fernsehansprache am Dienstag.

Anschließend könnte es gegebenenfalls in weniger stark von Covid-19 betroffenen Regionen einige Lockerungen geben. Zurzeit darf man in Indien nur raus, um Lebensmittel und Medikamente zu kaufen und in Notfällen. Modi sagte, sein Land habe wegen des schnellen Handelns die Ausbreitung des Virus besser eingeschränkt als andere Nationen.

Im zweitbevölkerungsreichsten Land nach China gibt es inzwischen mehr als 10.000 bestätigte Covid-19-Fälle, mehr als 300 Infizierte starben. Die Zahlen könnten aber zu niedrig sein, weil das Land vergleichsweise wenig testet.

Die Ausgangssperre gilt seit drei Wochen. Besonders hart getroffen haben die Maßnahmen viele Tagelöhner und Wanderarbeit, die dadurch ihre Arbeit verloren und von denen viele Angst haben zu verhungern. Modi deutete in seiner Rede mehr Hilfe für sie an.

Belarus - Lukaschenko hofft auf ein Osterwunder



Ausgangssperren gibt es nicht, auch der Fußball rollte bislang weiter. In Belarus (Weißrussland) will der autoritäre Präsident Alexander Lukaschenko trotz rasant steigender Virusfälle nun auch an den Osterfeiern festhalten, orthodoxen  Kirche dieses Wochenende begangen werden.

«Wer beten will, soll in die Kirche kommen», sagte der Staatschef der Agentur Belta zufolge. Der Staat werde seinen Bürgern dies nicht verbieten, und «niemanden den Weg in die Kirche versperren». Die Gläubigen sollten lediglich nicht zu lange in den Kirchen verweilen, Speiseweihen sollten im Freien stattfinden. Das hochansteckende Virus werde auch ihn nicht abhalten. «Ich gehe in die Kirche, das ist meine Tradition.»

Bislang hatte der Präsident das Virus als «Psychose» kleingeredet, doch die Infektionszahlen sprechen eine deutliche Sprache. Innerhalb weniger Tage wurden in der Ex-Sowjetrepublik knapp 3.300 Fälle registriert (Stand Dienstag); die Krankenhäuser sind voller Covid-19-Patienten. 33 Menschen sind bislang daran gestorben.

Lukaschenko hofft dabei auf ein Osterwunder: «Wenn wir jetzt auf diesem Niveau bleiben, haben wir gewonnen.» Die Bürger müssten jetzt nur noch diese Woche durchhalten. Und Lukaschenko, der seit mehr als 25 Jahren an der Macht ist, geht noch weiter: «Niemand wird mehr in unserem Land an dem Coronavirus sterben. Das ist meine feste Überzeugung.»

Nicaragua - Musikfestival trotz Corona-Krise



Das Weißrussland Lateinamerikas ist in Sachen Corona Nicaragua. Weder schließt das kleine, mittelamerikanische Land zwischen Pazifik und Atlantik Schulen, noch schränkt es das öffentliche Leben wesentlich ein. Auch hier gibt es weiter Fußball-Spiele, wenn auch ohne Zuschauer. Begründet wird all dies damit, dass es in Nicaragua nur neun Corona-Infizierte und keine lokale Übertragung gebe.

Die Initiative «Observatorio Ciudadano COVID-19 en Nicaragua» hatte indes zuletzt von 184 Betroffenen berichtet. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf Nicaragua vor, mit seinem Verhalten die Gesundheit und das Leben von Menschen in Gefahr zu bringen.

Tausende Nicaraguaner missachteten während der Karwoche und über die Ostertage die Abstandsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und reisten in Badeorte oder nahmen an Festivals teil. Gut besucht war etwa das «Summer Music Fest 2020» am Sonntag in einem Badeort nahe der Hauptstadt Managua, wie das regierungsnahe Portal «El19Digital» berichtete.

Während die Bischöfe in dem katholischen Land wegen der Coronavirus-Pandemie Prozessionen ohne Publikum abhielten und zum Daheimbleiben aufriefen, hatte die linke Regierung von Präsident Daniel Ortega Dutzende Veranstaltungen sogar organisiert und den Tourismus angekurbelt.

Niederlande - Tulpenfelder werden vor der Blüte gemäht



Die Corona-Krise zwingt die niederländischen Blumenzüchter zu bitteren Maßnahmen: Zum ersten Mal in Jahrzehnten mähen sie die blühenden Tulpenfelder ab, mehrere Wochen bevor die Blumen ausgeblüht sind. Dadurch hoffen sie, dass der Tulpen-Tourismus gestoppt wird und das Coronavirus eingedämmt werden kann.

Jedes Jahr im Frühjahr verwandeln die blühenden Tulpenfelder die Landschaft vor allem rund um Den Haag im Westen des Landes zu einem gigantischen bunten Teppich.

Jährlich besuchen Millionen Touristen aus aller Welt die Region zur Tulpenblüte. Doch angesichts der strengen Corona-Maßnahmen in diesem Jahr wurden die Ausflüge untersagt. Dennoch hatten tausende von Menschen am Osterwochenende die Verbote missachtet. Die Polizei hatte daraufhin Felder und Straßen abgesperrt. Dennoch kamen nach Angaben der Polizei immer neue in- und ausländische Touristen.

Nun zogen die Züchter die Konsequenzen. «Mir kommen die Tränen», sagte Tulpenzüchter Simon Pennings der niederländischen Agentur ANP. «Aber es geht nicht anders.» Die Tulpen auf den Feldern sind übrigens nicht zum Verkauf bestimmt. Die Züchter graben die Blumenzwiebeln später aus und verkaufen diese.

Nauru - Kampf gegen die «Invasion» der Viren



Das Coronavirus hat sich inzwischen in rund 180 Länder verbreitet. In der Corona-Statistik der Johns-Hopkins-Universität fehlen nur noch 15 Länder, in denen es offiziell noch keine Fälle gibt. Zehn davon sind Inselstaaten im Pazifik.

Für die kleinsten Länder der Welt ist die isolierte Lage inmitten eines Ozeans in dieser Zeit ein Segen. Trotzdem gibt es dort Befürchtungen, dass die «Invasion» der Coronaviren noch bevorstehen könnte. Der Inselstaat Nauru hat sich deswegen beispielsweise fast komplett abgeschottet.

Die einzige Möglichkeit, in das drittkleinste Land der Welt zu kommen oder es zu verlassen, ist ein Flug ins australische Brisbane. Der geht aber nur alle zwei Wochen. Alle Einreisenden plus die Flugzeugbesatzung werden anschließend für 14 Tage in einer Quarantäneeinrichtung interniert.

«Jeder muss sich an diesem Kampf beteiligen», sagt der Präsident der Inselrepublik, Lionel Aingimea, in einem dpa-Interview zu den Abwehrmaßnahmen.

Vorsorglich will er in den nächsten Tagen seinen Landsleuten die Verhaltensregeln näher bringen, die in den Corona-Staaten üblich sind: Zwei Meter Abstand, Winken statt Händeschütteln, Tragen von Schutzmasken. «Man kann wirklich nicht sagen, dass Isolation alleine die Lösung ist. Man muss einfach produktiv im Kampf gegen das Virus sein», sagt der Präsident.
dpa
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