Vor allem die Umverteilung von Finanzmitteln zwischen den EU-Mitgliedstaaten und die erwogene noch stärkere Verknüpfung von Teilen der Ausgleichszahlungen mit neuen ökologischen Auflagen bergen aus Sicht des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) viel politischen Sprengstoff. Der Verband teilt die Analyse der Kommission, dass die europäische Landwirtschaft künftig stark gefordert sein wird, um bei Einhaltung der weltweit strengsten Standards im Verbraucher-, Umwelt- und Naturschutz eine steigende Weltbevölkerung zu ernähren und gleichzeitig erneuerbare Energien zu produzieren. Er vermisst allerdings konkrete Vorschläge zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, damit diese die genannten Herausforderungen bewältigen können.
„Wir brauchen die Direktzahlungen vor allem, um unseren Betrieben eine Basisabsicherung im Weltmarkt zu geben. Die weitere Ökologisierung der Ausgleichszahlungen an die europäischen Landwirte mag politisch opportun erscheinen, ich persönlich lehne sie aber strikt ab. Gerade in Deutschland haben wir hier keinerlei Nachholbedarf. Mit unserer einheitlichen
Flächenprämie sind wir so gut aufgestellt wie kein anderer Staat der EU. Die Kommission wäre besser beraten gewesen, dafür zu sorgen, dass zunächst alle übrigen EU-Mitgliedstaaten die Grundideen der letzten
Agrarreform von 2003 vollständig umsetzen. So schafft sie ohne Not völlig überflüssige Bürokratie, die man doch eigentlich reduzieren wollte. Wir werden daher auch über das Europäische Parlament versuchen, hier zu sinnvollen Lösungen zu kommen“, sagte WLV-Präsident Franz-Josef Möllers.
Die heute vorgestellten Planungen der
EU-Kommission sehen u. a. vor, die einheitliche Prämie für landwirtschaftliche Betriebe künftig in zwei Teilprämien aufzuspalten: eine „Basisprämie“, die, wie bisher auch, an die Einhaltung vieler Standards aus dem Umwelt-, Natur- und Tierschutz gekoppelt sein soll, und eine neue Prämie, deren Auszahlung an noch weitergehende, bisher aber nicht genau definierte Auflagen gebunden wäre.
Mit der Veröffentlichung der Kommissionsmitteilung beginnt die „heiße Phase“ der politischen Diskussionen über die Ausgestaltung der Gemeinsamen
Agrarpolitik der Jahre 2014 bis 2020. Erstmals werden 27 Mitgliedstaaten gefordert sein, innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre einen tragfähigen Kompromiss zu finden. Da zugleich auch der gesamte EU-Haushalt für diesen Zeitraum verabschiedet und die aktuelle Finanzkrise überwunden werden muss, steht die EU vor außergewöhnlich schwierigen Verhandlungen.
„Die Frage, wie Finanzmittel zwischen den Mitgliedstaaten umverteilt werden sollen, wird sicherlich einen Schwerpunkt der nun beginnenden Verhandlungen bilden. Hier sind wir bereit, gewisse Verschiebungen zugunsten unserer Berufskollegen in den neuen Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa mitzutragen. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang den Vorschlag der Kommission, auf eine vollständige Angleichung der Ausgleichszahlzungen zwischen allen Mitgliedstaaten zu verzichten. Dies hätte angesichts der nach wie vor sehr unterschiedlichen Kostenstrukturen in den Mitgliedstaaten zu Verwerfungen geführt, die niemand verstanden hätte“, sagte WLV-Präsident Möllers. (wlv)