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31.01.2018 | 01:53 | Unethische Schafstofftests 
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Autobranche: Raus aus der Krise, rein in die Krise?

Wolfsburg - Wie sich die Bilder gleichen: Immer wieder schien Volkswagen die Abgasaffäre hinter sich zu lassen und unter Volldampf aus der Krise zu fahren.

Abgasaffäre
Liegen jetzt alle Karten auf dem Tisch? Oder drohen im Fall Volkswagen nach den Tierversuchen weitere Enthüllungen, die das Image der Autobranche belasten? Ein Experte sagt: Es sieht aus wie ein Schrecken ohne Ende. (c) proplanta
VW-Markenchef Herbert Diess sah den Autobauer schon in der Offensive - sein Ziel: VW zum weltweit führenden Volumenhersteller zu machen. Doch immer neue Bremsklötze lagen im Weg, neue, teils fast unglaubliche Details wurden bekannt - und machten es schwer, an den vielzitierten Kulturwandel zu glauben.

«Immer wieder müssen wir erleben, dass die Krise bei Volkswagen noch nicht ausgestanden ist», sagte denn auch Konzernchef Matthias Müller nach Bekanntwerden von Abgastests an Affen. Und er weiß: «Es liegt noch ein langer Weg vor uns, Vertrauen wiederzugewinnen.» Ist es Salamitaktik oder einfach Pech, dass nach und nach immer mehr Details ans Licht kommen? Die größten Aufreger rund um die Autobranche:

«Dieselgate»: Es war ein bis dahin unvorstellbarer Absturz für Volkswagen - und wie sich später zeigen sollte: für die gesamte erfolgsverwöhnte Autobranche. Mit gefälschten Stickoxid-Werten bei Millionen von Autos des VW-Konzerns fing es an. Bei der Aufarbeitung ist Volkswagen vorangekommen - mit Milliarden-Entschädigungen für die Verbraucher in den USA und beim Rückruf betroffener Modelle. In Amerika wurden sogar Ex-Manager wegen Verstößen gegen Umweltgesetze verurteilt. Klagen von Aktionären und Betrugsermittlungen in Deutschland sind aber noch nicht ausgestanden.

Doch geht es nicht um VW allein: Hinweise auf Software, die die Abgasreinigung auf der Straße herunterfährt oder abschaltet, brachten auch andere Hersteller in den Verdacht der Manipulation. Die Verkaufszahlen für Diesel-Modelle sinken seit Monaten. Allerdings brachte die Abgasaffäre auch eine Wende, nämlich hin zum Elektroauto. Dennoch: Mehr als 25 Milliarden Euro kostete VW die Beilegung des Skandals in den USA.

Immer neue Rückrufe: Kaum schien sich die Lage etwas beruhigt zu haben, mussten in schöner Regelmäßigkeit weitere Modelle in der Abgasaffäre zurückgerufen werden. Zuletzt traf es die VW-Tochter Audi: Fast 130.000 weitere Dieselmodelle muss der Autobauer in die Werkstätten zurückholen und umrüsten.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) verhängte nämlich für V6-Diesel von Audi einen Zwangsrückruf. Demnach habe die Behörde in den Modellen A4, A5, A6, A7, A8, Q5, SQ5 und Q7 mit der Abgasnorm 6 «unzulässige Abschaltvorrichtungen» festgestellt. Damit nicht genug: Das KBA droht Audi für das A8-Modell, das bis Mitte 2017 produziert wurde, mit einem Zulassungsverbot. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer nannte dies «mehr als peinlich».

Kartellverdacht: Als wäre der Abgasskandal nicht schon schlimm genug, tat sich im vergangenen Sommer für die Autobranche eine neue Baustelle auf: Die EU-Kommission prüft jahrelange Geheimabsprachen in der Autoindustrie - und damit den Verdacht der Kartellbildung. BMW, Daimler und VW samt der Töchter Audi und Porsche sollen Informationen über Modelle, Kosten und Zulieferer ausgetauscht haben, möglicherweise zulasten des Wettbewerbs und der Verbraucher. Noch laufen die Ermittlungen, auch die Abgrenzung von zulässigen Absprachen ist nicht klar. Die Konzerne sehen kein Fehlverhalten.

Tierversuche und Lobbyismus: Das bis jetzt neueste Kapitel im «Dieselgate»-Skandal zeigt erstaunliche Bilder: Mehrere zu Versuchsobjekten degradierte Affen kauern in einem Testlabor im US-Wüstenstaat New Mexico und atmen stundenlang Abgase eines VW-Beetle ein, während ihnen Zeichentrickfilme gezeigt werden.

Volkswagen entschuldigte sich für «das Fehlverhalten und die Fehleinschätzung Einzelner». Die Tests der EUGT (Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor) - einer von VW, Daimler und BMW finanzierten Lobby-Initiative - waren Teil einer Studie, die zeigen sollte, dass die Diesel-Schadstoffbelastung dank moderner Abgasreinigung erheblich abgenommen hat.

In dem Zusammenhang kam der Verdacht auf, dass es Schadstofftests mit Menschen gegeben haben soll. Der zuständige Institutsleiter Thomas Kraus von der Universität Aachen wies dies zurück: eine entsprechende Studie befasse sich nicht mit der Dieselbelastung von Menschen. Volkswagen zog erste personelle Konsequenzen und beurlaubte den bisherigen Cheflobbyisten Thomas Steg.

Ohnehin ist Lobbyismus in der Autobranche nicht neu. Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland mahnte, nicht nur die Nähe zwischen Politik und Autoindustrie gebe Anlass zur Sorge, auch die Unabhängigkeit der Wissenschaft sei gefährdet.

Transparency-Deutschland-Vize Hartmut Bäumer sagte, eine Verurteilung der ethisch fragwürdigen Versuche an Tieren und Menschen reiche nicht: «Die Bundesregierung ist nun gefordert, dass der Lobbyismus besser geregelt und Unternehmen bei Fehlverhalten härter bestraft werden.» Doch Lobbyismus für die Autobranche findet auf höchster Ebene statt - so hatte die Bundesregierung etwa dafür gesorgt, dass die CO2-Grenwerte der EU für Neuwagen aufgeweicht wurden.

Und jetzt? Autofachmann Dudenhöffer betonte, angesichts der Vielzahl von Tierversuchen in Deutschland finde er die öffentliche Wut «etwas übersteigert». Sein Kollege Stefan Bratzel aber mahnte: «Die Fehler der Vergangenheit wiegen sehr schwer.» Sie zögen die Glaubwürdigkeit und das Image des Autobauers immer stärker in Mitleidenschaft.

Die Frage sei, ob die Weichen gestellt und der Kulturwandel wirklich eingeleitet seien. «Es gibt positive Anzeichen», erklärte Bratzel - und verwies auf Forderungen von VW-Chef Müller nach Auslaufen der Dieselsubventionen. Für Frust sorge, dass immer nur so viel zugegeben werde, wie man zuvor von außen herausfinde: «Es sieht aus wie ein Schrecken ohne Ende.»
dpa
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agricola pro agricolas schrieb am 31.01.2018 10:58 Uhrzustimmen(30) widersprechen(9)
Die Scheinheiligkeit der hochgekochten Diskussion geht eindeutig in immer wieder nur eine Richtung:

Das Verbrennen fossiler Treibstoffe ist sowohl gesundheits- als auch umweltschädlich. Das stellt schlichtweg jene Faktizität der Dinge dar und muss in seiner allumfänglichen Evidenz nunmehr auch so geflissentlich zur Kenntnis genommen werden. - PUNKT!!!

Ein stetiger Anstieg dieses Verbrauches in den vergangenen Jahrzehnten machte es nicht leichter, selbige Verbrennungsrückstände mittels moderner Technologien weitgehend neutralisieren zu können. - Diese lösen sich schlichtweg nicht einfach in Wohlgefallen auf!

Der unbestritten bereitwilligst mit Zähnen und Klauen verteidigte Individualmobilitätsanspruch unserer wachsenden dekadenten Wohlstandsgesellschaft ignorierte in narzisstischem Tunnelblick bislang diese fatale Entwicklung nahezu vollständig, um einzig alljährlich wiederkehrende, kaum mehr neuerlich zu toppende Wachstumsraten im Fokus zu behalten.

In der Biologie sind solche Wachstumsverläufe nichts außergewöhnliches: Nach dem stetigen Anstieg gelangt man allerdings zum Zeitpunkt „X“ an ein Maximum, wo selbige Verläufe kippen und unbeirrt Fahrt aufnehmen in genau die andere Richtung. - Vereinfacht in der Kürze dargelegt.

Der moderne Homo sapiens in unserem Zeitalter muss sich nunmehr schlichtweg mit einer Situation arrangieren, dass nicht jedes einzelne 100-kg-Paket Lebendgewicht mit dem einen hochtechnologisierten 1000-kg-Blechkoloss -in der Regel sind das sogar noch „Leichtgewichte in Reihen dieser MONSTER- von A nach B transportiert werden kann.

Eine westliche Wohlstandsgesellschaft im Okzident sollte endlich(!) jene unverkennbaren Bremsklötze unserer Mutter Natur akzeptieren, die aufgrund des extrem umweltzerstörenden Luxusgebarens unserer „Sonnenanbeterfraktion“, die in ihrem alljährlichen, oftmals mehrfachen Erholungswahn in altägyptischer Überlieferung dem Sonnengott RA huldigen und selbigen zentral in die eigenen Lebensumstände integrieren, um überhaupt Selbstzufriedenheit zu erlangen; für den Rest auf unserem BLAUEN PLANETEN extrem menschenverachtend sowie umweltzerstörend obendrein, mega-out sind. Dabei opfert man zum Nachteil des Allgemeinwohls allgegenwärtig äußerst mutwillig sogar die Schutzhüllen unserer Biosphäre mit nunmehr katastrophalen, kaum mehr vorherseh- bzw. rückholbaren Konsequenzen. - Dieses „JETSET-Gebaren“ mutiert zwischenzeitlich zur alles vernichtenden Wohlstandskrankheit!!!

„ELITEN“, hier u.a. in persona unser „individualmobiles Autoindustriegewissen“, einer, unter dem Anglizismus zum INFLUENZER (Unwort des Jahres 2017) Auserkorenen, der hochverehrte Herr Duddenhöfer, erkennen die reale Bedeutungshoheit dieses irrwitzigen Tuns und Handels immer exakt zu jenem Zeitpunkt, wenn ein wehrloses Kindlein bereits wieder im Brunnen dieser pervertierten Unersättlichkeiten unbemerkt ertrunken ist.

Ob alleine die E-Mobilität als gemutmaßter Rettungsanker, als wirklich großer Gegenwurf, euphorisch gefeiert werden darf, muss sich realiter erst noch unter Beweis stellen. Zu viel Porzellan ist bereits zerdeppert.

Wobei, ohne Frage, vorgenanntes Anspruchsgebaren breiter Bevölkerungsschichten aktuell auch nicht wirklich eine glaubhafte Bereitschaft zur rigorosen Umkehr eines solchen ungehinderten Fehlverhaltens erkennen lassen.

Es ist allerdings unter kaum mehr überhörbaren Warnsignalen endlich der Zeitpunkt gekommen, unsere geldgeilen Kapitalisten, jene immens einflussreichen Dagobert Ducks innerhalb der dekadenten Wohlstandswelten, die nach wie vor in Trance dieses GOLDENE KALB umtanzen, mitsamt deren skrupellos zuarbeitenden Management in juristisch geordnetem Rahmen verantwortlich zur Rechenschaft zu ziehen.

Im Zuge dessen könnte man allerdings von dem geltenden amerikanischen Rechtssystem enorm viel lernen...! - Ziehen Sie also auch diese Entscheidungsträger, im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte, innerhalb der Manageretagen in persönlicher Haftung endlich zur Verantwortung!!!
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