Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
02.10.2021 | 01:39 | Schlachtschweinemarkt 

Agrarmarkt aktuell: Schlachtschweinepreise weiter im Sturzflug

Schwäbisch Gmünd - Bei den Schlachtschweinepreisen scheint die Talsohle immer noch nicht erreicht zu sein.

Schlachtschweinemarkt
(c) contrastwerkstatt - fotolia.com
In KW 39 ist die Preisempfehlung der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften (VEZG) um 1 ct auf das Niveau von 1,24 €/kg SG gefallen, nachdem sich der Preis zuletzt drei Wochen lang bei 1,25 €/kg SG halten konnte.

Sowohl im Inland als auch am EU-Binnenmarkt herrscht derzeit eine Absatzkrise. Die Kühl- und Gefrierlagerbestände sind so voll, wie nie zuvor. Grund dafür ist die stark eingebrochene Nachfrage aus China. Dort sind die Tierzahlen mittlerweile wieder auf das Niveau vor dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest, welche die Schweinebestände in China sehr stark dezimiert hatte, angestiegen. Zudem hat die Angst vor einer weiteren ASP-Welle in China zu einem Anstieg der Schlachtungen und damit zu gefallenen Preisen sowie einem sinkenden Importbedarf geführt.

Viele auslaufende Kontrakte der Chinesen mit exportierenden EU-Ländern wurden seit dem Frühsommer nicht mehr verlängert. Dadurch drängt derzeit vermehrt Schweinefleisch aus Chinas Hauptlieferländer Spanien, Dänemark und den Niederlanden auf den Binnenmarkt. Das Überangebot erschwert den innereuropäischen Handel und setzt die Preise EU-weit unter Druck.

Dies ist besonders bitter für den deutschen Schweinemarkt, der seit den ersten ASP-Fällen im Herbst 2020 für den Export nach China gesperrt und daher verstärkt auf den innereuropäischen Absatz angewiesen ist. Italien und die Niederlande sind seitdem zu den wichtigsten Exportländern für deutsches Schweinefleisch geworden.

Neben dem Export schwächelt in Deutschland aber auch der Absatz im Inland. Die negativen Folgen der Pandemie sind noch immer durch Absatzeinbußen aufgrund fehlende Großveranstaltungen spürbar. Zudem ist die Grillsaison im Zuge der nasse und kühle Witterung im Frühjahr und Sommer völlig unbefriedigend verlaufen. Hinzu kommt, dass auch der Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch (ca. 32 kg/Kopf) seit Jahren rückläufig ist.

Gleichzeitig ist das Angebot an schlachtreifen Schweinen in Deutschland so niedrig wie zuletzt 2007. Das führte in den letzten Monaten bei der Preisfindung immer wieder zu Konflikten um marktkonforme Auszahlungspreise zwischen der VEZG und führenden Schlachtunternehmen. Diese versuchten mehrfach mit Hauspreisen für „freie" (nicht vertraglich gebundene) Schweine Druck auf den VEZG-Preis auszuüben. Denn auch in den Schlachtunternehmen sind die Kosten u.a. durch das Verbot der Werkverträge gestiegen.

Verschlimmert wird die schlechte Erlössituation der Schweinehalter durch die stark gestiegenen Kosten für Futtermittel, die sich mit der unbefriedigenden Ernte nicht entspannt haben. Auch die Kosten für Energie und Personal sowie die Baukosten steigen stetig. Aufgrund der schlechten Erlössituation in Kombination mit den enorm gestiegenen Kosten haben Landwirte vermehrt ihr Getreide verkauft und lassen ihre Mastställe leer stehen.

Der Druck auf die Landwirte steigt auch mit der Ankündigung aus dem Lebensmitteleinzelhandel, bis zum Jahr 2030 das Schweinefleischsortiment auf die Haltungsstufen 3 und 4 (Außenklima bzw. Freiland) umstellen zu wollen. Etwa ein Drittel der deutschen Schweine werden derzeit nach dem Standard der Initiative Tierwohl (ITW) in der Haltungsstufe 2 produziert, doch teilweise wurde der ITW-Bonus von 5,28 €/Schwein in anderen Bundesländern nicht an alle teilnehmenden Landwirte bezahlt, weil der Absatz von ITW-Fleisch stockte.

Aktuell ist der Schlachtschweinemarkt in Deutschland zweigeteilt. Während im mehr exportorientierten Nordwesten aufgrund der Personalengpässe in der Schlachtung und Zerlegung die Aufnahmefähigkeit der Schlachtunternehmen begrenzt wird und die Lebendvermarktung daher schwierig bleibt, stehen sich im Süden Angebot und Nachfrage nach schlachtreifen Schweinen relativ ausgeglichen gegenüber.

In Baden-Württemberg wirkten sich die verschiedenen Qualitäts- und Regionalprogramme positiv auf die Schlachtschweineerlöse aus. In KW 39 lag der Preis für Schlachtschweine Hkl. E mit 1,40 €/kg SG um 12 ct/kg SG über dem Nordwesten.

Bio-Schlachtschweine (S-P) erlösten im August in Deutschland 3,88 €/kg SG (+21 ct/kg gg. Vj.).

Ferkel



Am Ferkelmarkt war das erste Quartal von einer lebhaften Nachfrage und einem nicht ausreichenden Angebot geprägt. Ursachen waren zum einen das stark zurückgehende innerdeutsche Angebot und zum anderen rückläufige Importe niederländischer und dänischer Ferkel.

War die Stimmung der Mäster bis Mitte Februar noch zurückhaltend, so hat sich mit dem Anstieg der Schweinepreise im März auch die Nachfrage nach Ferkeln sprunghaft erhöht. Anfang Mai hat die Euphorie mit der Schwäche der Schweinepreise deutlich nachgelassen. Hinzu kamen die saisonal bedingte schwächere Nachfrage und die Verunsicherung der Mäster im Zuge der ersten ASP-Fälle in Hausschweinebeständen.

Derzeit verläuft die Vermarktung der Ferkel äußerst zäh. Angesichts der niedrigen Schlachtschweinepreise, der Ernte- und Bestellarbeiten, der vielerorts unbefriedigenden Getreideernte sowie aufgrund der hohen Futterkosten, ist die Zurückhaltung der Mäster groß. Da viele Mastställe leer bleiben, können trotz der niedrigen Ferkelpreise nicht für alle Partien Abnehmer gefunden werden.

Auch im Rest der EU steht der Ferkelmarkt unter Druck. Dadurch drängen dänische und niederländische, aber auch norddeutsche Ferkel verstärkt auf die lokalen Märkte und verschärfen die schwierige Lage der heimischen Ferkelerzeugung.

Die existentielle Preismisere lässt viele Ferkelerzeuger an die Aufgabe des Betriebszweigs denken. Bei anhalten der Krise muss mit einem massiven Strukturbruch gerechnet werden. Inzwischen bestehen berechtigte Befürchtungen, dass die zukünftige Versorgung mit regionalen Ferkeln in vielen Teilen Deutschlands nicht mehr gesichert ist. Dies ist jedoch die Voraussetzung für regionale und herkunftsbezogene Qualitätsprogramme.

Ein erstes positives Signal für die deutschen Ferkelerzeuger kam kürzlich aus dem Lebensmitteleinzelhandel. Die erste Lebensmitteleinzelhandelskette hat nun angekündigt, das konventionelle Fleischsortiment bis Sommer 2022 überwiegend auf „5xD" (Geburt, Aufzucht, Mast, Schlachtung und Zerlegung/Verarbeitung in Deutschland) umzustellen. Wenn auch andere Handelsketten auf diesen Zug aufspringen, könnte das der heimischen Ferkelerzeugung wieder eine Perspektive bieten.

Die Aktuelle Ferkelnotierung fiel angesichts der geringen Einstallbereitschaft der Mäster von 54,70 € in der ersten Juniwoche bis auf 22 €/25-kg-Ferkel in der letzten Septemberwoche.

Der Preis für Bioferkel lag im August bei 151 €/Ferkel.
LEL Schwäbisch Gmünd
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 EU-Schweinemarkt: Warten auf Nachfrageimpulse

 Schlachtschweinemarkt weiter stabil

 Osterfrieden am Schlachtschweinemarkt

 Schlachtschweine-Notierungen stabil bis nach Ostern

 EU-Schweinemarkt: Hoffen auf Fleischnachfrage

  Kommentierte Artikel

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken

 Entwaldungsfreie Lieferketten: EU-Kommission zur Klärung aufgefordert

 Bund Naturschutz: Kein kategorisches Nein mehr zum Wolfsabschuss

 Nach Atomausstieg boomen erneuerbare Energien in Niedersachsen

 Massive Flächenverluste in Bayern

 Umsatzsteuersätze: Union will Reform

 Union fordert Ergebnisse beim Bürokratieabbau