Der Matif-Future gilt in der Europäischen Union als Leitnotierung für Weizen und könnte nach der Auflage des US-Konkurrenzproduktes an Handelsvolumen verlieren. Insidern zufolge könnte der Handel mit dem neuen Kontrakt bereits im vierten Quartal 2014 starten.
Wie aus einem Kontraktentwurf der CME hervorgeht, der dem Presse- und Informationsdienst AGRA-EUROPE vorliegt, ergäben sich aus den darin genannten Kontraktspezifikationen unter anderem für die französischen Getreidehandelsunternehmen einige Vorteile: So soll sich der CME-Future auf Weizen mit einem Proteingehalt von 10,5 % beziehen, während der Matif-Future hierzu keine konkrete Vorgabe macht.
Außerdem plant die CME als Preisbasis die freie Lieferung aus zahlreichen nord- und mittelfranzösischen Lagerhäusern von Genossenschaften und Getreidehändlern. Hier werden die Provinzen Nieder- und Obernormandie, Île de France, Picardie, Nord-Pas-de-Calais, Centre, Burgund und Champagne-Ardenne genannt. Für diese Destinationen sollen individuelle Preise nach Maßgabe ihrer Entfernung zum Hafen in Rouen abgeleitet werden.
Die Lagerhalter könnten dann von ihren Kunden monatliche Gebühren von etwa 2 Euro/t einstreichen. Dagegen sieht der Matif-Kontrakt als Lieferorte für physische Ware lediglich Lagerhäuser in den Häfen von Rouen und Dünkirchen vor.
Frankreich ist der größte EU-Weizenproduzent, gefolgt von Deutschland.
Geringe Handelsgebühren
Wie den CME-Unterlagen weiter zu entnehmen ist, soll der neue Future an der Chicagoer Terminbörse (Chicago Board of Trade - CBoT) gelistet werden. Daraus ergäben sich für die Anleger wie beispielsweise Fonds durch die Kombination mit anderen Agrarkontrakten in ihrem PortfolioMöglichkeiten zur Verringerung ihrer Sicherheitsleistungen, wodurch sich die für Futuresengagements notwendige Liquidität verringern ließe.
Recht günstig sind auch die geplanten Börsenhandelsgebühren für den Verkauf oder Kauf und die Glattstellung einer Position von insgesamt etwa 1 $ (0,72 Euro). Durch die Listung in den USA würde auch die internationale Markttransparenz steigen, denn die Warenterminbörsen müssen dort ab einem bestimmten Kontrakthandelsvolumen Angaben über die Handelspositionen der anzeigepflichtigenMarktteilnehmer veröffentlichen - diese Auflage muss die
Euronext beim Matif-Mahlweizenfuture nicht erfüllen.
Erster Liefermonat des neuen Kontraktes soll der September 2015 sein. Vorgesehen sind als weitere Fälligkeiten Dezember, März und Mai. Als Handelszeit erwägt die CME 10:30 Uhr bis 18:35 Uhr Pariser Ortszeit; damit würde der Handel eine Viertelstunde früher starten und fünf Minuten später enden als beim Matif-Future.
Kursrutsch an der Matif unwahrscheinlich
Der Geschäftsführer der Zentrale Markt- und Preisinformationen GmbH, Benjamin Berndt, bezeichnete gegenüber AGRA-EUROPE das Vorhaben der CME als „sehr interessante Marktentwicklung“. Die Realisierungschancen des neuen Futures seien vor allem wegen der flexiblen Anlieferungsmöglichkeiten für physische Ware sehr hoch. In der Folge seien zwar kurzfristige „Turbulenzen“ beim Matif-Kontrakt möglich, aber ein Kursrutsch sei unwahrscheinlich.
Allerdings könnte die Liquidität des Pariser Futures sinken. Um dies zu verhindern, habe die Euronext die Möglichkeit, den Handel mit dem Pariser Future günstiger als bisher zu gestalten.
Euronext wehrt sich
Unterdessen bemüht sich die Euronext, ihren Weizenkontrakt für die aufnehmende Hand und für die Lieferanten attraktiver zu gestalten: Seit Ende April ermöglicht die Börse den Silobetreibern, nach dem Auslaufen von Futures die Annahmevoraussetzungen für Anlieferungsware wie Feuchte, Auswuchs, Bruchkorn und Besatz zu verschärfen oder durch weitere Anforderungen zu ergänzen. Außerdem kann physische Ware ab dem Auslaufen des Futures mit Fälligkeit im September 2015 auch an Dünkirchener Silobetreiber geliefert werden.
„Wir werden dieses Konzept weiterverfolgen, um den Anforderungen der Marktakteure, mit denen wir in ständigem Austausch stehen, zu entsprechen“, sagte der Leiter der Commodity-Abteilung bei der Euronext, Olivier Raevel.
Matif setzt 2,4-Faches der EU-Weizenernte um
Mit Blick auf die große Resonanz des Euronext-Weizenfutures in der Getreidebranche wies Raevel darauf hin, dass sich dessen Handelsvolumen im ersten Drittel des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 30 % erhöht habe. Wie der Statistik der Euronext zu entnehmen ist, hat sich die Liquidität des Kontraktes auch in den vergangenen Jahren vervielfacht: Das Umsatzvolumen belief sich 2013 auf rund 6,5 Millionen Kontrakte oder 325 Mio. t Weizen; das entsprach gegenüber dem Jahr 2007 einer Steigerung um den Faktor 4,3 und dem fast 2,4-Fachen der
Weizenernte in der Europäischen Union.
Trotzdem erreicht der Pariser Kontrakt bei Weitem nicht das Volumen der in Chicago gehandelten Weizenfutures: Am CBoT wechselten 2013 rund 35,0 Millionen Futures über insgesamt 4,8 Mrd. t Weizen den Besitzer; das entsprach dem 7,3-Fachen des globalen Weizenaufkommens im selben Jahr. (AgE)
Umrechnungskurs: 1 $ = 0,7206 Euro