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19.09.2021 | 05:27 | Lebensmittelhandel 

Ernährungsindustrie hat Corona-Delle noch nicht überwunden

Berlin - Die aktuelle Halbjahresbilanz der deutschen Ernährungsindustrie fällt schlechter aus als erwartet. Und die von den Herstellern erhoffte deutliche Erholung nach dem Corona-Jahr 2020 bleibt offenbar vorerst aus.

Lebensmittelindustrie
Branchenumsatz im ersten Halbjahr mit 89,1 Milliarden Euro um 3,3 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum - Schwachem Inlandsgeschäft steht leicht wachsender Exportmarkt gegenüber - Produktionsindex noch weit unter Vorkrisenniveau - Kräftiger Anstieg der Rohstoffpreise - BVE-Hauptgeschäftsführer Minhoff fordert von der Politik bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Wachstumsimpulse. (c) proplanta
Laut Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) erwirtschaftete die Branche von Januar bis Juni 2021 einen Umsatz von insgesamt 89,1 Mrd Euro und damit 3,3 % weniger als im Vorjahreszeitraum.

Die Entwicklung im In- und Ausland verlief dabei konträr. Während der Inlandsumsatz mit insgesamt 58,1 Mrd Euro um 5,6 % unter dem Vorjahresergebnis blieb, wurde im Exportgeschäft ein Erlösplus von zumindest 1,2 % auf 31,0 Mrd Euro erzielt. Nach Angaben der BVE hat sich die wieder höhere Mehrwertsteuer und Inflation im Inland auch nicht in den Verkaufspreisen der Lebensmittelhersteller wiedergespiegelt, denn diese gaben im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,3 % nach.

Der Absatz sei demnach um insgesamt 5,3 % gesunken. Nach Darstellung der Bundesvereinigung gaben die coronabedingten Einschränkungen im Außer-Haus-Markt und eine gesunkene Inlandsnachfrage den Unternehmen insbesondere zum Jahresbeginn 2021 nur wenig Anreiz, ihre Produktion auszuweiten. So sei der kalender- und saisonbereinigte Produktionsindex im ersten Halbjahr 2021 zwar um 0,6 % im Vorjahresvergleich gestiegen, habe damit aber immer noch deutliche 5,0 % unter dem Vorkrisenniveau des ersten Halbjahres 2019 gelegen.

„Wir sind dabei, die Pandemie in den Griff bekommen - jetzt muss Deutschland als Standort für die Lebensmittelproduktion wieder fit gemacht werden“, forderte BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff mit Blick auf die allenfalls schwachen Konjunktursignale.

Anhaltende Produktionsbehinderungen



Wie die Bundesvereinigung weiter berichtete, sah sich die deutsche Ernährungsindustrie im ersten Halbjahr mit einem kräftigen Anstieg der Rohstoffpreise konfrontiert. So habe der Rohstoffpreisindex für Nahrungs- und Genussmittel des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 27,1 % höher gelegen als im Vorjahr.

Ursächlich hierfür seien vor allem ungünstige Wetterbedingungen in den Ernteregionen, was insbesondere die Märkte für Getreide und Pflanzenöle betroffen habe. Aber auch die Corona-Pandemie führe nach wie vor zu zeitweisen Angebotsverknappungen, stellte die BVE fest. Diese Entwicklungen sorgten bei den Lebensmittelunternehmen für erhebliche Verunsicherung. Dennoch zeigt sich die Branche der Bundesvereinigung zufolge im aktuellen ifo-Geschäftsklimaindex verhalten optimistisch, was die Erwartungen an den Geschäftsverlauf in den nächsten sechs Monaten angeht. Gestützt werde diese Einschätzung durch stabile Erwartungen an die Verkaufspreiseentwicklung und das Exportgeschäft.

Die Beurteilung des Auftragsbestandes sei hingegen mehrheitlich negativ ausgefallen, und die Unternehmen beklagten auch wieder verstärkt Produktionsbehinderungen, so die BVE. Neben einem Arbeits- und Fachkräftemangel sei Materialknappheit als eine wesentliche Beeinträchtigung der Produktion genannt worden. Die ursprünglich für 2022 erwartete Rückkehr auf das Vorkrisenniveau könnte demnach noch weiter auf sich warten lassen.

Neustart ermöglichen



Nach Auffassung von Minhoff brauchen die Unternehmen deshalb statt neuer Hemmnisse und zusätzlicher Kosten jetzt die Möglichkeit zu Wertschöpfung und Konsolidierung. „Unsere Branche benötigt Wachstumsimpulse für einen kraftvollen Neustart“, betonte der Hauptgeschäftsführer. Das seien die Voraussetzungen, um in neue Technologien und mehr Nachhaltigkeit investieren und am Standort Deutschland langfristig profitabel zu produzieren.

Inwiefern die Branche im zweiten Halbjahr eine Trendwende schaffen und wieder wächst, hängt laut der BVE neben dem weiteren Pandemieverlauf auch wesentlich von politischen Entscheidungen insbesondere mit Blick auf die Klimapolitik, aber auch die Außenwirtschaftspolitik ab. Die politischen Weichenstellungen nach der Bundestagswahl würden die Produktions- und Investitionsentscheidungen der Unternehmen wesentlich prägen.

Die Wende hin zu nachhaltigeren Ernährungssystemen könne nur mit einem starken Bekenntnis zum Produktionsstandort Deutschland gelingen, betonte die Bundesvereinigung. Zudem bedarf es ihr zufolge nach dem Brexit nun einer schnellen Normalisierung der Handelsbeziehung mit dem Vereinigten Königreich.
AgE
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