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19.03.2016 | 10:56 | Agrarwirtschaft 2016 
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Agrargenossenschaften bekommen Krise deutlich zu spüren

Schwerin - Auf dem Bezirkstag der Agrargenossenschaften in Mecklenburg-Vorpommern verschaffte sich Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz, am Freitag in Schwerin einen umfassenden Einblick in die wirtschaftliche Situation genossenschaftlich organisierter Agrarbetriebe.

Agrargenossenschaften in Mecklenburg-Vorpommern
(c) proplanta
„Gerade in ländlichen Regionen gehören Agrargenossenschaften zu den bedeutenden Arbeitgebern. In Mecklenburg-Vorpommern bewirtschafteten in 2015 etwa 156 Agrargenossenschaften rund 193.000 Hektar der landwirtschaftlichen Nutzfläche, das entspricht einem Anteil von ca. 14 %.“

„Ihre bäuerlichen Mitglieder erhalten Einkommen durch Arbeitsplätze, Pachtzahlungen und die Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg. Agrargenossenschaften sind außerdem ein wichtiger Auftraggeber für andere örtliche Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen. Durch die enge Bindung an die Mitglieder und ihre Familien sind sie nicht selten ein fester Bestandteil des gemeinschaftlichen Lebens und engagieren sich bei der Durchführung von Festen und Veranstaltungen.“

„Kurz gesagt: Sie übernehmen Leistungen, die sonst womöglich niemand übernehmen würde und tragen damit maßgeblich zur Aktivierung des ländlichen Raums bei“, betonte Dr. Backhaus.

Der Minister wies auch darauf hin, dass Agrargenossenschaften in Zeiten der Krise ebenso ums Überleben kämpften, wie ihre Kollegen aus anderen betrieblichen Strukturen. Nach Aussagen des Genossenschaftsverbandes Schwerin wären hiesige Genossenschaften im Vergleich zu einzelbetrieblichen GmbHs zwar eher in der Lage die Krise zu überstehen, da durch die betriebliche Kombination aus Marktfrucht und Milchproduktion Quersubventionierungen möglich sind, doch auch hier spitze sich die Lage durch die anhaltend niedrigen Preise immer weiter zu.“

„Die geringeren Rohstoffpreise, zum Beispiel bei Raps und Mais, werden auch für Genossenschaften zunehmend zu einer wirtschaftlichen Belastung“, sagte er weiter. Auch die Nachwuchsfindung gestalte sich unter diesen Vorrausetzungen nicht leichter.

Deshalb gelte auch in genossenschaftlichen Strukturen die Devise schnell Liquidität auf die Höfe zu bringen. Erst kürzlich hat sich Dr. Backhaus in dieser Angelegenheit an Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt gewandt: „Wenn nicht schnell, unbürokratisch und ohne komplizierte Genehmigungsverfahren durch die Europäische Kommission geholfen werde, haben wir etwa im Frühsommer mit einer erheblichen Anzahl von Insolvenzen zu rechnen, vor allem bei vermeintlich gut aufgestellten, spezialisierten Milcherzeugern.“

„Ein moderner Milchviehbetrieb mit 400 Kühen macht derzeit monatlich 27.000 Euro Verlust und das seit fast einem Jahr. Wir brauchen also dringend abgestimmte Hilfe und können nicht bis zur Frühjahrs-AMK oder dem Runden Tisch Milch warten, um endlich Nägel mit Köpfen zu machen.“

„Ich bin mir natürlich auch darüber bewusst, dass der Bund allein die Last von Soforthilfen nicht tragen kann. MV bietet seinen Landwirten deshalb beispielsweise Landesbürgschaften auch für Umlaufmittelkredite an und prüft die Übernahme der Kosten für diese Bürgschaften bis zu einer Höhe von 15.000 Euro.“

„Wir intensivieren und erweitern die kostenfreie sozioökonomische Beratung für Landwirte. Auch bleiben bei uns im Land die Pachtpreise für Landesflächen in 2016 auf dem Niveau des Vorjahres. Überdies bieten wir über unsere Landgesellschaft den Flächenankauf in Verbindung mit langfristiger Pacht und Rückkaufoption für Veredlungsbetriebe an“, so der Minister.

Hintergrund


Der Milchmarkt ist derzeit von EU-weit wachsenden Milcherzeugungsmengen gekennzeichnet. Insbesondere seit Aufhebung der Quotenregelung im April 2015 wird in einigen Regionen deutlich Gas gegeben. In den Niederlanden hat die Milchanlieferung im vergangenen Jahr einen neuen historischen Höchststand erreicht.

Die bisherige Rekordmarke von 12,9 Millionen Tonnen unmittelbar vor der Einführung des Quotensystems 1984 wurde um rund 0,4 Millionen Tonnen übertroffen. Der Markt nimmt diese Mengen zwar auf, aber nur zu sehr geringen Preisen. Milch, aber auch Schweinefleisch können in Deutschland vor diesem Hintergrund nicht mehr kostendeckend produziert werden Die Erzeugerpreise geraten immer weiter unter Druck, so der Minister.

Der Milcherzeugerpreis lag 2014 in MV bei durchschnittlich 36,84 ct/kg und im November 2015 nur noch bei 26,70ct/kg. Zum Vorjahresmonat ist das ein Rückgang um ca. 17,7 %. Wurden 1990 noch 1,1 Mio. Rinder im Land gehalten, sind es heute rund 560.000. 55 Betriebe haben 2015 in MV die Milchhaltung aufgegeben.
regierung-mv
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Kommentare 
Kutusow schrieb am 21.03.2016 14:50 Uhrzustimmen(179) widersprechen(133)
Weshalb kann der Bund die "Last" der Soforthilfen nicht allein tragen, Herr Dr. Backhaus? Er hat den wesentlichen Teil der Umsatzverluste doch in Person von Kanzlerin Merkel durch die Verhängung der Russlandsanktionen zu verantworten! Wer solche Schäden anrichtet, muss auch dafür aufkommen! Eine der ersten Amtshandlungen dieses Bundestages war es, den Beschluss zu fassen, die Diäten an die Vergütung von Bundesrichtern anzupassen und automatisch mit der Lohnentwicklung steigen zu lassen! Wenn Bundesregierung und Bundestagsabgeordnete nun der Meinung sind, dass die Russlandsanktion sein müssen, dann können sie nicht den Landwirten die daraus resultierenden finanziellen Schäden aufbürden, sondern sollen gefälligst durch Gehalts- bzw. Diätenabzug selbst an den Schäden beteiligt werden! Ich bin davon überzeugt, dass die Sanktionen in einem solchen Fall niemals verhängt worden wären! Aber wenn andere die Schäden zu tragen haben, dann ist es natürlich wohlfeil, Sanktionen zu verhängen und vor allem noch nach deren Verlängerung zu rufen, obwohl sie sich als völlig sinnlos erwiesen haben!
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