Zwei Drittel der 27 EU-Staaten forderten Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel auf, Vorschläge für kurz- und langfristige Hilfen zugunsten der Landwirte vorzulegen. «Die globale
Wirtschaftskrise hält den europäischen
Milchmarkt auch weiterhin im Würgegriff», hieß es in dem Aufruf beim Treffen der EU-Agrarminister am Dienstag im schwedischen Växjö. Der Deutsche
Bauernverband sieht nach der Talfahrt der Preise jedoch allmählich eine Trendwende. «Die Preise für Milchpulver, Butter, Sahne und einige Käsesorten sind auf den weltweiten Märkten leicht angezogen», erklärte der Verband in Berlin.
Zu den Forderungen der 18 EU-Staaten zählen eine vorübergehende Erhöhung des Preises für Aufkäufe und mehr Exporthilfen für Butter, Milchpulver und Käse. Fischer Boel hat dies zwar abgelehnt, will am Donnerstag aber neue Vorschläge machen. Sie betonte, nichts ausgeschlossen zu haben, außer die Beschlüsse im Rahmen der jüngsten Agrar-Mini-Reform («Gesundheitscheck») wieder zurückzunehmen. Mit Blick auf die Milch sieht diese vor, die
Milchquote bis 2013 schrittweise zu erhöhen und 2015 auslaufen zu lassen. Sie werde «kurz- und langfristige Lösungen» vorschlagen, sagte Fischer Boel.
«Wir erwarten ein schlüssiges Konzept», sagte
Agrarministerin Ilse
Aigner (CSU). Zu der Gruppe von Ländern zählen neben den Initiatoren Deutschland und Frankreich mittlerweile auch Spanien, Finnland und Tschechien. Die Niederlande, Großbritannien und Italien, die kostengünstiger produzieren als beispielsweise Deutschland, verweigerten die Unterstützung.
Selbst wenn Fischer Boel mehr Aufkäufe, Lagerhaltung oder Exporterstattungen ablehnt, so zeichneten sich am Rande des zweitägigen informellen Treffens doch Hilfsmöglichkeiten ab. So will die Bundesregierung eine europäische Regelung für die freiwillige Stilllegung von Milchquoten einzelner Betriebe. Damit würden diese Quoten nicht ausgeschöpft, verfielen für das Mitgliedsland aber auch nicht.
Fischer Boel brachte einen staatlichen Aufkauf von Quoten ins Gespräch, die dann aber gänzlich verfiele. Eine weitere Möglichkeit sei die Ausweitung des EU-«Schulmilchprogramms», hieß es aus Delegationskreisen. Für einen weiteren Vorschlag Fischer Boels, eine Strafzahlung auf Betriebsebene, zeichnete sich dagegen wenig Unterstützung ab. Diese Strafe wäre fällig, wenn ein Betrieb sein Limit überschreitet, aber das EU-Land insgesamt seine Quote unterschreitet.
Von den Geldern sollten etwa Vorruhestandsregelungen bezahlt werden. Derzeit wird auf nationaler Ebene aufgerechnet («Saldierung»), überschreitet dann ein Land seine Milchquote, muss es der EU Strafen bezahlen, die es sich von den Betrieben zurückholt.
Die Quote begrenzt die gesamte erlaubte Produktion. Mit dem Instrument versucht die EU seit 1984, durch die Steuerung des Angebots die Preise stabil zu halten. Die Quote wird derzeit schrittweise erhöht und läuft 2015 aus. Wegen der niedrigen Preise hatte Aigner zuletzt vor gut einer Woche gefordert, die Quote nächstes Jahr nicht zu erhöhen. Damit war sie aber bei Fischer Boel und einer Mehrheit der EU-Staaten auf taube Ohren gestoßen.
Im Moment liegt der Milchrohpreis bei etwa 20 Cent je Liter, die langfristige Tendenz zeigt jedoch nach oben. «Wir hoffen alle, dass sich der Markt erholt», sagte Aigner. Wichtig sei aber, dass dann die eingelagerten Mengen an Milchprodukten «nicht schlagartig auf den Markt kommen».
Der Deutsche Bauernverband warf der
EU-Kommission Untätigkeit vor. «Jetzt muss die EU-Kommission durch Absatz fördernde Maßnahmen alles unternehmen, um eine schnelle nachhaltige Markterholung zu erreichen», sagte Generalsekretär Helmut Born. Die Milchlieferungen seien trotz Aktionen des Bundesverbands Deutscher
Milchviehhalter konstant. Der Deutsche Bauernverband lehnt einen Milchstreik ab. (dpa)