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22.09.2014 | 13:44 | Wirtschafts-Treffen 

G20-Finanzminister zeigen sich ehrgeizig

Cairns - Fast 1.000 Initiativen haben die Top-Wirtschaftsmächte beim G20-Treffen in Cairns zusammengezählt, um das Wachstum anzukurbeln. Das klingt gewaltig, sollte aber nicht überschätzt werden. Finanzminister Schäuble mahnt: Reformen müssen auch umgesetzt und die Etats saniert werden.

G20-Treffen 2014
(c) ThorstenSchmitt - fotolia.com
Die gute Laune wollte sich Wolfgang Schäuble auf keinen Fall nehmen lassen. Auf dem Hinflug zum Treffen mit seinen G20-Amtskollegen im australischen Cairns feierte der Finanzminister zunächst seinen 72. Geburtstag. Auch während der Beratungen der Ressort- und Notenbankchefs der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) ließ er sich die Stimmung nicht vermiesen.

Weder vom ziemlich aussichtslosen Vorstoß aus Brüssel, für die schwächelnde Wirtschaft den Euro-Rettungsfonds ESM anzuzapfen. Noch von der Aufforderung aus der Europäischen Zentralbank (EZB), Deutschland sollte die Steuern senken. Und auch nicht durch das übliche Fingerhakeln der G20-Partner. Schäuble war nach dem zweitägigen Treffen der Top-Wirtschaftsmächte zufrieden. Seine Standardantwort auf alle Forderungen: «Deutschland liefert.»

Bei aller Zufriedenheit weiß aber auch Schäuble um die wachsenden Risiken - auch wegen der geopolitischen Krisen. In Europa fällt die Erholung nach der Finanz- und Euro-Krise enttäuschend aus. Die USA nehmen nur langsam Fahrt auf, die stabilen Schwellenländer sorgen sich um mögliche Rückschläge. Die Industrieländer-Organisation OECD kürzte erst kürzlich die Prognose für die EU und Deutschland.

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) legte vor dem Cairns-Treffen mit einer Negativ-Meldung nach. Die IWF-Ökonomen in Washington gehen zwar davon aus, dass die Konjunktur weltweit bis Jahresende und 2015 wieder etwas zulegt. Aber eben weniger als im Frühjahr vorausgesagt. Der schon bisher mickrige Aufschwung im Euro-Raum könnte sogar ganz erlahmen, wird befürchtet.

So kommen aus allen möglichen Richtungen Forderungen, die Euro-Länder sollten die Haushaltsregeln flexibel nutzen - je nach Lage in den Ländern. Glaubt man der deutschen G20-Delegation, soll in Cairns ein breiter Konsens bestanden haben, dass der Raum für eine größere Nachfrage- und für die Geldpolitik begrenzter sei. Anders als früher habe Europa diesmal nicht im Fokus gestanden.

Schäuble machte seinen G20-Kollegen in Cairns einmal mehr deutlich, dass er von staatlichen Konjunkturspritzen nichts hält. Fast gebetsmühlenartig mahnt er solide Staatsfinanzen an sowie Reformen, Verlässlichkeit bei Zusagen und mehr private Investitionen. Er warnte vor möglichen Preisblasen auf Aktien- und Immobilienmärkten. Was kurzfristig helfe, berge mittel- und langfristig Risiken.

Auf Ärger und Heiterkeit gleichermaßen dürfte bei Schäuble die Idee aus Brüssel gestoßen sein, die im Rettungsfonds ESM angesammelten Milliarden als Konjunkturspritzen zu nutzen. Dabei geht es vor allem um jene 80 Milliarden Euro, mit denen die Euro-Länder den ESM ausgestattet haben. Der Rettungsschirm samt eingezahltem Barkapital wurde aber gespannt, um die Märkte in der Euro-Krise zu beruhigen. Der ESM ist klar zweckgebunden, die Verträge müssten geändert werden. Was mit Deutschland wohl kaum zu machen wäre.

Weniger amüsiert dürfte Schäuble über den Vorstoß aus der EZB gewesen sein. Deutschland könne Spielräume nutzen, um Investitionen zu fördern und die Steuerlast zu senken, forderte EZB-Direktor Benoit Coeure via Zeitungs-Gastbeitrag Richtung Cairns. Mit im Boot - wenngleich nur mit seiner «persönlichen Meinung»: Der frühere EZB-Direktor und ehemalige Schäuble-Vetraute Jörg Asmussen, der heute Staatssekretär im SPD-geführten Bundesarbeitsministerium ist.

Immerhin: Die G20-Länder haben inzwischen fast 1.000 Initiativen aufgelistet, um zu erreichen, dass die Weltwirtschaft bis 2018 innerhalb von fünf Jahren um zwei Prozentpunkte stärker wächst als prognostiziert. Man sieht sich schon bei 1,8 Punkten. Was die australische G20-Präsidentschaft als Erfolg verbuchen kann.

Es klingt gewaltig, sollte aber nicht überschätzt werden. Schon allein wegen unsicherer Prognosen. Gern wird das Wachstumspotenzial überschätzt. Ganz abgeshen davon, dass Wachstumszahlen nicht verordnet werden können, für einzelne Länder schon gar nicht.

Deutschland glänzt nicht mit zusätzlichen Initiativen für den «Zwei in Fünf»-Aktionsplan, der beim G20-Gipfel im November in Brisbane beschlossen werden soll. Berlin verweist etwa auf sein 5-Milliarden-Paket für Investitionen, mehr Geld für Forschung und Entwicklung, die Energiewende oder Bestrebungen, den Frauenanteil an der Beschäftigung zu erhöhen oder Lebensarbeitszeit flexibler zu gestalten. Das umstrittene Rentenpaket der schwarz-roten Koalition, das aus Expertensicht alles andere als wachstumsfördernd ist, dürfte Schäuble in Cairns nicht erwähnt haben. (dpa)
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