Bedeutende Teilbranchen des deutschen Agribusiness sind die Lebens- und
Futtermittelindustrie, die Getränkeindustrie, die Landtechnikindustrie, die Saatzuchtindustrie, die Hersteller von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie der Landhandel.
Allerdings war die Entwicklung in den einzelnen Teilbereichen höchst unterschiedlich: So hat die
Ernährungsindustrie als größte Teilbranche des Agribusiness den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr geschätzt um 0,5 Prozent auf 186,3 Milliarden Euro leicht steigern können – und somit einen neuen Höchstwert markiert. Zur Ernährungsindustrie gehören unter anderem die Schlacht- und Fleischverarbeitung, die Molkereiwirtschaft, die Produktion von Futtermitteln oder die Getränkeindustrie.
Die
Molkereiwirtschaft wird ihren Jahresumsatz 2020 voraussichtlich auf dem Rekordniveau des Vorjahres halten – geschätzt bleiben die Umsätze bei rund 29 Milliarden Euro.
Eine ähnliche Seitwärtsbewegung kann in der Landtechnikindustrie beobachtet werden: Der Umsatz wird nach Schätzungen des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau bei 8,6 Milliarden auf dem Niveau des Vorjahres verharren.
Die
Fleischwirtschaft dagegen blickt auf ein schwieriges Jahr zurück. Noch im ersten Quartal steuerte die Branche mit einer Umsatzsteigerung von 20,7 Prozent auf ein neues Rekordjahr zu. Neben den Einschränkungen des öffentlichen Lebens bereiteten aber mehrere Covid-19-Ausbrüche in Schlachtbetrieben sowie der Exportstopp wegen der ASP der Entwicklung ein jähes Ende: Für das Gesamtjahr wird der Umsatz geschätzt um 0,7 Prozent gegenüber 2019 zurückgehen und bei 45 Milliarden Euro liegen.
Das sind Ergebnisse einer aktuellen Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY und des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness der Georg-August-Universität Göttingen. Die Studie basiert auf Daten des Statistischen Bundesamtes, des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer, des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. sowie eigenen Berechnungen.
Dr. Christian Janze, Partner bei EY: „Angesichts der außergewöhnlichen Belastungen im Jahr 2020 hat sich das Agribusiness als außerordentlich robust erwiesen. Gerade in der Krise zeigt sich die fundamentale Bedeutung der Branche für die Lebensmittel- und
Versorgungssicherheit in Deutschland. Mit Blick auf das Geschäftsklima und die Geschäftserwartungen zeigt sich die Branche im Durchschnitt deutlich optimistischer als andere Branchen. Und so kann das Agribusiness vorsichtig optimistisch auf das Jahr 2021 blicken.
Allerdings bleiben Herausforderungen bestehen, die sich negativ auf den weiteren Geschäftsverlauf auswirken können: So hängt die Afrikanische Schweinepest wie ein Damoklesschwert über der Fleischbranche und ließ die so wichtigen Exporte in 2020 einbrechen. Der Zugang zum wichtigen britischen Markt ist 2020 sowohl durch Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie als auch durch den drohenden Brexit eingeschränkt worden. Es bleibt abzuwarten, ob das nun ausgehandelte Abkommen die Exporte in 2021 wieder erhöhen wird.
Für die Fleischbranche als Teilbranche des Agribusiness stellt sich die entscheidende Frage, ob Produktionsketten zukünftig aufrechterhalten werden können. Der Online-Handel mit Lebensmitteln läutet hier bisher auch keine Trendwende ein und kommt in Deutschland bisher über ein Nischendasein nicht hinaus. Die schlechte Stimmung der hiesigen Landwirtschaft macht sich auch in der Landtechnikindustrie bemerkbar, die noch mehr als in der Vergangenheit auf die Zukunftsmärkte im Ausland schauen muss.“
Dr. Ramona Weinrich vom Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness an der Georg-August-Universität Göttingen, sieht vor dem Hintergrund der Pandemie Chancen für den Ausbau des Online-Lebensmittelhandels: „Der deutsche Markt für Online-Lebensmittelhandel hatte sich in der Vergangenheit im Vergleich zu anderen Ländern eher zurückhaltend entwickelt - unter anderem ein zu dichtes Filialnetz und zu hohe Wechselkosten verhindern bisher einen Boom in Deutschland.
Und auch die
Corona-Pandemie hat nicht für einen solchen gesorgt – das liegt auch am starken Stadt-Land-Gefälle. Während in Großstädten wie Berlin oder Hamburg ein Großteil der Kunden schon entsprechende Angebote nutzt, ist der Anteil in ländlichen Gebieten verschwindend gering. Oft lohnt sich der Service in diesen Gebieten für die Lebensmittelhändler gar nicht, weil die langen Fahrten bei geringen Margen nicht rentabel sind. Dennoch markierte 2020 einen wichtigen Schritt voran für den Online-Lebensmittelhandel. Landwirte und Kunden haben gute Erfahrungen mit einem Online-Direktvertrieb gemacht und Lebensmittelhändler konnten sich neue Vertriebswege erschließen.“