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17.09.2012 | 10:11 | Agrarbusiness 

Agrarbarone wollen Ukraine wieder zur Kornkammer machen

Kiew - Fruchtbare Böden so weit das Auge reicht, ein gemäßigtes Klima - die Ukraine war die Kornkammer der Sowjetunion. Doch veraltete Technik und fehlende Fachkräfte erschweren die Entwicklung. Moderne «Agrarbarone» wollen das ändern - doch die sind durchaus umstritten.

Getreidefeld
(c) proplanta
Die Kornkammer Ukraine träumt von einer Rückkehr an die Weltspitze. Die riesigen fruchtbaren Schwarzerdeböden zwischen Karpaten und Schwarzem Meer sollen in Zeiten weltweiter Nahrungsmittelkrisen helfen, die Versorgung sicherzustellen.

Doch bislang liegt das Potenzial meist brach. Zu wenig Kapital, zu wenig Know-how, urteilt der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft in einer Studie. Von oft «chaotischen Entscheidungen» der Regierung spricht Alexej Lissiza, Präsident des Ukrainian Agribusiness Clubs in Kiew.

Bislang prägten vor allem Familienbetriebe als Selbstversorger das Bild. Nun aber drängen moderne «Agrarbarone» an die Spitze der Landwirtschaft, die bereits ein wichtiger Faktor in der ukrainischen Exportwirtschaft ist. Einer von ihnen ist Oleg Bachmatjuk (37).

Sein Konzern Avangard ist mit sechs Milliarden Eiern im Jahr nach eigenen Angaben der zweitgrößte Eierproduzent der Welt. Nun erhält der Herr über 25 Millionen Hühner Unterstützung aus Deutschland: Mit einer Kreditbürgschaft fördert die Bundesregierung trotz des Käfigverbots für Legehennen im eigenen Land den Bau riesiger Hühneranlagen.

Die Voraussetzungen in der Ukraine sind hervorragend: Etwa 32 Millionen Hektar Ackerfläche stehen zur Verfügung, mehr als doppelt so viel wie in Deutschland. Ein Großteil besteht aus Schwarzerde - insgesamt verfügt die Ukraine über rund ein Drittel der Weltvorräte dieses äußerst fruchtbaren Bodentyps. Die 47 Millionen Tonnen Getreide, die Regierungschef Nikolai Asarow für dieses Jahr ankündigte, liegen aber deutlich unter der deutschen Produktion.

Die «Agrarbarone» wollen das ändern - und schaffen sich ein Quasi-Monopol. In einigen Wirtschaftszweigen stellten die Holdings mehr als 70 Prozent der Bruttoproduktion her, erzählt Lissiza der Nachrichtenagentur dpa. Ein Hindernis für die großen Konzerne ist bislang, dass die modernen Landwirte das Ackerland nur pachten, nicht aber kaufen dürfen.

Schon jetzt aber ist Avangard-Chef Bachmatjuk als «Zar der Felder» bekannt - er hat bereits 430 000 Hektar Ackerfläche gepachtet, das ist doppelt so groß wie das Saarland. Gemeinsam mit seinem auf Düngemittel spezialisierten Bekannten Dmitri Firtasch will Bachmatjuk die komplette Kette vom Futteranbau bis in den Supermarkt abdecken.

Interesse an einem Ende des Verkaufsmoratoriums hat auch Andrej Werewski (38), den Kritiker als politischen Wendehals bezeichnen. Seine Kernel Group beherrscht das Speiseöl-Geschäft, zudem verfügt er über die größten Silokapazitäten im Land. Der studierte Lebensmitteltechniker Juri Kossjuk (44) ist unumstrittener Marktführer beim Geflügelfleisch. Seine Firma Mironowski Chleboprodukt verarbeitet bis zu 3,6 Millionen Hühner - täglich.

Doch die modernen Großkonzerne gefährden das traditionelle Bild der ukrainischen Landwirtschaft, in der kleine Familienbetriebe als Selbstversorger und hochtechnisierte Agroholdings nebeneinander existierten. Vor allem die enge Vernetzung der Konzernlenker mit der Staatsspitze ist Experten ein Dorn im Auge. «Kleinere Konkurrenten werden manchmal raus gedrängt oder behindert», kritisiert der Deutsche Dietrich Treis, der in Kiew Landwirte berät.

Ein Zurück wird es aber vermutlich nicht geben. Schließlich ist die finanziell angeschlagene Ukraine stark auf Einnahmen angewiesen, dabei soll der Agrarsektor helfen. Mit etwa 13 Milliarden US-Dollar macht dieser Wirtschaftszweig bislang rund ein Fünftel der Exporte aus. Von einer «Lokomotive der nationalen Exportwirtschaft» spricht Lobbyist Lissiza. Hoffnung auf mehr macht ein geplantes Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union.

Die Konkurrenz mit dem teuren EU-Markt wäre ein guter Anreiz, die Produktion in der Ukraine zu verbessern, meint Agrarexperte Treis. Doch wegen des Drucks von Präsident Viktor Janukowitsch auf seine Gegner wie die inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko zögert Brüssel mit der Ratifizierung. (dpa)
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