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08.01.2011 | 09:16 | Dioxin-Skandal 

Bauern über Dioxin-Skandal empört

Walsrode - Die Folgen des Dioxin-Skandals kommen die niedersächsischen Bauern teuer zu stehen.

Wütende Bäuerin
Von unmittelbarer Existenznot möchte zwar noch kein Landwirt öffentlich sprechen. Doch von den bundesweit rund 4.700 betroffenen Betrieben sind 95 Prozent in Niedersachsen. Die Landwirte im Nordwesten rüsten sich jetzt für den juristischen Kampf um die Erstattung ihrer Einnahmeausfälle. Und es braut sich weiterer Unmut zusammen, seitdem klar ist: Neben Geflügelproduzenten sind auch Schweine- und Rinderzüchter betroffen. 

«Wir habe eine richtige Wut im Bauch», klagt Welf Klaer. Der 54- Jährige aus Schneverdingen bei Soltau bewirtschaftet neben 100 Hektar Ackerfläche eine kleine Schweinehaltung mit 65 Sauen, pro Jahr verkauft er etwa 1.400 Tiere. «Bis zum Dienstag konnte man mir noch ein gutes neues Jahr wünschen», erzählt er. Dann kam der Anruf, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass auch er belastetes Futtermittel erhalten hatte. 150 Schweine seien sofort aus dem Verkehr gezogen worden. «Ich habe Verständnis für die Verbraucher. Keiner möchte etwas kaufen, was nicht korrekt ist», sagt Klaer. Sollte er die Tiere letztlich töten müssen, verschwänden aber «Einkünfte von einem Jahr».

Ähnlich zerknirscht äußert sich der oberste Landwirt des Landes.
«Wir werden ganz sicher mit der Kraftfutter-Industrie reden müssen.
Es ist hier Kriminalität am Werk gewesen», schimpft der Präsident des Landesbauernverbands, Werner Hilse. Ein Unternehmen wie der schleswig-holsteinische Fettproduzent Harles und Jentzsch hätte niemals ausliefern dürfen, sagt Hilse. Der Verband lässt nun die rechtliche Lage klären.

Ehe sich konkrete Ansprüche stellen lassen, muss aber zunächst die genaue Schadenshöhe feststehen. Viele Betriebe könnten dennoch auf nicht erstatten Einbußen sitzenbleiben, fürchtet der Bauernchef: «Wir werden mit Sicherheit keinen hundertprozentigen Ausgleich bekommen.»

Zu dem vom Deutschen Bauernverband geforderten Entschädigungsfonds geben sich die Niedersachsen vorerst abwartend. Nicht jeder vorsorglich gesperrte Betrieb sei gleichermaßen von der Futtermittel- Panscherei heimgesucht worden, betont Hilse. «Es wird in jedem Fall unterschiedlich sein, ob man Regress bekommen kann.» Die derzeit 25 erfassten Lieferanten würden in die Pflicht genommen. Ein Pauschalverdacht gegen die Branche sei jedoch ungerechtfertigt.

Die Wurzel des Übels liegt nach aktuellem Stand weiter bei dem Futterfettanbieter aus dem schleswig-holsteinischen Uetersen. Dort wurden nach Angaben der Kieler Landesregierung bereits im März 2010 erhöhte Dioxinwerte gemessen. «Die Preissenkungen, die nun folgen - das wird noch ein langwieriger Prozess», glaubt Hilse. Dicke Luft herrscht in der Bauernschaft nicht nur wegen der akuten Sperrungen. Vor allem der beginnende Einbruch der Marktpreise bei Fleisch, Eiern und Milch sorgt für Angst.

Auch Landwirt Wolfgang Ritz warnt davor, die gesamte Futtermittelbranche wegen der Dioxin-Belastungen in Sippenhaft zu nehmen. «Wir sind aber darauf angewiesen, dass wir gutes Futter zugeliefert bekommen. Und wir sind jetzt diejenigen, die den Skandal ausbaden.» Der Landwirt aus Kirchlinteln bei Verden kann eine ganze Partie Ferkel nicht an den Kunden bringen. «Nur weil andere so raffgierig sind, muss die Mehrzahl der Landwirte leiden.»

Das Muster eines rücksichtslosen Profitstrebens weniger Menschen auf Kosten vieler Betroffener kennt Hilse von früheren Agraraffären.
Sobald alle Lieferwege geklärt seien, müssen sich aus seiner Sicht deswegen die Verursacher an der Beseitigung der vergifteten Eier- und Fleischbestände beteiligen. «Wir gehen davon aus, dass auch dieser Schaden von der Kraftfutter-Industrie ausgeglichen werden muss. Die Entsorgung wird Geld kosten.» (dpa)
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