Aldi Nord und Süd teilten am Dienstag (30.11.) mit, im Zuge ihres Programms „Haltungswechsel“ bis zum vierten Quartal 2022 bei konventionellem Schweinefrischfleisch das Sortiment konsequent auf „5xD“ umzustellen. Dies bedeute, dass zukünftig jeder einzelne Schritt der
Wertschöpfungskette bei Schweinefrischfleisch - also Geburt,
Aufzucht, Mast, Schlachtung und Zerlegung sowie Verarbeitung - in Deutschland stattfinden müsse.
Ausgenommen hiervon seien nur internationale Spezialitäten,
Bioprodukte, Filets und Tiefkühlartikel. Der erste Schritt der Kette - die Ferkelgeburt - finde derzeit auch noch in Nachbarländern statt. „Mit unserer Zusage zu ‚5xD‘ schließen wir eine Lücke und bekennen uns einmal mehr zur deutschen Landwirtschaft. Mit unserer frühzeitigen Ankündigung geben wir zudem allen Beteiligten der Wertschöpfungskette die nötige Planungssicherheit“, erklärte der Director Category Management bei
Aldi Nord, Tobias Heinbockel.
Laut dem Director National Buying bei Aldi Süd, Erik Döbele, ist die Umstellung auf ausschließlich deutsche Herkunft ein weiterer wichtiger Baustein des Haltungswechsels. „Neben dem Bekenntnis zur Qualität aus Deutschland möchten wir den deutschen Ferkelerzeugern eine verlässliche Zukunftsperspektive für den Standort Deutschland geben“, erklärte der Manager.
Wettbewerber Lidl gab am gleichen Tag bei der Veranstaltung „Lidl Tierwohl-Dialog“ in Berlin bekannt, als erstes Handelsunternehmen bereits im ersten Quartal 2022 ein flächendeckendes Angebot von 5xD bei konventionellem Schweinefrischfleisch sowie auch Wurstwaren der Marke „Metzgerfrisch" einzuführen. Gemeinsam mit den Partnern sei in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv daran gearbeitet worden, dafür ein ausreichendes Angebot sicher zu stellen.
Tierwohlumbau vorantreiben
Nach Auffassung von Lidl wird eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung, wie sie von der künftigen Koalition geplant ist, die Nachfrage nach deutschen Veredlungsprodukten aus höheren Tierwohlstandards stärken.
Die Erkenntnisse aus dem Dialog will der
Discounter nutzen, um einen Fahrplan für mehr
Tierwohl zu entwickeln und diesen konsequent umzusetzen. Parallel werde man Impulse aufgreifen und auch im politischen Dialog für Unterstützung werben, so beim Abbau der genehmigungsrechtlichen Hemmnisse für den Umbau zu Tierwohlställen und deren gezielte Förderung.
Aldi erklärte, mit der Umstellungsphase bis zum vierten Quartal 2022 in Absprache mit den Lieferanten dem komplexen Zusammenspiel der Lieferkette gerecht werden zu wollen, um ausreichend Zeit für die Umstellung zu ermöglichen. Der Discounter will sich darüber hinaus auch weiterhin aktiv im Rahmen der
Initiative Tierwohl (ITW) engagieren, um im Sinne der Branchenlösung die Nämlichkeit zu realisieren.
Die Transformation der deutschen Landwirtschaft zu tiergerechteren Haltungsformen werde mit der vollständigen Umstellung des Frischfleischsortiments bis 2030 auf die Haltungsstufen 3 und 4 marktseitig unterstützt, so Aldi.
Kennzeichnungspflicht muss kommen
Bei erzeugernahen Verbänden und Organisationen wurden die Ankündigung der Discounter zur Umstellung des Schweinefrischfleischsortiments auf 5xD einhellig begrüßt. Dies sei genau richtig und wichtig für die deutschen
Ferkelerzeuger und
Schweinemäster, betonte die
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). Dem müssten weitere Handelsunternehmen folgen.
Gut sei, dass Lidl noch einen Schritt weitergehe und auch einen Teil der verarbeiteten Ware mit einbeziehe. Das sei ein guter Anfang, der nach und nach weiter ausgebaut werden müsse, um die Schweinehaltung in Deutschland zu stärken.
„Damit auch die letzten Lebensmitteleinzelhändler und insbesondere Lebensmittelgroßhändler auf diesen Zug aufspringen, ist es ganz wichtig, dass nun auch die im Koalitionsvertrag anvisierte verpflichtende
Herkunftskennzeichnung für alle Schweinefleischprodukte endlich kommt - so wie wir sie seit Jahren fordern", erklärte ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Politisch sei in der vorherigen Legislaturperiode viel über die Herkunftskennzeichnung diskutiert worden, aber ohne greifbare Resultate.
Ohne Sauen keine Regionalität
Der Bundesverband Rind und Schwein (BRS) sprach von einem „ersten wichtigen Signal für viele deutsche Schweinehalter, deren Existenz aktuell bedroht ist“. Damit werde nicht nur für die deutsche Sauenhaltung, sondern für die gesamte Wertschöpfungskette - zumindest bei Frischfleisch - ein positives Zeichen gesetzt.
„Ohne die deutsche Sauenhaltung haben Regionalkonzepte keine Zukunft", betonte der erste stellvertretende BRS-Vorsitzende Paul Hegemann. Damit 5xD aber wirklich ein Erfolg werde, müsse es auch für Verarbeitungsware gelten. Der BRS sieht die Agrar- und
Ernährungswirtschaft in einer Gesamtverantwortung, der gesellschaftlichen Forderung nach mehr Tierwohl und Regionalität nachzukommen. Daher müsse sich die ganze Kette - vom Erzeuger bis zur Ladentheke - zur Einhaltung der höheren Standards bekennen und diese auch umsetzen.
Die Vertreter der Arbeitsgruppe „Schwein" im Agrardialog begrüßten ebenfalls die Ankündigung der Handelshäuser ausdrücklich. Zugleich betonten sie, ein essentieller nächster Schritt sei „die faire und mindestens kostendeckende vollkostenbasierende Bezahlung der Produkte“.
QS soll Kennzeichnung kontrollieren
Dass immer mehr Einzelhandelsketten auf 5xD umstellen, sieht auch der Vizepräsident des Landvolkes Niedersachsen, Jörn Ehlers, sehr positiv. „Ich wünsche mir, dass dieses Beispiel Schule macht und sich letztendlich auch im Produktpreis für den Landwirt positiv auswirkt“, so Ehlers. Dies dürfe aber nicht freiwilliges Stückwerk bleiben, sondern die Herkunftskennzeichnung müsse zum verpflichtenden Standard werden. Ein möglicher Partner zur verlässlichen und neutralen
Überwachung dieses Standards könnte das System der QS Qualität und Sicherheit GmbH sein.
„Das
QS-System verfügt über vorhandene Infrastrukturen, was den ambitionierten Zeitplänen der Handelsunternehmen entgegenkommen würde“, so der Landvolkvizepräsident. Zudem hätte
QS so die Möglichkeit, die innerhalb der europäischen Qualitätssicherungssysteme immer unterschiedlicher werdenden Standards über die erkennbare Herkunft kenntlich zu machen. Laut Ehlers wird Transparenz für die Verbraucher immer wichtiger, was den Handelsunternehmen und anderen Marktteilnehmern auch immer bewusster werde.