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19.01.2013 | 12:31 | Kritischer Agrarbericht 

Agrarexporte aus Deutschland in der Kritik

Berlin - Zufrieden, stolz und ein wenig missverstanden - so sehen sich die deutschen Bauern auf der diesjährigen Grünen Woche.

Schweinefleisch
(c) contrastwerkstatt - fotolia.com
Zufrieden, weil ihre Produkte international gefragt sind, was Umsatz und Einkommen gut tut. Stolz, da sie darin einen wichtigen Beitrag zur Welternährung sehen. Doch auch missverstanden, denn Umwelt- und Naturschützer, aber auch kleinere Bauernverbände sehen das nicht so. «Wir ernähren die Welt», prahlt die eine Seite, und die andere schimpft: «Ihr exportiert den Hunger, zerstört unsere Umwelt.»

Die anderen, das ist etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). «Wir exportieren das Fleisch, und die Gülle bleibt hier», kritisiert der Vorsitzende Hubert Weiger. In der Folge wachse die Stickstoffbelastung im Grundwasser, etwa in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wo große Geflügel- und Schweineställe stehen.

Tatsächlich kennen die deutschen Agrarexporte seit Jahren nur eine Richtung: aufwärts. Für 2012 schätzt Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) einen Rekordwert von 62 Milliarden Euro - ein Thema auch im neuen «Kritischen Agrarbericht». Mitautorin Berit Thomsen betont, dass Deutschland 2007 noch Schweinefleisch importierte. Inzwischen produzierten die Bauern 15 Prozent mehr, als die Bundesbürger brauchen. «Die Preise für die Erzeuger sind durch die Überversorgung unter Dauerdruck geraten; zugleich gelangen deutsche wie auch europäische Exporte in die ärmsten Länder der Welt.» Dort würden Kleinbauern vom Markt gedrängt.

Die Exporte - ein Schnitt ins eigene wie ins fremde Fleisch? Das Agrarministerium widerspricht, wirft dem BUND gar falsche und irreführende Behauptungen vor. 78 Prozent der deutschen Agrarausfuhren gingen in EU-Staaten, hebt das Aigners Haus hervor. Auch darüber hinaus gelangten die Exporte in kaufkräftige Märkte, etwa die USA, Russland und die Schweiz.

«Es ist gut, dass unsere Waren anerkannt werden und wir in die große weite Welt exportieren», meint Bauernpräsident Joachim Rukwied. Mit seinen bestens ausgebildete Bauern, guten Böden und neuester Technik seien die Deutschen in der Lage, Lebensmittel sehr effizient zu produzieren - das schütze auch das Klima und die Umwelt.

«Absurd», meint BUND-Mann Weiger. «Der Bauernverband blendet die Folgekosten aus.» Weil hierzulande das Futter nicht reiche, werde Regenwald in Südamerika zerstört, um Soja für deutsche Ställe zu produzieren. In den Zielländern verhinderten deutsche Exporte, dass die Länder ihre eigene Ernährungswirtschaft voranbrächten und die eigenen Ressourcen nutzten. Als Beispiele nennt er die Ausfuhr von Geflügelresten nach Westafrika und von Milch nach Russland.

Die deutsche Agrarbranche ist dabei auch Getriebene: «Wir müssen uns entwickeln, wachsen können, weil wir sonst nicht wettbewerbsfähig bleiben», sagt Präsident Rukwied. Und Wachstum gibt es momentan fast nur außerhalb der EU. Die Exportförderorganisation Gefa verweist etwa auf das Plus in China: 85 Prozent auf 534 Millionen Euro in den ersten zehn Monaten 2012. Bei den Abnehmern außerhalb der EU liegt China damit schon auf Platz fünf, hinter Russland, der Schweiz, den USA und Saudi-Arabien. Aber Entwicklungsländer finden sich auch auf den folgenden Plätzen tatsächlich nicht.

Dass es ohne Nahrungsmittelexporte und Futtereinfuhren nicht mehr gehe, sagt auch Michael Schmitz, Professor für Agrar- und Entwicklungspolitik in Gießen. Umweltschützer fordern, dass jeder Bauer nur so viele Tiere halte, wie er von seinem Boden ernähren kann. Aber das funktioniere nicht mehr, sagt Schmitz. «Wir würden völlig verarmen, wenn wir nur geschlossene Kreisläufe haben.» Schmitz mahnt aber eine Lösung für die Umweltfolgen in Deutschland an.

Obergrenzen für Tierbestände seien eine Lösung oder eine Börse, an der das Recht, Stickstoff auszubringen, gehandelt wird - eine Art Emissionshandel für Gülle. Der Professor fordert: «Wir müssen die Kosten denen anlasten, bei denen das anfällt.» (dpa)
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