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31.03.2021 | 11:24 | Bilanz 2020 

Genossenschaften erwirtschaften trotz Pandemie 64,2 Milliarden Euro

Berlin - In der Corona-Krise gelingt es den genossenschaftlich orientierten Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft, die Versorgung der Bevölkerung und der Landwirtschaft zu sichern.

Deutscher Raiffeisenverband e.V.
(c) proplanta
Das zeigt sich auch in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, teilt der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) mit. Gemeinsam haben die rund 1.800 vom DRV vertretenen Unternehmen im vergangenen Jahr einen geschätzten Umsatz in Höhe von 64,2 Milliarden Euro erzielt. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren es 64,9 Milliarden Euro.

„Das ist ein besonders erfreuliches Ergebnis in Zeiten, die auch für unsere Genossenschaften mitunter sehr turbulent waren und es zum Teil noch sind. Warenströme haben sich verschoben, aber unsere Unternehmen haben die daraus entstandenen Chancen genutzt“, bilanziert DRV-Hauptgeschäftsführer Dr. Henning Ehlers während der Pressekonferenz in Berlin.

Die umsatzstärkste Sparte im Raiffeisenverband sind die Warengenossenschaften. Sie verzeichnen einen Anstieg um 0,5 Prozent auf nunmehr 37,7 Milliarden Euro. Dies ist das Ergebnis deutlicher Veränderungen innerhalb der einzelnen Segmente.

So hat zum Beispiel der Preissturz beim Rohöl das Geschäft mit Heizöl deutlich belebt. Auch die befristete Mehrwertsteuersenkung zeigte Wirkung: Viele pauschalierende Landwirte deckten sich rechtzeitig vor Jahresfrist mit Düngemitteln und bestimmten Pflanzenschutzmitteln ein und legten einen Vorrat an.

Auch wenn es 2020 vielerorts zu trocken war, verzeichneten die Warengenossenschaften in Summe eine leichte Belebung bei der Erfassung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Getreide und Raps. Ebenfalls ein positives Bild zeigt sich bei der Herstellung von Mischfutter. Die Unternehmen bilanzierten in der ersten Hälfte des Wirtschaftsjahres 2020/21 ein Plus von 196.000 Tonnen. Dies zeigt, dass Mischfutter für eine nachhaltige Tierernährung immer mehr Bedeutung gewinnt.

Besonders Sojaschrot trägt mit seinen vorzüglichen Eigenschaften zur optimalen Versorgung des Viehbestandes bei. Mit dem Einsatz von überwiegend nachhaltig zertifiziertem Sojaschrot übernehmen auch die genossenschaftlichen Unternehmen Verantwortung innerhalb der Lieferkette.

Auch der Milchmarkt war 2020 durch die Corona-Pandemie geprägt: Während die Nachfrage des Lebensmitteleinzelhandels stark anstieg, brach der Absatz im Großverbraucherbereich, Außer-Haus-Verzehr und in Italien kurzfristig massiv ein. Die Unternehmen waren durch diese differenzierten Entwicklungen sehr unterschiedlich betroffen.

Während eine Gruppe von Molkereigenossenschaften zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung einen hohen Milchbedarf hatte, sahen sich andere mit Absatzproblemen und wegbrechenden Umsätzen konfrontiert. Der Milchpreis zeichnete die Entwicklung nach. Im Jahresdurchschnitt lag er für konventionelle Milch mit 4 Prozent Fett bei 32,84 Cent pro Kilogramm, was einem Rückgang um 2,6 Prozent zum Vorjahr entspricht.

Gleich in zweifacher Hinsicht war 2020 ein sehr herausforderndes Jahr für die deutsche Fleischwirtschaft. Zu den durch die Corona-Pandemie erzeugten Turbulenzen kam die Afrikanische Schweinepest hinzu. Der Stau bei den Schlachtschweinen, die geringere Nachfrage nach Schweinefleisch im Inland und wegbrechende Drittlandsmärkte ergaben zusammen eine fatale Mischung. In der Folge sank der Jahresumsatz der genossenschaftlichen Unternehmen im Vieh- und Fleischbereich im Vergleich zu 2019 von 7,2 Milliarden Euro um knapp 11 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro.

Die Unternehmen der genossenschaftlichen Obst-, Gemüse- und Gartenbauwirtschaft erzielten nach ersten DRV-Schätzungen im Jahr 2020 einen Umsatz von gut 3,7 Milliarden Euro. Eine enorme Herausforderung war die Organisation von Anbau und Ernte, weil in Folge pandemiebedingter Einreisebeschränkungen Saisonarbeitskräfte fehlten. Es konnte deshalb weniger Freilandgemüse angebaut werden.

Der Kartoffelmarkt hat durch die Corona-Pandemie besonders stark gelitten. Durch den weggebrochenen Außer-Haus-Verzehr in Restaurants und Kantinen wurde der Markt für Verarbeitungskartoffeln erheblich gestört. Die Nachfrage nach Speisekartoffeln im Einzelhandel zog zwar an, konnte die fehlende Verarbeitungsnachfrage aber nicht ausgleichen.

Die Winzer- und Weingärtnergenossenschaften kamen im Jahr 2020 auf einen geschätzten Jahresumsatz von 815 Millionen Euro, was einem ungefähren Mittelwert der vorausgehenden Jahre entspricht. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren heterogen. Der Lebensmitteleinzelhandel, in dem genossenschaftliche Weine mit hoher Präsenz angeboten werden, verzeichnete einen Zuwachs von 34 Prozent. Durch die Schließung der Gastronomie hingegen erfolgte ein konjunktureller Einbruch, der erhebliche Auswirkungen auf die zuliefernden Winzer- und Weingärtnergenossenschaften hatte.

Die wirtschaftliche Situation der Agrargenossenschaften ist wie in den Vorjahren angespannt. Insbesondere die Turbulenzen im Fleischsektor sind weiterhin deutlich zu spüren. Die Ergebnisse im Ackerbau fielen regional unterschiedlich aus. Zunehmende Einschränkungen, zum Beispiel bei der Düngung und im Pflanzenschutz sowie steigende Anforderungen an das Tierwohl, belasten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zusätzlich.

Planungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums, die Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU zukünftig ab einer bestimmten Höhe zu kürzen, sorgen bei den Agrargenossenschaften daher für weitere Sorgen. Der Umsatz für diese Gruppe wird aktuell mit 1,4 Milliarden Euro angegeben. Der geschätzte durchschnittliche Umsatz pro Agrargenossenschaft blieb auf Vorjahresniveau.
DRV
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