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18.11.2009 | 11:13 | Zuckerbranche  

EU-Zuckerbranche fällt um Rückzahlung um - Rübenbauern schäumen

Wien - Die Rübenbauern und Zuckerhersteller in der EU sind um die Rückerstattung von EUR 295 Mio. von in vergangenen Jahren zu viel von der Europäischen Kommission eingehobenen Produktionsabgaben weitgehend umgefallen.

EU-Zuckerbranche fällt um Rückzahlung um - Rübenbauern schäumen
Die Rückzahlungen bleiben nun mit voraussichtlich EUR 10 Mio. nur sehr bescheiden. Im Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) verfehlte am Montag in Brüssel ein Vorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft zur Rückerstattung die notwendige Mehrheit. Die österreichischen Rübenbauern schäumen. Ihr Präsident Ernst Karpfinger sagte gegenüber aiz.info in einer ersten Reaktion, "dies kommt de facto einer Enteignung gleich, die Kommission hat das diesbezügliche Urteil des Europäischen Gerichtshofes in unserem Sinne praktisch hintertrieben".

Der Ratsvorsitz hat EUR 295 Mio. für die europäische Zuckerbranche ausgerechnet, die in den Wirtschaftsjahren 2001/02 bis 2005/06 zu viel an Produktionsabgaben gezahlt worden sind, die Kommission dagegen schlug nur die EUR 10 Mio. vor und scheint sich nun durchgesetzt zu haben. Der Vorschlag des schwedischen Vorsitzes hätte die Zustimmung von 18 Mitgliedstaaten gebraucht. Im SAL kamen aber nur zehn Ja-Stimmen, darunter auch die Österreichs, zustande. Karpfinger sieht den Grund für das Verfehlen der nötigen Mehrheit darin, "dass die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten für die Rückzahlung der von ihr verursachten Schulden heranziehen wollte, weil die EU-Kassen leer sind". Dies habe offensichtlich zahlreiche, vor allem die finanzschwachen osteuropäischen Mitgliedstaaten letztlich dazu bewogen, der Rückerstattung nicht zuzustimmen.


Auch ungenutzte Branchenbeiträge in Restrukturierungsfonds nicht erreichbar

Umso mehr erzürnt sich Karpfinger, dass gleichzeitig in dem von der EU-Zuckermarktreform verordneten Restrukturierungsfonds ein Betrag in der Größenordnung von EUR 700 Mio. ungenutzt herumliege, der dem allgemeinen EU-Budget zugeschlagen werde. Dieser Fonds wurde ebenfalls von der europäischen Zuckerbranche gespeist, um damit die Ausstiegsprämien der Zuckerindustrie und der Rübenbauern für die mit der Reform erzwungene Restrukturierung des EU-Zuckersektors um rund ein Drittel zu bestreiten. Laut Karpfinger würden diese Mittel aber selbst bei einer finalen Quotenkürzung nach Ende der Reformzeit bei Weitem nicht ausgenützt werden, weshalb er den Vorwurf der "De-facto-Enteignung" erhebt.

Das zu viel in den Fonds eingezahlte Geld der Zuckerbranche werde dem allgemeinen EU-Haushalt zugeschlagen. "Das heißt, wir Rübenbauern müssen mit unseren Beiträgen die Brüsseler Budgets sanieren." Eine Umwidmung der ungenutzten Mittel aus dem Restrukturierungsfonds für die Rückzahlung der von der EU-Kommission zu viel eingehobenen Produktionsabgaben hätte formal eine Änderung der Verordnung zur EU-Zuckermarktreform und damit eine Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten erfordert. Dies erschien unter dem Diktat der leeren EU-Kassen aber ebenfalls utopisch.

Da der Rat nun keine Entscheidung treffen konnte, wird im Dezember aller Voraussicht nach der Kommissionsvorschlag in Kraft treten, nach dem Rübenbauern und Zuckerherstellern nur EUR 10 Mio. zurückgezahlt werden sollen. Die Zahlungen der Produktionsabgabe teilen sich zu 58% auf die Rübenbauern und zu 42 % auf die Zuckerindustrie auf und werden auf die produzierten Mengen erhoben. Der Europäische Gerichtshof hatte 2008 die falschen Berechnungen der Produktionsabgaben durch die Kommission festgestellt.


Aufteilung des "Restbetrages" in Österreich wäre ein Hohn - Suppe teurer als Fleisch

Die Aufteilung des aus dem Fonds übrig bleibenden Restbetrages von EU-weit EUR 10 Mio. an zu viel bezahlter Produktionsabgabe an die heimischen Rübenbauern wäre ein Hohn und verursache unverhältnismäßigen Aufwand. Zum einen, so Karpfinger, hätten im Zeitraum für die Berechnung der Rückzahlung bis 2005/06 rund 600 Landwirte den Rübenbau aufgegeben und müssten nun nachträglich wieder ausgeforscht werden. Zum anderen bliebe bei gut 9.000 berechtigten Zahlungsempfängern pro Betrieb eine Summe in der Größenordnung von EUR 40,- über. "Das ist eine Verhöhnung der Betroffenen und zudem wäre die Suppe des Verwaltungsaufwandes teurer als das Fleisch", so der Rübenbauern-Präsident. (ots)
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