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30.01.2023 | 13:30 | Bodenmarkt 

BVVG-Flächen: Verpachtung anhand von Mindestgebot und Nachhaltigkeitskriterien

Berlin - Im monatelangen Streit um die künftige Verpachtung von Flächen der Bodenverwertungs- und verwaltungsgesellschaft (BVVG) zeichnet sich eine Einigung innerhalb der Bundesregierung ab.

BVVG-Flächen
Einigung zwischen den Ressorts rückt näher - Flächenvergabe soll über Kombinationsmodell erfolgen - Punktesystem für Nachhaltigkeitskriterien. (c) proplanta
Dem Vernehmen nach soll die Flächenvergabe auf der Grundlage eines Kombinationsmodells erfolgen. Dabei sollen sowohl der gebotene Preis als auch bestimmte Nachhaltigkeitskriterien bei der Erteilung des Zuschlags herangezogen werden. Laut dem auf Fachebene von den zuständigen Ressorts erarbeiteten Vorschlag soll die BVVG ihre Flächen weiterhin zur Verpachtung ausschreiben.

In die engere Auswahl sollen die Betriebe kommen, deren Preisgebot eine Mindestschwelle überschreitet. In der Diskussion ist ein Wert von 70 % eines Orientierungspreises, den die BVVG jeweils anhand vorliegender Daten aus Pachtpreisstatistiken oder eigener Verpachtungsergebnisse vorgibt. Betriebe, deren Pachtpreisgebot diese Schwelle überschreitet, sollen in eine zweite Runde kommen, in der dann über die Vergabe nach einem Punktesystem entschieden werden soll.

Die Zeit drängt

Der Katalog sieht unterschiedliche Punktzahlen für eine Reihe von Kriterien vor. Die maximale Punktzahl ist für Ökobetriebe vorgesehen. Berücksichtigt werden sollen aber auch andere Kriterien wie etwa ein hohes Tierwohlniveau. Junglandwirte und Existenzgründer sollen ebenfalls mit einer bestimmten Punktzahl bedacht werden. Insgesamt soll es mehr als zehn Kriterien geben, anhand derer die Betriebe eingestuft werden.

Im Ergebnis soll so der Forderung aus dem Koalitionsvertrag Rechnung getragen werden, die BVVG-Flächen an Ökobetriebe und „besonders nachhaltig wirtschaftende Betriebe“ zu vergeben. Am 30. September 2023 laufen für rund 20.000 ha der BVVG die Pachtverträge aus. Die Ausschreibung dieser Flächen muss spätestens im Frühjahr starten, soll das neue und aufwändige Verfahren zum Einsatz kommen.

Der Vorschlag muss noch zwischen dem Finanz- und dem Landwirtschaftsministerium abgestimmt werden. Anschließend sollen die Länder einbezogen und die betroffenen Verbände um Stellungnahme gebeten werden. Ob die neuen Verpachtungsgrundsätze wie angestrebt am 1. März in Kraft treten können, ist daher ungewiss.

Union fordert Maßnahmen

Aus der Unionsfraktion kam vergangene Woche scharfe Kritik an der Bodenpolitik der Bundesregierung. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Thies warf der Ampelkoalition vor, sie zeige keinerlei Willen, außerlandwirtschaftlichen Investoren den Kauf von Ackerland zu verteuern und bäuerlichen Familienbetrieben den Erwerb erschwinglicher zu machen.

Thies zeigte sich unzufrieden mit der Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage seiner Fraktion. Darin werden klare Aussagen vermieden, ob Pläne bestehen, die Schwelle für die Grunderwerbssteuer bei einem Anteilskauf von 90 % auf 75 % zu senken, wie dies von der Union gefordert wird. Zudem bleibt offen, wie die Regierung zur Forderung nach Abschaffung der doppelten Grunderwerbssteuer bei Ausübung des landwirtschaftsrechtlichen Vorkaufsrechts steht.

Konzeptionsloser Minister

„Während für Großinvestoren bei Share Deals bis zu einem Anteil von 89 % gar keine Grunderwerbssteuer anfällt, zahlen bäuerliche Betriebe gleich doppelt, wenn sie Flächen von den gemeinnützigen Siedlungsunternehmen erwerben möchten“, kritisierte Thies. Für ihn sei es absolut unverständlich, warum Bundesminister Cem Özdemir nicht innerhalb der Bundesregierung die notwendigen Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz vorantreibe.

„Offensichtlich ist Minister Özdemir völlig konzeptlos, wenn es darum geht, aktuellen Fehlentwicklungen auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt wirksam zu begegnen“, so der CDU-Politiker. Nicht akzeptieren will Thies die Hinweise, dass die Länder in Fragen des landwirtschaftlichen Bodenrechts zuständig seien.

Scharfe Kritik

Unionsfraktionskollege Dieter Stier übte derweil scharfe Kritik an der unentgeltlichen Übertragung von BVVG-Flächen an Naturschutzträger. Damit gingen insbesondere konventionellen Betrieben wertvolle Flächen verloren. Dieses Vorgehen widerspricht laut Stier dem Geist des Treuhandgesetzes und des Einigungsvertrages.

Wie aus der Antwort auf die Kleine Anfrage hervorgehe, könne der Bund nicht einmal die Höhe der Erlöse beziffern, die ihm dadurch entgehen. Insgesamt verfügte die BVVG der Antwort zufolge zum Stichtag 30. Juni 2022 zufolge noch über knapp 96.000 ha, darunter 66.500 ha Ackerland und 18.175 ha, der Rest Wald und sonstige Flächen. Den Wert dieser Flächen beziffert die Bundesregierung auf rund 2,3 Mrd. Euro. Aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen erlöst die BVVG den Angaben zufolge knapp 40 Mio. Euro im Jahr.

65.000 Hektar für den Naturschutz

Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, hat die BVVG bislang 65.000 ha naturschutzfachlich wertvolle Flächen unentgeltlich an Länder, Naturschutzverbände und -stiftungen übertragen, die meisten davon in Brandenburg mit gut 23.300 ha und in Mecklenburg-Vorpommern mit rund 20.000 ha. Vor einigen Wochen hatte sich das Bundesfinanzministerium mit dem Landwirtschafts- und dem Umweltministerium darauf verständigt, weitere 7.700 ha BVVG-Flächen unentgeltlich zu übertragen.

Ursprünglich sollte der Flächenumfang dieser vierten Tranche 17.500 ha betragen. Die Differenz von 9.800 ha soll nun zunächst bei der BVVG verbleiben und in die Verpachtung eingehen. Dabei handelt es sich überwiegend um Ackerland. Auf längere Sicht sollen diese Flächen in das Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) übergehen und damit langfristig für den Naturschutz gesichert werden.
AgE
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