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21.09.2010 | 14:43 | Getreidemarkt 

Getreidepreis steigt weiter: Nun pushen reduzierte Maisaussichten mit

Wien - Die Getreidepreise ein Österreich wie auch am Weltmarkt steigen weiter. Der österreichische Kassamarkt profitiert dabei von einer im Gegensatz zu seinen Nachbarländern sehr guten Weizenqualität.

Getreidesäcke
(c) proplanta
Dadurch werden heimische Aufmischweizen zum gefragten Produkt nicht nur am Stammmarkt Italien, sondern auch in Deutschland bis hin in den Benelux-Raum.

Indes mehren sich auf der nördlichen Halbkugel die Meldungen, dass auch die einsetzende Maisernte nicht die in sie gesetzten Ertragshoffnungen erfüllen kann und setzten die Maisnotierungen von den USA ausgehend zu einer Rallye an. Die knappe Weizenernte und hohe Preise ließen viele Tiermäster von Weizen auf Mais in ihren Futtermittelmischungen ausweichen, das nunmehr auch geringere Maisangebot heizt die Konkurrenz zwischen Weizen und Mais in den Futtermittelrezepturen zusätzlich an und pusht nun auch die Weizenpreise zusätzlich in die Höhe.

Die Weizenpreise am österreichischen Markt stiegen letzte Woche bei anhaltender Nachfrage nach Aufmischweizen aus den Nachbarländern weiter an. Auch einfachere Mahlweizenqualitäten wurden wieder in kleinerem Umfang von inländischen Mühlen geordert, sodass die Wiener Produktenbörse am vorigen Mittwoch nicht nur Premium- und Qualitätsweizen mit EUR 247,50 beziehungsweise EUR 240,- pro t neuerlich höher bewertete, sondern nach der Pause einer nominellen Notierung auch den Mahlweizen wieder notierte - und zwar mit einem deutlichen Preissprung von 10,50 Euro pro t auf EUR 228,- pro t nach oben. 

Die Freude der Landwirte über die Erzeugerpreise bleibt aber nicht ungeteilt, denn fast zufällig gleichzeitig steigen die Preise für Stickstoffdünger deutlich an und ist es schwer, Ware am Markt zu bekommen. In Deutschland wie in Österreich heißt es, die Erzeuger könnten Düngemittel zurückhalten. 

Österreich punktet in Mitteleuropa mit guter Weizenqualität - Warenströme änderten sich 

Laut AMA sollen von der geschätzten Weizen-Marktleistung aus der heimischen Ernte 2010 von 1,1 Mio. t 25% Premiumqualität erreichen, 35% im Segment Qualitätsweizen liegen und die restlichen 40% Mahl- und Futterweizenqualität, wobei die Futterware nur einen verschwindenden Anteil ausmache. In Deutschland fielen dagegen laut Händlern 50% der Weizenernte lediglich in Futterqualität an, während in Normaljahren nur 20% für den Futtertrog und 80% als Brotweizen geeignet sind. Laut der Wiener Versuchsanstalt für Getreidewirtschaft (VFG) erzielte die heimische Weizenernte im Mittel die gewohnt hervorragenden Qualitätsparameter wie 14% Proteingehalt, 361 sec. Fallzahl und 80,7 kg Hektolitergewicht. In Deutschland sollen dagegen 50% des Weizens weniger als 220 sec. Fallzahl - das Kriterium für die Backfähigkeit - erreicht haben. 

Deutsche Mühlen sollen 2010/11 bis zu 60% ihres Brotweizenbedarfs außer Landes decken müssen. Exportiert die Bundesrepublik normalerweise große Mengen von Brot- und auch Aufmischweizen, importiert sie diese Qualitäten heuer in großem Maße - zuletzt sogar aus den USA - und exportiert anstatt dessen Futterweizen. Von dieser Änderung der Warenströme profitieren neben den US-Anbietern hochwertiger Aufmischweizen auch die österreichischen - sowohl in Italien, wo der deutsche Mitbewerb ausfällt, als auch in Deutschland selber - sowie als Lieferanten von einfachen Brotweizenqualitäten in Richtung Bundesrepublik französische Produzenten. 

Getreide aus der EU und insbesondere Frankreich ist nach dem Ausfall von anderen Großexporteuren wie Russland und Ukraine aber auch auf dem Weltmarkt gefragt. Vor allem von Geschäften französischer Händler berichtete die EU-Kommission am Donnerstag im Verwaltungsausschuss in Brüssel. Algerien soll sich in Frankreich mit 600.000 t Mahlweizen zu USD 325,- (EUR 248,85) pro t cif zur Lieferung im November und Dezember eingedeckt haben. Ägypten hat nach Auskunft der Kommission 295.000 t Weichweizen gekauft, von denen französische Händler 180.000 t zu USD 305,54 (EUR 233,95) pro t fob liefern sollen. An Tunesien verkauften französische Exporteure 50.000 t Mahlweizen zu 328,87 (EUR 251,82) pro t cif. Marokko schätzt seinen Einfuhrbedarf an Mahlweizen in dieser Saison auf 1,2 Mio. t. Jordanien habe eine Ausschreibung für den Kauf von 100.000 t Futtergerste eröffnet, die noch bis zum 23.09. laufe, informierte die Kommission. Futtergerste notierte am vorigen Donnertag bei USD 245,63 (EUR 188,78) pro t fob Schwarzmeer. 


Russland und Ukraine verunsichern Weltmarkt weiterhin 

Zuletzt sorgten Russland und die Ukraine für neue Verwirrung am Weltmarkt. Russische Regierungsvertreter widersprachen einander, wie lange der Exportstopp dauern werde, wobei sich immer mehr bis zur kommenden Ernte 2011 abzeichnet. Weiters schätzt die Regierung die vorhandenen Getreidereserven deutlich höher ein als die Branche selbst. Zur besseren Versorgung der von der Dürre betroffenen Regionen führte Russland Sondertarife für den Getreidetransport mit einer Erhöhung der Ermäßigung vom Regeltarif für Transporte über 1.100 km aus Sibirien von 50% auf 70% ein. Außerdem gibt es erstmals eine 50%ige Tarifsenkung bei Lieferungen aus dem am Schwarzen Meer liegenden Süd- und Nordkaukasus zu den mehr als 300 km entfernten Eisenbahnstationen in den nördlicheren europäischen Teil Russlands. Laut Regierungsverordnung sollen die Sondertarife bis Ende 2010 in Kraft bleiben. Gemäß dem nationalen Consulting- und Forschungszentrum für Agrarökonomie, Sovecon, sollen die Vergünstigungen die Wettbewerbsfähigkeit von Getreide aus den vom Ausfuhrverbot betroffenen exportorientierten südlichen Föderationsbezirken verbessern.

 
Ukraine revidiert Getreide- und Maisernte nach unten - Behinderung von Exporten 

In der Ukraine, die noch kein offizielles Exportverbot ausgesprochen hat, wiederum behindern die Zollbehörden offensichtlich die Abfertigung von Schiffen mit Exportgetreide. Die Ukraine schraubte dieser Tage ihre Getreideernteschätzung nunmehr auf 38,6 Mio. t hinunter, während ursprünglich mit 46 Mio. t und im August noch mit 40 Mio. t gerechnet worden war. Auch die Schätzung des Exportpotenzials wurde um 1,9 Mio. t gegenüber dem Vormonat auf 12,7 Mio. t gesenkt, so die Agrarmarktabteilung des Kiewer Landwirtschaftsministeriums. Laut Medienberichten beruht die Korrektur der Ernte- und Exportschätzung auf einer niedrigeren Prognose für die Erzeugung von Körnermais. Der Maispreis am ukrainischen Markt habe sich mit fast USD 200,- (EUR 153,14)  je t dem von Brotweizen angeglichen. Laut Agrarressort wolle die ukrainische Regierung an die Handelsgesellschaften appellieren, die Ausfuhren von Körnermais einzuschränken. Darauf hätten die Exporteure mit einer abrupten Unterbrechung dessen Ankäufe reagiert. Nach den Einschränkungen der Weizenausfuhren, die zwar nicht verboten, aber deutlich erschwert seien, gebe es bei den Händlern keine Illusionen hinsichtlich der Möglichkeiten Kiews, den Exportmarkt administrativ zu regulieren. Wie APK-Inform berichtete, hätten die ukrainischen Behörden mehrere mit Weizen beladene Schiffe in den Häfen unter Vorwand angeblich falscher Angaben über die Qualität des Exportguts blockiert. Landwirtschaftsminister Nikolai Prisjashnjuk erklärte nach der Bekanntgabe der neuen Ernteprognose, die Ukraine könne monatlich 1 Mio. t Getreide ausführen, kündigte aber strenge Kontrollen an, deren Folge Kontingentierung oder sogar Verbot der Exporte einzelner Getreidesorten sein könnten. 


Mais-Rallye pusht Weizenpreis 

Die heimischen Kassamarktpreise für Aufmischqualitäten von Weizen blieben vorige Woche weiterhin spürbar über dem europäischen Weizenfutures an der Pariser Euronext, und Mahlweizen erreichte fast dessen Niveau. Nach einer Verschnaufpause legte aber auch der Euronext-Weizenfutures mittlerweile zu Ende der vorigen und Beginn dieser Woche wieder zu. So werden jetzt die Weizenkurse vom Maismarkt gestützt, wo von den USA und Kanada  bis über Europa nun auch die Ernteschätzungen schrumpfen. Damit kommt der Rückenwind für den Weizen jetzt vom Futtergetreide-, speziell vom Maismarkt. Am Weizenmarkt sorgen aber auch noch einige Unwägbarkeiten für Nervosität: So zum Beispiel hält die Trockenheit in Russland an und behindert den Herbstanbau, in Kanada beeinträchtigen Regen und Frühfröste die Ernte und auf der Südhalbkugel bedroht das Klimaphänomen La Nina die Bestandsentwicklung in Südamerika. 


EU kündigte Interventionsausschreibung an - kaum Preisdämpfung erwartet 
 
Wenig Potenzial für eine Entspannung bei den Futtergetreidepreisen sehen Händler auch von der Ankündigung der Europäischen Kommission, Getreidestände aus der Intervention Ende November oder Anfang Dezember für den europäischen Binnenmarkt ausschreiben zu wollen. In der Intervention sind rund 5,5 Mio. t Getreide, vor allem Gerste. Von dieser Menge seien allerdings 2,4 Mio. t in Programmen für die Bedürftigenhilfe gebunden, berichtete die Kommission vorigen Donnerstag in Brüssel beim Verwaltungsausschuss. Für eine Binnenmarktausschreibung stünden also höchsten 3 Mio. t Getreide zur Verfügung. Die hätten wahrscheinlich wenig Einfluss auf die anziehenden Getreidepreise, erklärte die Kommission. Italien hatte im Verwaltungsausschuss die Knappheit an Futtermitteln angesprochen. Für die Mitgliedstaaten kam die Ankündigung der Kommission überraschend, zeigte sie sich doch bisher zurückhaltend mit einer Interventionsausschreibung. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos hatte allerdings schon zu Beginn der Vorwoche auf der Space-Messe im französischen Rennes eine baldige Öffnung der Getreideintervention angedeutet. 

 
Wettbewerb um Rohstoff Mais auch in Österreich - Rufe nach Vertragsproduktion 

Derweil begann die heimische Nassmaiskampagne, wobei die beiden großen heimischen Verarbeiter um den Rohstoff rittern und zum Teil Produzentenpreise bis zu EUR 137,- pro t netto bieten. Beobachter sehen angesichts dieser Nervosität und Preisausschläge - so erfreulich sie zurzeit für die Bauern seien - die Sinnhaftigkeit einer Kontraktproduktion, die den Landwirten nachhaltige Deckungsbeiträge ermöglicht, bestätigt. Denn, so ein Händler, "in den vergangenen Jahren kam es durch Wetterextreme immer wieder zu Ausreißern der Erntemengen und Panik am Markt". Unterversorgte Märkte ließen die Preise explodieren, worauf die Produzenten mit einer Ausweitung der Produktion reagiert hätten. Wachsendes Angebot hätte dann die Preise wieder abstürzen lassen. Die extremen Preisausschläge würden aber letztlich niemandem helfen, weshalb es vernünftig sei, mit Instrumenten wie Vorverträgen mit Mindestpreisen, Preisableitungen von Warenterminbörsen oder einer Poolvermarktung für mehr Kontinenz zu sorgen. 


Neue Vorvertragsmodelle für Braugerste 

Nach einem Kontraktangebot der Forma Crop Control legten jetzt auch die Lagerhäuser Braugerstenverträge für die Ernte 2011 auf. Beide Verträge sind mit einer interessanten Mischung aus Fixpreisen und einer Preisableitung vom Weizen an der Pariser Euronext ausgestattet. 

Crop Control bietet für seine Winterbraugerste 50% Fixpreisanteil von EUR 175,- pro t netto plus 50% Preisanteil als Durchschnitt der Notierungen für Mahlweizen an der Euronext in Paris vom September bis November 2011 netto bis 5,5 t pro ha. 

Bei den Lagerhäusern wird für 2 t Winterbraugerste pro ha ein Fixpreis von EUR 180,- pro t geboten und für darüber hinausgehende Mengen bis zu 5,5 t pro ha der Euronext-Weizenkurs zur Lieferung im November 2011. Was über die 5,5 t pro ha hinausgeht, wird im Pool vermarktet. 

Für Sommerbraugerste wird der Erzeugerpreis bis zu 4,5 t pro ha Euronext-Weizenkurs für November 2011 zuzüglich eines Aufschlags von EUR 15,- pro t berechnet, darüber hinausgehende Menge wird wiederum im Pool vermarktet. 

Kann ein Landwirt mehr als 50 t kontrahieren, besteht für ihn die Möglichkeit, tagesaktuell den von der Euronext abgeleiteten Preis zu fixieren. Bei Mengen unter 50 t wird der Erzeugerpreis als Durchschnitt der Euronext-Tagesschlusskurse vom 01.09. bis 15.10. ermittelt. Die aktuellen Notierungen (Schlusskurs vom Freitag, 17.09.2010) für den November-Weizen 2010 an der Euronext liegen bei EUR 233,75 pro t und für den Liefertermin November 2011 bei EUR 193,- pro t. 

Die Möglichkeit für Abschluss der Lagerhaus-Verträge besteht bis Ende November 2010. (BMLFUW/AIZ)
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