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03.06.2022 | 00:03 | Heimischer Freilandanbau 

Dumpingpreise bei Spargel und Erdbeeren bringen Landwirte in Bredouille

Berlin / Bonn - Die Anbauer von Spargel und Erdbeeren geraten nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes mitten in der Saison durch Importe der Lebensmittelketten und eine Kaufzurückhaltung unter Druck.

Erdbeerzeit
Die diesjährige Spargelsaison neigt sich dem Ende zu. Für viele Anbauer fällt das Fazit negativ aus. Statt der Kassen sind demnach Felder und Lager noch relativ voll. Aber nicht nur Spargel fällt offenbar in vielen Haushalten dem Rotstift zum Opfer. (c) proplanta
«Größere Mengen billiger Importware bei Erdbeeren und Spargel drücken die Preise deutlich nach unten. Bei diesen Dumpingpreisen können unsere Bauern schlicht nicht mehr mithalten», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Zudem kauften die Verbraucher aufgrund der hohen Inflation deutlich weniger.

Wenn Landwirte ihre Ware nicht zu vernünftigen Preisen verkaufen könnten, belaste das diese Betriebe schwer. «Wir hören von Landwirten, dass sie auf einigen ihrer Spargel- oder Erdbeerfelder nicht mehr ernten. Das macht man aber nur, wenn die Erntekosten höher sind als der Verkaufserlös», verdeutlichte der Bauernpräsident. Er befürchtet einen Rückgang der Anbauflächen bei Obst und Gemüse im kommenden Jahr besonders vor dem Hintergrund des auf 12 Euro pro Stunde steigenden Mindestlohns. «Wir sehen die Gefahr einer Verlagerung der Erzeugung in europäische Billiglohnländer.»

Auch der Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauer beklagte eine starke Kaufzurückhaltung bei Spargel, Erdbeeren und vielen Freilandgemüsearten und berichtete von einer kritischen Situation in den Betrieben. Die Nachfrage nach Spargel ist demnach in der Region um etwa 20 bis 30 Prozent niedriger als im Vorjahr.

«Die Kühllager sind voll. Der Absatz läuft nicht wie gewünscht», sagte der stellvertretende Geschäftsführer Peter Muß. Dabei sei Spargel deutlich günstiger als im Vorjahr zu bekommen. Auch er verwies auf Konkurrenz durch Ware in Supermärkten, die im Ausland zu deutlich niedrigeren Löhnen und Sozialstandards produziert werde.

Die Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer sieht sich mit Angeboten für importierten Grünspargel von unter 4 Euro je Kilogramm im Lebensmittelhandel konfrontiert. «Dafür kann kein Spargel produziert werden in Deutschland», sagte der Geschäftsführer der Vereinigung, Fred Eickhorst, der dpa. Die Importware werde nun in der gesamten Saison und nicht nur zum Saisonbeginn angeboten.

«Wir haben einen Kunden, der nur regional und saisonal kaufen will, dies aber leider nicht tut», erklärte er auch mit Verweis auf lange Transportwege für Lebensmittelimporte. Die Direktvermarkter, die durch unterschiedliche Sortierungen Spargel auch in verschiedenen Preisklassen anböten, hätten sich eine Stammkundenschaft aufgebaut.

Zumindest in Norddeutschland hat es in den vergangenen Tagen Eickhorst zufolge eine leichte Entspannung gegeben. Die Tage kurz vor Pfingsten seien die vermarktungsstärksten im Norden bei Spargel und Erdbeeren. Durch kühle Nächte sei das Angebot geringer geworden, und die Nachfrage sei gestiegen. Er befürchtet, dass nach Pfingsten die Nachfrage zumindest bei Spargel zurückfällt.

Eickhorst sprach mit Blick auf das nahende Spargelsaisonende von einem Aufflammen. «Keine Wetterkapriolen. Es war alles optimal. Nur die Kaufzurückhaltung hat uns ganz schön getroffen.» Die Anbauflächen für Erdbeeren und Spargel seien vielerorts seit Jahren rückläufig.

Für die Kaufzurückhaltung werden mehrere Gründe genannt. «Spargel wird immer noch als Luxusprodukt angesehen. In vielen Köpfen ist das noch so verankert», erklärte Muß. Das könnte dem Spargel zum Verhängnis werden, wenn Verbraucher wegen der Inflation sparen wollen. Zudem könnten veränderte Prioritäten eine Rolle spielen, nachdem Hofläden in der Pandemie starken Zulauf hatten.

«Die Leute sind verunsichert. Sie wollen sich nach zwei Jahren Zurückhaltung endlich wieder Urlaub leisten. Irgendwie muss das Portemonnaie das alles hergeben», sagte Muß. Auch Eickhorst sieht eine Verunsicherung, die durch den Ukraine-Krieg ausgelöst worden sei. Nach der Pandemie seien etwa wieder Reisen oder Konzerte geplant. Die Verbraucher sparten sich das vom Munde ab.

Nach Erkenntnissen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft haben diesmal weniger Verbraucher Spargel gekauft als in den Vorjahren. Auch die Mengen seien zurückgegangen. «Klar ist, es war ein großes Angebot da. Die Nachfrage hat geschwächelt», sagte Marktexperte Michael Koch der dpa.

In der vergangenen Woche habe der Verbraucherpreis für deutschen weißen Spargel im Durchschnitt bei 6,92 je Kilogramm gelegen. Das seien 14 Prozent weniger als zur gleichen Zeit des vergangenen Jahres.
dpa
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